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Der Rosenmord

Der Rosenmord

Titel: Der Rosenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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abgeben würde. Seine Fähigkeiten beschränkten sich darauf, das Geld auszugeben, das sein Vater verdient hatte. Er hatte dieses Talent so weit entwickelt, daß der alte Mann dem Vernehmen nach diesem Talent einen Riegel vorgeschoben hatte, indem er sich weigerte, weiterhin die Schulden seines Sohnes und Erben zu bezahlen, und ihm nicht mehr erlaubte, sein Geld mit Würfelspiel, Mädchen und einem ausschweifenden Lebenswandel zu verprassen. William hatte ihm oft genug unter die Arme gegriffen, aber jetzt, ohne diesen Rückhalt, war Vivian kaum noch kreditwürdig. Und falsche Freunde lassen einen Gönner rasch im Stich, wenn dieser kein Geld mehr auszugeben hat.
    Doch Vivians Hahnenkamm stand aufrecht wie eh und je, als er mit seinem beachtlichen Charme und seiner Eleganz kam, um die verstörte Witwe zu trösten. Er war ein ansehnlicher junger Mann, groß und athletisch mit weizengelbem Kraushaar und lebhaften braunen Augen, in denen das Sonnenlicht golden funkelte. Er war elegant herausgeputzt und wußte genau, welch angenehmen Eindruck er bei den meisten Frauen machte. Und wenn er auch noch keinen Erfolg bei der Witwe Perle gehabt hatte, so war ihm doch noch niemand zuvorgekommen. Er hatte noch Hoffnung.
    Im Augenblick war er klug genug, nur vorsichtig sein Mitgefühl und seine Sorge zum Ausdruck zu bringen und sich ein allzu tiefes Nachbohren zu verkneifen. Er war erfahren darin, auf dünnem Eis zu wandeln, und schien sogar klug genug, um sich selbst als eher oberflächlichen und nicht zu tiefen Mann zu sehen. Doch war er vorwitzig genug, um in der Hoffnung, ein Lächeln zu erwecken, etwas zu scherzen und zu necken.
    »Wenn Ihr Euch jetzt einschließt und für Euch allein um jemanden, den Ihr kaum kanntet, in Sorgen vergeht, dann wird Euch Eure Tante noch melancholischer machen. Sie hat Euch ohnehin schon halb den Nonnenschleier aufgeschwatzt. Und das«, sagte Vivian flehend, »das dürft Ihr einfach nicht tun.«
    »Viele andere haben es getan«, erwiderte sie. »und die hatten auch keinen besseren Grund als ich. Warum sollte ich es nicht tun?«
    »Weil«, sagte er mit funkelnden Augen, indem er sich näher zu ihr neigte, damit Agatha seine Stimme nicht hören konnte, falls sie just in diesem Augenblick unter irgendeinem Vorwand wieder hereinkäme, »weil Ihr jung und schön seid und kaum wünschen könnt, Euch in einem Kloster selbst zu begraben.
    Und weil ich Euer ergebener Anbeter bin, wie Ihr wohl wißt, wird es mein Tod sein, wenn Ihr aus meinem Leben verschwindet.«
    Sie nahm die Worte als gutgemeintes, aber taktloses Kompliment und war sogar etwas gerührt, als sie sah, wie er plötzlich den Atem anhielt und mit erschrockenem Blick erkannte, was er gesagt hatte und wie seine Worte gerade an diesem Tag auf sie wirken mußten. Er nahm ihre Hand und fuhr honigsüß und wortreich fort, um sein Entsetzen zu überspielen.
    »Oh, vergebt mir, bitte vergebt mir! Ich bin ein Dummkopf, ich wollte doch nicht … keine Schuld, kein Vorwurf kann Euch treffen. Nehmt mich doch in Euer Leben hinein, dann werde ich Euch überzeugen. Heiratet mich, und ich will alle Zweifel und Unsicherheiten von Euch nehmen …«
    Später fragte sie sich, ob es nur Berechnung war, denn er war ein kluger und gewitzter junger Mann, doch sie war entwaffnet, zweifelte an sich selbst und konnte sich nicht überwinden, einem anderen Täuschungsabsichten oder Egoismus zu unterstellen. Vivian hatte ihr oft genug seine Absichten klargemacht, ohne einen Eindruck zu hinterlassen.
    Sie sah in ihm einen Jungen, der höchstens ein Jahr älter war als Bruder Eluric und trotz seiner Schmeicheleien und seines gewandten Auftretens womöglich ganz ähnliche Qualen litt wie Bruder Eluric. Sie hatte kläglich dabei versagt, dem einen ihre Hilfe zuteil werden zu lassen und hatte einen guten Grund, wenigstens mit dem anderen rücksichtsvoll umzugehen. Also nahm sie sein Verhalten hin, gab entschlossene, aber sanfte Antworten und war geduldiger, als sie es zu einer anderen Zeit gewesen wäre.
    »Es ist dumm, so daherzureden, wir kennen uns seit unserer Kindheit. Ich bin älter als Ihr, verwitwet und keinesfalls die Richtige für Euch. Außerdem habe ich nicht die Absicht, noch einmal zu heiraten. Das müßt Ihr als gegeben hinnehmen.
    Verschwendet Eure Zeit nicht auf mich.«
    »Ihr macht Euch jetzt Sorgen«, erwiderte er energisch, »weil dieser Mönch gestorben ist, was, weiß Gott, nicht Eure Schuld war. Aber das wird nicht immer so bleiben. In einem Monat

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