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Der Rosenmord

Der Rosenmord

Titel: Der Rosenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Euch würde ich jetzt tot im Wald liegen. Er wollte mich töten!«
    »Ich weiß genau«, erwiderte Niall ernst, »daß Ihr uns aus freien Stücken gewiß nicht so verzweifelt und verängstigt zurückgelassen hättet. Und wenn Ihr jetzt den Mann schont, der Euch in diese Lage brachte, dann tut Ihr es in bester Absicht und aus der Güte Eures Herzens. Was sonst müßte ich wissen?«
    »Ich will die Angelegenheit am liebsten sofort begraben«, sagte sie traurig. »Was gäbe es zu gewinnen, wenn ich ihn anzeigte? Aber es gibt viel zu verlieren. Er ist kein großer Schurke, nur von sich eingenommen, eitel und dumm. Er hat mir nichts angetan, es ist nichts Böses geschehen. Besser, es wird so schnell wie möglich vergessen. Habt Ihr ihn nicht erkannt?« fragte sie und sah ihn mit ihren scharfen, grauen Augen an, die vor Müdigkeit etwas gerötet waren.
    »Es war Euer Entführer, der mit Euch ritt? Nein, ich könnte nicht sagen, wer er war. Und wenn ich es könnte, würde ich dennoch Eurem Wunsch entsprechen. Vorausgesetzt, es war nicht der Entführer«, fügte Niall scharf hinzu, »der zu Fuß zurückkam, um Euch endgültig zum Schweigen zu bringen.
    Allerdings, er wollte Euch töten!«
    »Nein, nein, das war er nicht. Er war fort, Ihr habt ihn fortreiten gehört. Außerdem würde er so etwas nicht tun. Wir waren uns einig, er wußte, daß ich mein Wort halten würde.
    Nein, dieser andere war ein Schurke, der von dem lebt, was er auf der Straße rauben kann. Wir müssen Hugh Beringar warnen, sobald wir zurück sind. Diese Gegend ist sehr einsam, und er muß es erfahren, wenn es hier herrenlose Männer gibt.«
    Ihr Haar fiel lose wie ein Tuch auf ihre Schultern. Sie war müde und erschöpft, ihre Augenlider bleischwer. Im Kerzenlicht und bleich wie sie war, schien sie wie aus Perlmutt geschnitzt.
    Er sah sie an, und sein Herz tat einen Sprung.
    »Wie kam es nur«, fragte sie verwundert, »daß Ihr zur Stelle wart, als ich Euch so dringend brauchte? Ich mußte nur einmal rufen, und Ihr wart da. Es war die Gnade Gottes, ein auf der Stelle erfülltes Bittgebet.«
    »Ich war auf dem Heimweg von Pulley«, erwiderte Niall, einen Augenblick erschüttert und gelähmt durch ihre Nähe und ihre zärtlichen Worte. »Ich sah Euch vorbeireiten – nein, ich sah Euch nicht, ich spürte es in meinem Blut. Ich wollte Euch nicht belästigen, ich wollte Euch nur sicher an dem Ort eintreffen sehen, den Ihr erreichen wolltet.«
    »Dann habt Ihr mich erkannt?« wunderte sie sich.
    »Ja, ja, ich habe Euch erkannt.«
    »Aber den Mann nicht?«
    »Nein, den Mann nicht.«
    »Ich glaube«, sagte sie, plötzlich wieder energisch und entschlossen, »Ihr habt es verdient, alles zu erfahren. Euch und Schwester Magdalena will ich alles erzählen auch das, was die Welt nicht wissen darf, was ich für mich zu behalten versprochen habe.«
    »So seht Ihr«, erklärte sie energisch, zum Ende ihrer Geschichte kommend, die nur wenige Minuten gedauert hatte, »wie schamlos ich Euch nun ausnutze, Schwester, indem ich herkomme. Ich war verloren und wurde drei Tage lang überall gesucht. Morgen muß ich zurück und all jenen entgegentreten, die sich meinetwegen so große Sorgen gemacht und so viel Mühe gegeben haben. Ich will ihnen sagen, daß ich hier bei Euch Zuflucht suchte, weil mir meine Sorgen zu schwer wurden. Daß ich, ohne ein Wort verlauten zu lassen, in Eure Klause ging, die Ihr mir als Schutz vor der Welt angeboten habt.
    Nun, ganz gelogen ist es nicht, denn ich bin hier, wenn auch nur für eine halbe Nacht. Dennoch bin ich beschämt, Euch so zu benutzen. Trotzdem, morgen muß ich zurück.« Morgen, das war schon heute, erinnerte sie sich, vor Müdigkeit und Erleichterung benommen. »Ich darf sie nicht länger in Zweifeln und Sorgen lassen, da ich jetzt frei bin und zurückkehren kann.
    Weiß Gott, ich würde gern bleiben!«
    »Macht Euch deshalb keine Vorwürfe«, erwiderte Schwester Magdalena gelassen. »Wenn Ihr dadurch Euch selbst und diesen Narren schont, dem Ihr vergeben habt, und wenn außerdem die Klatschmäuler gestopft werden, dann soll es mir recht sein. Euer Bedürfnis nach Stille und Rat könnt Ihr als Erklärung vorbringen, ohne zu erröten, denn es ist nicht gelogen. Außerdem dürft Ihr jederzeit zurückkommen, wann immer Ihr es wünscht. Ihr habt natürlich recht, es ist an der Zeit, Eure Nächsten zu beruhigen und die Suche nach Euch abzublasen. Später, wenn Ihr geruht habt, könnt Ihr zurückkehren und ihnen entgegentreten und sagen,

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