Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)

Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)

Titel: Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
Vom Netzwerk:
Rücksprache mit dem Vertreter einer neutralen Macht, dieses Vorhaben Hitlers zu sabotieren. Bei diesen Massnahmen war ich zum Teil selbst anwesend oder erfuhr sie von Fritzsche unmittelbar darnach. Fritzsche hat auch kurze Zeit später nochmals mit Goebbels hierüber verhandelt. Nach der mir wieder unmittelbar später berichteten Besprechung hörte diesmal Goebbels die Einwände Fritzsches an und entliess ihn nicht mehr in so schroffer Haltung wie das vorhergehende Mal.
    Nach weiteren Angriffen auf Dresden kam Goebbels aber in der »Ministerkonferenz« nochmals auf die Sache zurück und fragte Fritzsche nach den befohlenen Kommentaren. Fritzsche gab zur Antwort, er habe sämtliche diesbezügliche Kommentare bei ihm vorlagepflichtig gemacht. Das war, wie auch jeder Teilnehmer der Konferenz richtig verstand, eine weitereAblehnung der Anweisung Hitlers. Als Goebbels die Konferenz beendet hatte, hat Fritzsche noch einmal diesem unzweideutig seine Meinung zum Ausdruck gebracht, dass er auch weiterhin diesen Anweisungen nicht folgen werde und Goebbels hat – wie mir wiederum unmittelbar darnach berichtet wurde – diesmal auf diesen Einwand nichts zu erwidern gehabt, er kam auch in späterer Zeit auf seine Forderungen nicht mehr zurück. Ich bin der Überzeugung, dass die eindeutige Haltung Fritzsches seinen Eindruck auf Goebbels nicht verfehlt hat. Wir erfuhren auch durch uns bekannte Personen aus dem OKW, dass Goebbels selbst bei Hitler bei einer späteren Beratung gegen die geplante Vergeltungsmassnahme das Wort ergriffen habe.
     
    Wien/Krankenhaus Marie (Missie) Wassiltschikow 1917–1978
    Gerade waren wir mit der Arbeit fertig, als zwei amerikanische Piloten, die gestern früh abgeschossen worden waren, hereingebracht wurden, auf jeder Seite von einem deutschen Soldaten gestützt. Sie schienen schwer verwundet zu sein und kaum in der Lage, einen Fuß vor den andern zu setzen. Einer hatte ein verbranntes, ganz geschwärztes Gesicht, sein helles Haar stand steif ab. Inzwischen liegen etwa dreißig amerikanische Piloten in unserm Lazarett. Sie werden ordentlich behandelt, aber nur in den Luftschutzkeller gebracht, wenn die Angriffe besonders schwer sind. Ich hätte mich gern mit ihnen unterhalten, aber das ist streng verboten. Eine Schwester, die vor dem Krieg in England Gouvernante gewesen war, hateinem von ihnen einmal Blumen mitgebracht und ist dafür auf der Stelle entlassen worden. Während eines Luftangriffs hat mich jedoch Sita Wrede einmal auf die Sonderstation mitgenommen, auf der sie liegen. Einige von ihnen sahen sehr nett aus, aber die meisten waren so schwer verwundet, daß sie fast völlig unter Bandagen verschwanden. Fast ausnahmslos leiden sie an schweren Verbrennungen.
     
    STALAG 17 B, Krems/Österreich Der amerikanische Kriegsgefangene Ray T. Matheny *1925
    Am 15. Februar hatte ich zwanzigsten Geburtstag, für den ich zwei Dosen Brotkrumen gespart hatte. Des weiteren hatte ich eine Dose Orangenpaste, etwas Zucker und Milchpulver, ein paar Rosinen und Erdbeermarmelade aufgehoben. Die Rosinen weichte ich in Wasser ein, damit sie aufquollen, dann stellte ich mit Hilfe der Orangenpaste, der Brotkrumen, Wasser und Milchpulver eine Art Kuchenteig her. Was hier entstand, war mein zweiter Geburtstagskuchen im Stalag 17B, und inzwischen hatte ich auch ein paar Tricks gelernt, was mit den Brotkrumen anzufangen sei. In Wirklichkeit war der Kuchen mehr ein Brotpudding, aber das spielte keine Rolle. In der Nacht fiel feiner Pulverschnee; ich sammelte ein paar Dosen davon ein, um Erdbeereis zu machen, das ich zusammen mit dem »Kuchen« zu verspeisen gedachte.
     
    Berlin Adolf Hitler 1889–1945
    Politisches Testament
    Es gab noch einen Grund: die Russen verfügen über
die Rohstoffe, die für uns unentbehrlich waren. Trotzeingegangener Vertrags-Verpflichtungen verzögerten sie ihre Lieferungen, und eines Tages konnten diese ganz ausbleiben. Was sie uns nicht gutwillig liefern wollten, mußten wir also an Ort und Stelle selbst holen! Ich faßte meinen Entschluß sofort nach Molotows Novemberbesuch in Berlin, denn ich wußte von diesem Augenblick an, daß über kurz oder lang Stalin abfallen und ins alliierte Lager übergehen würde. Sollte ich weiter abwarten, um besser gerüstet zu sein? Nein, denn dadurch gaben wir das Gesetz des Handelns preis! Nochmals nein, denn wir hätten den ungewissen Aufschub zu teuer bezahlen müssen. Wir hätten nämlich den bolschewistischen Erpressungsversuchen nachgeben und

Weitere Kostenlose Bücher