Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)
Bombenabwurf bevorstand. Der Todesengel hatte die zur Vernichtung ausersehene Stadt mit seinem Flügel berührt.
Wir liefen schnellstens in den Luftschutzkeller des Hauses. Schon hörten wir das Pfeifen der herunterkommenden Bomben und das dumpfe Krachen der Einschläge. Jedoch war das »Schweizerviertel« noch nicht in Mitleidenschaft gezogen. Da – ein blendend leuchtender Schein vor dem kleinen Fenster des Kellers, eine Phosphorbrandbombe, die langsam im Garten ausbrannte. Dann geschah etwas, was die Menschen im Keller zutiefst erschreckte: Unter fürchterlichem Krachen wurde die Mauer des Hauses in ihren Grundfesten erschüttert und bewegt. Eine schwere Brisanzbombe mußte in unmittelbarer Nähe detoniert sein. Nach dem Angriff sahen wir, daß etwa 100 Meter vom Hause entfernt ein mehrstöckiges Haus einen Volltreffer erhalten hatte und total zusammengestürzt war. Dieser Angriff dauerte 20 Minuten.
Die Örtliche Luftschutzleitung Dresden, 22.14 Uhr
Weitere Bombenabwürfe über der Stadt
Die letzte Meldung der Örtlichen Luftschutzleitung, 22.15 Uhr
Achtung! Achtung! Hier spricht die Örtliche Luftschutzleitung. Bombenabwürfe über dem Stadtgebiet. Volksgenossen, haltet Sand und Wasser bereit!
Der Funkverkehr der Royal Air Force, 22.15 Uhr
Der Hauptmarkierer an Masterbomber: Die Bomben scheinen jetzt ausgezeichnet zu fallen. Ende.
Der Masterbomber an Hauptmarkierer: Ja, Hauptmarkierer. Es sieht recht gut aus.
Der Masterbomber an Plate-rack-Verband: Hallo,Plate-rack-Verband. Die Bombenwürfe liegen gut. Greifen Sie an und zielen Sie wie vorgesehen nach den roten Zielmarkierern. Achtung, einer hat zu spät ausgelöst! Einer hat sehr weit vom Zielpunkt abgeworfen.
Der Masterbomber an Hauptmarkierer: Wenn Sie wollen, können Sie jetzt nach Hause fliegen. Danke. Der Hauptmarkierer an Masterbomber: Hallo, Masterbomber: Danke, ich fliege jetzt nach Hause.
Der Masterbomber an Plate-rack-Verband: Gute Arbeit, Plate-rack-Verband. Die Bombenwürfe liegen ausgezeichnet.
Dresden Otto Griebel 1895–1972
Ein vielfaches Pfeifen durchschnitt die Luft, und dann erzitterte das Haus von einer Reihe rasch aufeinander erfolgender und immer heftiger werdender Detonationen, die uns in eine Ecke des Kellers trieben, wo wir uns an einer Kartoffelkiste zusammenhockten. Das sausende Fallen und Krachen der einschlagenden Bomben nahm nun kein Ende mehr. Der Luftdruck stieß die eisernen Türen der Bierzufuhr auf, und das ins Flackern geratene elektrische Licht setzte mit einem Male ganz aus.
Immer enger schmiegten sich die zitternden Frauen an mich und begannen, laut zu jammern und zu beten, trotzdem ich sie fortwährend zur Besonnenheit und Ruhe zu ermahnen suchte, und die Wirtin meinte, der Keller sei fest genug, um einen Treffer zu überstehen. Einige der Schläge fuhren uns förmlich ins Genick. Wir duckten uns immer tiefer und warteten von einem Hieb zum anderen. Einmal schien es, als drehe sich dasganze Gebäude in seinen Fundamenten. Dann brach rote Lohe durch die Kellerlöcher.
Dresden Der Leutnant Dieter Wiechmann *1922
Kaum waren wir im Keller, als das unheimliche Rauschen der fallenden Bomben und die Detonationen ein Ausmaß annahmen, wie ich es noch nicht erlebt hatte. Auf einmal erlosch das Licht, es wurde die Notbeleuchtung eingeschaltet. Das ohrenbetäubende Krachen ging gut eine halbe Stunde lang. Wir hatten alle eine ungeheure Angst, daß uns ein Volltreffer auslöschen würde.
Dresden Die Hauswirtschaftslehrerin Herta Daecke
Kaum habe ich mich angezogen und das Nötigste gerafft, fallen auch schon die ersten Bomben. Es wird uns rasch klar, daß diese Nacht Dresden dran ist. Die Hölle ist los. Einschlag über Einschlag – ein Pfeifen – ein Sausen – alles wackelt – ein Sturm erhebt sich – Fenster und Türen reißen auf, und bei jeder Mine oder Bombe, die herniedersaust, hat man das Gefühl – nun ist es aus. Es sind grauenhafte Todesminuten, die eine Ewigkeit dünken. Aber unsere Luftschutzgemeinschaft benimmt sich vorbildlich – nur das Nötigste wird gesprochen, sonst ist alles totenstill, und jeder ist in sein Schicksal ergeben. Ab und zu macht der Luftschutzwart Streifen und sieht nach, ob unser Haus noch nicht brennt. Ringsum brennt schon allerhand. Endlich wird es ruhiger – das Brummen der Flieger entfernt sich, aber das Detonieren der Zeitbomben geht weiter.
Dresden Liesbeth Flade
Fünf Minuten vor 10 Uhr, wir wollten uns gerade hinlegen, kam Alarm. »Da
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