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Der Rosenmord

Der Rosenmord

Titel: Der Rosenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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können.«
    Es gab ein kurzes, tiefes Schweigen. Die Brüder, hinter dem Abt zwangsläufig zum Halten gekommen, bogen und verrenkten die Hälse, um jene Frau zu begaffen, die als Entführte gesucht worden war. Man hatte ja sogar schon von einem Skandal getuschelt. Jetzt aber war sie unversehrt und unschuldig in Begleitung der Unterpriorin einer Benediktinerklause zurückgekehrt, erstickte jeden Kommentar und jede Spekulation im Keim und stellte sich mit unerschütterlicher Fassung und Würde der Welt. Selbst Prior Robert vergaß sich und gaffte, statt die Brüder mit herrischen Gesten durch den Kreuzgang an die Arbeit zu scheuchen.
    »Sollen wir Eure Tiere versorgen, während Ihr Euch ausruht und eine Erfrischung zu Euch nehmt?« bot der Abt an. »Ich will unterdessen einen Diener zur Burg schicken und den Sheriff unterrichten, daß Ihr gesund und munter bei uns eingetroffen seid. Denn Ihr müßt so bald wie möglich mit ihm sprechen und ihm Eure Abwesenheit erklären, wie Ihr sie mir erklärt habt.«
    »Das würde ich gern tun, Ehrwürdiger Vater«, erwiderte Judith, »aber ich muß nach Hause. Meine Tante, mein Vetter und alle meine Leute machen sich Sorgen um mich. Ich muß sofort heim, mich ihnen zeigen und ihnen die Sorgen nehmen.
    Ich werde aber sofort einen Burschen zur Burg schicken, um Hugh Beringar zu unterrichten, und dann mag er zu mir kommen oder nach mir schicken, wie es ihm beliebt. Wir konnten jedoch nicht einfach in die Stadt reiten, ohne zunächst Euch zu unterrichten.«
    »Das war sehr rücksichtsvoll, und ich bin Euch dankbar.
    Schwester Magdalena, ich hoffe doch, daß wenigstens Ihr unser Gast sein werdet?«
    »Heute will ich Judith begleiten, sie wohlbehalten zu ihrer Familie zurückbringen und ihr beim Gespräch mit dem Sheriff zur Seite stehen, so sie mich braucht. Womöglich ist der Sheriff, was verschwendete Zeit und Mühe angeht, weit weniger nachsichtig als Ihr, Ehrwürdiger Vater. Ich will bei ihr übernachten. Morgen aber hoffe ich, mit Euch reden zu können.
    Ich habe die Altardecke mitgebracht, an der Mutter Mariana gearbeitet hat, seit sie bettlägerig wurde. Ihre Hände besitzen noch die alte Geschicklichkeit, und ich glaube, Ihr werdet zufrieden damit sein. Aber das Tuch ist sorgfältig in meiner Sattelrolle verstaut, und ich würde mich nicht gern aufhalten und es jetzt auspacken. Dürfte ich darum bitten, daß Bruder Cadfael uns zur Stadt begleitet? Hugh Beringar wird sicher froh sein, ihn bei unserem Gespräch dabeizuhaben. Auf dem Rückweg könnte Cadfael dann das Altartuch mitbringen.«
    Abt Radulfus kannte sie inzwischen gut genug, um zu wissen, daß sie gute Gründe für ihre Bitte haben mußte. Er sah sich nach Cadfael um, der sich bereits aus der Reihe der Brüder löste.
    »Ja, geht mit unserer Schwester. Ihr habt meine Erlaubnis, so lange wie nötig zu bleiben.«
    »Wenn Ihr erlaubt, Ehrwürdiger Vater«, sagte Cadfael sofort, »und wenn Schwester Magdalena einverstanden ist, dann könnte ich selbst zur Burg gehen und Hugh Beringar unterrichten, nachdem wir Frau Perle heimgebracht haben.
    Seine Männer sind gewiß noch im Land unterwegs, und je eher er sie zurückruft, desto besser.«
    »Ja, einverstanden!« Er ging zu den Maultieren voraus, bei denen John Miller geduldig wartete. Die Brüder, deren Weg jetzt frei war, verstreuten sich pflichtbewußt, nicht ohne über die Schulter zuzusehen, wie die beiden Frauen aufsaßen und davonritten. Radulfus zog Cadfael noch einmal zur Seite und sagte leise: »Wenn die Neuigkeiten so langsam nach Godric’s Ford vordringen, dann mag es noch einige andere Dinge geben, die sie nicht weiß und die zu hören für sie keine Freude sein wird. Einer ihrer Männer ist tot. Noch schlimmer, er ist schuldig …«
    »Ich habe daran gedacht«, gab Cadfael genauso leise zurück. »Sie soll es erfahren, bevor wir ihr Haus erreichen.«
    Als sie im bedächtigen Maultierschritt, der sich nicht beschleunigen ließ, die Brücke erreichten, schob Cadfael sich neben Judith und sagte behutsam: »Drei Tage wart Ihr fort.
    Muß ich Euch, bevor Ihr Euer Haus betretet, von den Dingen berichten, die in diesen drei Tagen geschehen sind?«
    »Das ist nicht nötig«, erwiderte sie einfach. »Ich bin im Bilde.«
    »Vielleicht wißt Ihr nicht alles, denn nicht alles ist allgemein bekannt. Es gab noch einen weiteren Todesfall. Gestern nachmittag fanden wir unten jenseits der Gaye auf unserer Seite des Flusses eine Leiche. Ein Ertrunkener – einer Eurer Weber, ein

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