Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rosenmord

Der Rosenmord

Titel: Der Rosenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
energisch, hütete sich Alan Herbard, Hughs junger Stellvertreter, sich allein mit einem Mord zu befassen. Sobald er davon erfuhr, schickte er einen Boten auf den Weg. Am Mittag des nächsten Tages, es war der achtzehnte Juni, würde Hugh gewiß in Shrewsbury zurück sein.
    Nicht in seinem eigenen Haus, wo während der Abwesenheit der Familie nur ein älterer Diener wachte, sondern auf der Burg, wo ihm Garnison, Offiziere und alles andere zur Verfügung stand.
    In der Zwischenzeit ging Cadfael mit seinem wächsernen Fußabdruck und dem Segen des Abtes in die Stadt, um ihn Geoffrey Corviser, dem Stadtvorsteher, und seinem Sohn Philip zu zeigen. Die beiden waren die besten Schuhmacher und Flickschuster der Stadt. »Früher oder später kommt jeder Stiefel einmal zum Flickschuster«, erklärte Cadfael, »wenn es auch noch ein Jahr oder länger dauern kann. Jedenfalls kann es nicht schaden, wenn Ihr dieses Beweisstück hierbehaltet und alle Schuhe, die Ihr repariert, genau anseht.«
    Philip drehte vorsichtig das Wachs in den Händen herum und nickte, als er die Merkmale des Abdrucks sah. »Ich kenne diesen Fuß nicht, aber ich werde mich gewiß erinnern, wenn ein solcher Stiefel je hier auftaucht. Ich werde den Abdruck auch dem Flickschuster jenseits der Brücke in Frankwell zeigen. Wenn wir beide im Bilde sind, werden wir den Mörder schließlich erwischen. Allerdings flicken viele Leute ihr Schuhwerk selbst«, sagte der gute Handwerker, gekränkt in seiner Berufsehre.
    Eine schwache Spur, räumte Cadfael vor sich selbst auf dem Rückweg über die Brücke ein, aber eine, die man nicht vernachlässigen durfte. Welche Spuren hatten sie sonst? Kaum etwas außer der unausweichlichen und unbeantwortbaren Frage: Wer hatte ein Interesse gehabt, den Rosenstrauch zu zerstören? Und aus welchem nachvollziehbaren Grund? Eine Frage, die schon mehrmals ohne Ergebnis formuliert worden war und die, wenn Hugh erst eingetroffen war, noch mehrmals durchgekaut werden würde.
    Statt am Torhaus ins Kloster zu treten, ging Cadfael weiter und durchquerte auf der staubigen Hauptstraße die ganze Vorstadt. Er kam an der Bäckerei und der Schmiede vorbei, tauschte im Gehen an Türschwellen und über Hecken hinweg Grüße aus und bog schließlich am Ende in Nialls Hof ein. Er wollte durch die Pforte in den Garten treten, doch sie war von innen verriegelt. So wandte Cadfael sich zum Geschäft, wo Niall mit einem kleinen Keramiktiegel und einer winzigen Schmelzform für eine Brosche beschäftigt war.
    »Ich bin gekommen, um zu sehen, ob noch weitere nächtliche Besucher hier waren«, sagte Cadfael, »aber Ihr habt ja die Türe verriegelt. Eine Schande, daß man keine Mauer so hoch bauen kann, daß mit Sicherheit niemand mehr hineinkommt. Aber es hilft auch schon, wenigstens ein Loch zu stopfen. Wie macht sich der Strauch? W ird er überleben?«
    »Kommt mit und seht selbst. Eine Seite könnte absterben, aber das sind nur zwei oder drei Äste. Der Baum wird schief bleiben, aber wenn er ordentlich gestutzt wird, dürfte sich in einem Jahr alles wieder ausgewachsen haben.«
    Im sonnenbeschienenen Garten breitete der Rosenstrauch die Arme gegen die Nordmauer aus. Die geschwächten Äste waren mit Bändern am Stein befestigt. Niall hatte ein Stück, kräftiges Leinentuch um den Spalt gewickelt, um das gespaltene Holz zusammenzupressen. Der Riß war von einer dicken Schicht aus Wachs und Fett bedeckt.
    »Ihr wart sehr liebevoll«, lobte Cadfael erfreut, unterließ jedoch klugerweise eine genauere Bestimmung, ob er Strauch oder Frau gemeint hatte. Die Blätter des halb abgetrennten Teils waren welk, ein paar waren schon herabgefallen, aber der größte Teil des Strauches stand grün und strahlend und war voller halbgeöffneter Knospen.
    »Ihr habt Euch wirklich Mühe gegeben. Wenn Ihr je die Bronze und die Welt leid seid, könnte ich Euch im Klostergarten gut gebrauchen.«
    Der stille, bescheidene Mann gab auf dieses Lob keine Antwort. Was er für die Frau oder die Rosen empfand, war seine Sache und ging niemand sonst etwas an. Cadfael respektierte dies, und nach einem Blick in die großen, weit auseinanderstehenden, aufrichtigen und doch zurückhaltenden Augen empfahl er sich und machte sich auf den Rückweg, um sich seinen eigenen Pflichten zu widmen. Er hatte das Gefühl, sich einen Vorwurf eingehandelt zu haben, während er sich zugleich eigenartig beschwingt fühlte. Wenigstens ein Mann ging in diesem traurigen Durcheinander ordentlich seinen

Weitere Kostenlose Bücher