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Der Rosenmord

Der Rosenmord

Titel: Der Rosenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Er spürte eher die Bewegung auf dem Pfad zu seiner Rechten, als daß er etwas sah. Er wartete, bis die bleichen Umrisse wieder vor ihm waren. Mit größerer Vorsicht machte er sich dann wieder geduldig an die Verfolgung.
    Er hatte keine Vorstellung, wie lange diese nächtliche Wanderung durch den Wald dauerte. Etwa eine Stunde, schätzte er, und wenn die Reiter aus der Stadt gekommen waren, dann mußten sie noch eine Stunde früher aufgebrochen sein. Wohin sie wollten, konnte er sich nicht denken. In diesem Teil des Waldes gab es nichts, abgesehen höchstens von einer einsamen, erst vor kurzem gebauten Hütte. Sie mußten jetzt in der Nähe der Quelle des Meole-Bachs sein und ritten stromaufwärts. Aus dem höheren Gelände zur Linken kamen zwei oder drei kleine Nebenbäche, die quer über den Weg liefen. Sie stellten kein Hindernis dar, man konnte sie trockenen Fußes überschreiten. Die kleinen Schlangen aus Wasser zischten leise und schläfrig zwischen den Steinen. Drei Meilen waren sie gegangen, schätzte Niall, seit er die Verfolgung aufgenommen hatte.
    Irgendwo nicht weit entfernt zur Rechten raschelte es im Wald und wurde wieder still. Der regelmäßige Schritt des Pferde brach ab, Hufe scharrten, dann klapperten sie auf härterem Boden, wo Gestein dicht unter der Erde lag, dann kam wieder weiche Erde, und schließlich hielten sie inne. Niall schlich näher heran, tastete sich von Baum zu Baum und zog vorsichtig und leise die hinderlichen Äste beiseite. Hier schien es eine Spur heller zu sein. Anscheinend näherte er sich einer Lichtung, die vom bewölkten Himmel ein wenig erhellt wurde.
    Dann sah er durch das Blattwerk einen bleichen Fleck: Das Pferd, das gezügelt worden war. Und jetzt hörte er auch eine Männerstimme, die zischend flüsterte. Niall konnte die Worte deutlich verstehen.
    »Ich bringe Euch lieber bis zum Tor.«
    Der Reiter war schon aus dem Sattel. Niall konnte auf der Lichtung eine Bewegung erkennen. Ein Schatten bewegte sich vor dem hellen Pferd wie eine Wolke vor dem Mond.
    »Nein«, erwiderte Judith kalt und klar. »Das war nicht abgemacht. Ich wünsche es nicht.«
    Das Tänzeln des Pferdes und einige raschelnde Bewegungen verrieten Niall, daß der Mann sie aus dem Sattel hob, während er leise und zaghaft protestierte: »Ich kann Euch doch nicht allein gehen lassen.«
    »Es ist nicht weit«, erwiderte sie, »und ich habe keine Angst.«
    Er nahm ihre Weigerung hin. Abermals bewegte sich das Pferd, und das Zaumzeug klingelte. Der Reiter stieg wieder auf.
    Während er sein Pferd wendete, sagte er noch etwas, daß Niall nicht verstand. Er ritt nicht auf dem gleichen Weg zurück, sondern wandte sich auf einem anderen Weg nach links bergauf, um durch das rauhe Hochland den kürzesten Weg zur Straße zu suchen. Anscheinend ging es ihm jetzt eher um Geschwindigkeit als um Verstohlenheit. Nach einigen hastigen Schritten zügelte er sein Pferd, um nochmals anzubieten, was sie abgelehnt hatte, obwohl er wußte, daß sie abermals nein sagen würde.
    »Es gefällt mir nicht, Euch allein zu lassen …«
    »Ich finde den Weg jetzt«, erwiderte sie einfach. »Kehrt nach Hause zurück, bevor es hell wird.«
    Darauf wandte er sich endgültig ab und ritt einen ebenen Hang hinauf, auf dem er rasch vorankam. Bald begann das Pferd sogar leicht zu traben. Anscheinend wollte der Mann jetzt so schnell wie möglich heim. Judith blieb eine Weile stehen, wo er sie abgesetzt hatte. Am Waldrand war sie kaum zu sehen, doch Niall würde es bemerken, wenn sie sich rührte. Er schlich noch etwas näher heran, bereit, ihr zu folgen, sobald sie sich bewegte. Sie kannte den Weg, es war nicht weit, sie hatte keine Angst. Doch er wollte sie heimlich bewachen, bis sie ihre Zuflucht erreicht hatte, wo immer sie war.
    Sie wartete, bis die letzten Geräusche des Reiters verklungen waren. Niall hörte, daß sie sich nach rechts wandte, aus dem Zwielicht des offenen Fleckens heraus in den dichten, dunklen Wald. Ein Zweig knackte unter ihrem Fuß. Er überquerte den Weg und folgte ihr. Über einen schmalen Pfad ging es bergab zu einem etwas größeren Nebenfluß des Meole-Baches; unten flüsterte leise das Wasser.
    Er war kaum zwanzig Schritte vorangekommen, sie war etwa zwanzig Schritte vor ihm, als rechts, im dichten Unterholz, plötzlich die Büsche heftig raschelten. Dann schrie Judith auf, es war ein kurzer, wilder Schrei voller Furcht und Schrecken.
    Unter dem Eindruck, daß vor ihm in der Dunkelheit ein fast lautloser, aber

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