Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)
Verteidigungskrieg gegen die Sowjetunion war für uns ausgeschlossen. Keinesfalls durften wir der Roten Armee den Vorteil des Geländes überlassen, unsere Autobahnen für den Ansturm der roten Panzer, unsere Eisenbahnen für ihren Truppen- und Materialtransport. Wir konnten die Bolschewisten in ihren Wäldern, Sümpfen und Mooren schlagen, wenn wir rechtzeitigden Entschluß zum Handeln ausführten – niemals aber auf dem Boden eines dem Verkehr erschlossenen Raumes, wie des unseren. Den Angriff abwarten hieß, dem Feind das Sprungbrett nach Europa zu ebnen.
Warum 1941? Weil es galt, keinen Augenblick länger als notwendig zu warten, um so weniger als unsere Gegner im Westen unaufhörlich rüsteten. Übrigens blieb auch Stalin durchaus nicht untätig. Auf beiden Fronten arbeitete also die Zeit gegen uns. Die Frage lautet demnach nicht: »Warum schon am 22. Juni?« sondern »Warum nicht früher?« Ohne die von den Italienern mit ihrem idiotischen griechischen Feldzug verursachten Schwierigkeiten hätte ich die Russen in der Tat schon um einige Wochen früher angegriffen. Es ging darum, sie solange hinzuhalten, und es war meine beständige Sorge während dieser letzten Wochen, Stalin könnte mir zuvorkommen.
Berlin/Propagandaministerium Der Pressereferent Wilfred von Oven
Die Geschichte dieses Krieges ist um ein neues scheußliches Verbrechen bereichert worden. Die Stadt Dresden, die mit Zehntausenden von Flüchtlingen aus Schlesien und der Lausitz überfüllt und ihrer Luftverteidigung wie viele andere deutsche Städte zur Zeit weitgehend entblößt ist, wurde am Abend des 13. Februar von einem starken englischen Bomberverband angegriffen und besonders in ihrem kunsthistorisch einmaligen Kern vollständig zerstört. Die Zahl der Toten ist erschreckend hoch und bisher noch nicht dagewesen. Sie kann nur geschätzt werden, dürfte aber zwischen 2 und 300000 liegen.
Militärische oder nur kriegswichtige Ziele sind in der Stadt, die in aller Welt wegen ihrer einmaligen Werke der deutschen Barockbaukunst bekannt war, kaum vorhanden. Zumindest nicht in einem Ausmaß, das eine so totale Zerstörung gerechtfertigt hätte. Nicht eines dieser Kleinode europäischer Kultur blieb erhalten.
Die Briten wandten eine neue Angriffstaktik an. Ihr bisheriges, stets erfolgreiches System bestand darin, auf eine Stadt zunächst Sprengbomben und danach Brandbomben abzuwerfen, um erst einmal »Luft zu schaffen« und den Flammen für ihr Vernichtungswerk bessere Nahrung zu geben. Sie wandten dieses Mal das umgekehrte Prinzip an. Beim ersten Anflug warfen sie 650000 Brandbomben ab. Die Menschen wurden von Hitze und Qualm der entfachten Brände aus den Schutzräumen heraus auf die Straßen und Plätze der Stadt getrieben. Zehntausende flüchteten auf die Elbwiesen. Nun erfolgte der zweite Angriff. Und zwar mit Sprengbomben. Sie hielten unter den schutzlosen Menschen furchtbare Ernte. Vor allem die Elbwiesen, auf denen keine andere Ziele als schutzlose Zivilisten zu treffen waren, wurden mit Bomben und Bordwaffen angegriffen. Es wurde ein Massaker von ungeheuren Ausmaßen.
Man geht wohl in der Annahme nicht fehl, diesen Angriff mit der Krim-Konferenz in Verbindung zu bringen. Churchill hatte sich schon früher damit einverstanden erklärt, Polen für die ihm von Rußland geraubten Gebiete östlich der Curzon-Linie mit deutschen Gebietsteilen zu entschädigen. Er hat sich auch mit der Vertreibung von 18 Millionen Deutschen aus diesen Gebieten einverstanden erklärt und imUnterhaus verkündet, es würde für diese 18 Millionen im Restdeutschland durch »Kriegsereignisse« schon Raum geschafft werden.
Nun dürfte ihn Stalin in Jalta darauf aufmerksam gemacht haben, daß sich der Krieg seinem Ende nähere, und daß es Zeit werde, in der besprochenen Weise Platz für die Aufnahme der aus den deutschen Ostprovinzen zu Vertreibenden zu schaffen. Die erste Quote von rund 300 000 hat Churchill in Dresden auf einen Schlag erfüllt. Er kann zufrieden sein, 300 000 Frauen, Kinder und wehrlose Zivilisten innerhalb weniger Stunden zu töten – das hat in der Geschichte bisher noch niemand fertiggebracht.
Wie weit hat sich doch dieser Krieg von allem, was man einst unter Völkerrecht verstand, entfernt!
Berlin/Propagandaministerium Dr. Rudolf Semler *1913
Über seine Besprechung mit Himmler hat Goebbels uns nichts berichtet. Auf der Rückfahrt von Hohenlychen gestern abend schwieg er den ganzen Weg. Nach einer Andeutung, die Goebbels vor ein
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