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Der Rosenmord

Der Rosenmord

Titel: Der Rosenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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ganz anders aussehen. Es gibt einiges, was ich Euch nicht erzählen werde, es gibt Fragen, die ich nicht beantworten will. Aber alles, was ich Euch sage, und jede Antwort, die ich Euch gebe, soll der Wahrheit entsprechen.«
    »Das ist nur fair«, warf Schwester Magdalena billigend ein, »und ich an Eurer Stelle, Hugh, würde dies akzeptieren. Die Gerechtigkeit ist eine Sache, aber sie nützt nichts, wenn sie dem Opfer mehr Schaden zufügt als dem Missetäter. Das Mädchen ist wohlbehalten herausgekommen, also wollen wir die Sache auf sich beruhen lassen.«
    »Und an welchem Abend«, fragte Hugh, der sich noch nicht ganz geschlagen gab, »wurdet Ihr im Wald angegriffen?«
    »Gestern abend war es. Es muß schon nach Mitternacht gewesen sein, vielleicht eine Stunde danach.«
    »Eine gute Stunde«, warf Magdalena hilfsbereit ein. »Wir waren nach der Laudes gerade wieder ins Bett gegangen.«
    »Gut! Dann will ich eine Patrouille ausschicken und die Wälder eine Meile im Umkreis absuchen lassen. In jener Gegend haben wir nur selten Schwierigkeiten mit Burschen aus Powys, und wenn sie kommen, werden wir gewöhnlich vorher gewarnt. Es muß ein Einzelgänger sein, vielleicht ein mißhandelter Leibeigener, der sich abgesetzt hat. Und jetzt«, sagte Hugh, der Judith plötzlich anlächelte, »erzählt mir das, was Ihr erzählen wollt – von dem Augenblick an, als Ihr an der Gaye unter der Brücke in ein Boot gezerrt wurdet, bis zum gestrigen Abend, als Ihr in Godric’s Ford Schutz gesucht habt.
    Und was die Dinge angeht, die ich tun werde, so müßt Ihr mir eben vertrauen.«
    »Ich vertraue Euch«, sagte sie, indem sie ihn lange und ruhig betrachtete. »Ich glaube, daß Ihr mich schonen wollt und mich nicht zwingen werdet, mein Wort zu brechen. Ja, ich wurde verschleppt, ich wurde bis vorgestern gefangengehalten und gedrängt, einer Heirat zuzustimmen. Allerdings werde ich Euch nicht sagen, wo oder von wem.«
    »Soll ich es Euch sagen?« bot Hugh an.
    »Nein«, protestierte sie scharf. »Wenn Ihr es wißt, dann laßt mir wenigstens die Beruhigung, daß Ihr es nicht von mir erfahren habt, weder mit Worten noch durch einen Blick. Nach zwei Tagen bereute er seine Tat bitter, er war verzweifelt und sah keinen Ausweg mehr. Er fürchtete, dafür zahlen zu müssen, nichts hatte er gewonnen und würde nichts gewinnen, und er wußte es. Von Herzen wünschte er, mich wieder loszuwerden, aber er hatte Angst, ich könnte ihn anzeigen, wenn er mich einfach gehen ließ, und wenn man mich fand, wäre er ebenfalls am Ende gewesen. Schließlich«, erklärte sie einfach, »tat er mir leid. Abgesehen von der Entführung hatte er mir nichts angetan. Er wollte mich gewinnen, doch er war zu ängstlich und sicher auch zu gut erzogen, um mich mit Gewalt zu nehmen. Hilflos war er und bat mich schließlich sogar um Hilfe. Außerdem wollte auch ich die Angelegenheit ohne Skandal beilegen. Das wollte ich noch viel mehr, als an ihm Rache zu nehmen. Am Ende wollte ich überhaupt keine Rache mehr, denn er litt solche Qualen, daß ich schon gerächt war.
    Ich beherrschte ihn, ich konnte ihn tun lassen, was immer ich verlangte. Es war mein Plan: Er sollte mich in der Nacht, damit er nicht gesehen oder erkannt wurde, nach Godric’s Ford oder in die Nähe bringen. Von dort aus wollte ich heimkehren, als wäre ich die ganze Zeit dort gewesen. An jenem Abend war es zu spät, um aufzubrechen, aber am nächsten Abend, das war gestern, ritten wir zusammen. Er setzte mich knapp eine halbe Meile vor Godric’s Ford ab. Und danach, als er fort war, wurde ich angegriffen.«
    »Könnt Ihr sagen, was für ein Mann es war? War nichts an ihm, das Ihr wiedererkennen könntet oder wiedererkannt habt?
    Aussehen, Berührung, Geruch, irgend etwas?«
    »Der Mond war noch nicht aufgegangen, im Wald herrschte rabenschwarze Nacht. Und es war sehr schnell vorbei. Ich habe Euch noch nicht erzählt, wer mir zur Hilfe kam. Schwester Magdalena weiß es bereits. Der Mann begleitete uns heute morgen auf dem Rückweg. Er verließ uns an seinem Haus in der Vorstadt. Es war Niall, der Bronzeschmied, der in jenem Haus lebt, das einst mir gehörte. Alles in der letzten Zeit und jeder Mensch, der mir nahe kommt«, fügte sie plötzlich heftig hinzu, »ist mit dem Haus und dem Rosenstrauch verbunden.
    Ich wünschte, ich hätte es nie verlassen. Ich hätte es der Abtei schenken und trotzdem Mieterin bleiben können. Es war falsch, das Haus zu verlassen, in dem die Liebe wohnte.«
    In dem wieder

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