Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)
lang in Moskau im Gefängnis gewesen. Hynd [Abgeordneter der Labourpartei] fragte die Frau, welchen Verdacht man gegen sie gehabt habe. Sie antwortete, sie habe dem katholischen Verein »Die Töchter der Jungfrau Maria« angehört, und man habe sie immer wieder belästigt, um herauszufinden, welchen politischen Hintergrund dieser Verein habe. Eine andere Frau sagte, sie sei viel gereist und habe Fremdsprachen gelernt. Man habe ihr gesagt: »Aber Sie können nicht erwarten, daß wir glauben, jemand reise aus andern als politischen Gründen.«Das alles klingt überzeugend und tief beunruhigend.
Stettin Der Matrosen-Hauptgefreite Klaus Lohmann *1910
In der Schreibstube so gut wie gar keine Arbeit! Zwischendurch lese ich allerlei Gedichte von Binding, vor allem aus seinem Zyklus »Nordische Kalypso«. Es ist auf der einen Seite der »Mut zur Sinnlichkeit« wie ich es nennen möchte, auf der anderen aber und vor allem, die einzigartige edle Form und Sprache. Ich muß sogar sagen, daß die jüngsten Gedichte von Rudolf Alexander Schröder, die mich ihrem Inhalt nach stark beeindrucken in der Form nicht mit diesen Binding-Gedichten wetteifern können.
Ein fremder Bootsmaat erzählt von dem Untergang des 15000 t großen Lazarettschiffes »Steuben«, das auf der Fahrt von Pillau nach hier torpediert wurde. Etwa 3000 Verwundete und 1000 Zivilisten, Frauen und Kinder, sind mit untergegangen – grauenvolle Szenen haben sich da abgespielt. Der Krieg wird immer furchtbarer und legt sich einem oft als unerträgliche Last auf die Seele.
Abends und nachts von 12–2 Uhr Wache. In der Nacht lese ich in Jesus Sirach, Kap. 15–1 9, die ganz anders sind in ihrer gottesfürchtigen Weisheit.
Hamburg D er Oberkirchenrat Drechsler
Lieber Herr Kollege Dr. Hennig!
Haben Sie vielen Dank für Ihren Brief vom 20. Januar
1945. Herr Landesbischof und ich haben Ihren Bericht mit Interesse gelesen. Wir hoffen, dass Sie, nachdemes mit Ihrem Urlaub zur Weihnacht und Jahreswende nicht geklappt hat, vielleicht zu Ostern kommen könnten. Sehr gerne würde ich in Friedenszeiten, nicht etwa jetzt im Krieg, dort oben im Norden sein und das Wunder des Nordlichtes sehen. Wie schön, dass Sie Weihnachten feiern konnten mit einem Gottesdienst und einer Nachtfeier mit den alten Liedern, die das Wunder der Heiligen Nacht mit ihren hohen Sternen und dem offenen Himmel und seinem ewigen Gloria preisen. Mit Ihnen sind wir sehr betrübt, dass unser Donat Neugeschwender der Landeskirche nie mehr dienen kann. Und eigenartig, obwohl an seinem Tode kein Zweifel besteht, ist mir gerade bei diesem Amtsbruder immer wieder, als käme er noch einmal zurück. Besonders heimgesucht ist Familie Sauerlandt, die drei Söhne, davon zwei Vikare unserer Landeskirche, hat hergeben müssen. Immer ernster und schwerer werden die Zeiten. Unser Gott sei unserem Vaterland und uns allen gnädig. Inmitten dieses Ausmasses von sinnloser Zerstörung, dieser Überfülle von Jammer und Leid, Wunden und Tod, bleibt unser einziger Trost unser Gott und Heiland, der keine Fehler macht, bei dem es keinen Irrtum gibt, der auch zu Seiner Zeit die Welt zurückholen wird in ein Stadium neuen Friedens, neuer Ordnung und neuen geistigen und geistlichen Lebens. Bis dahin bleibt uns nichts zu tun, als betend und arbeitend unsere Pflicht für die Gemeinschaft zu erfüllen.
Bleiben Sie und die Ihrigen behütet und lassen Sie sich in treuem Gedenken grüssen.
Ihr Drechsler
Berlin Heinrich Himmler 1900–1945
SS-Gruf. Ludolf v. Alvensleben, Dresden
Mein lieber Alvensleben!
Fernschreibbericht vom 15.2. [über die Schäden des Luftangriffs auf Dresden] erhalten.
1. Genehmigte Verlegung der Dienststelle lediglich in einen Vorort von Dresden. Weiter weg darf Dienststelle nicht sein. Dies würde einen miserablen Eindruck machen.
2. Jetzt gibt es nur eiserne Standhaftigkeit und sofortiges Anfassen, um überall Ordnung zu schaffen. Ihr müßt dafür sorgen, daß Strom, Wasser und Transportwesen sofort wieder in Ordnung kommen. Bin bereit, Ihnen auch noch SS-Obergruppenführer Hildebrandt zu Hilfe zu schicken, so daß Sie einen Kameraden haben, der Ihnen in verschiedenen anderen Orten außerhalb Dresden wirksam werden kann. Seid mir ein Muster und Vorbild an Ruhe und guten Nerven! Heil Hitler!
Ihr H. Himmler
Berlin Adolf Hitler 1889–1945
Politisches Testament
Unsere einzige Chance, einen Sieg über Rußland zu erringen, lag darin, seinem Angriff zuvorzukommen; denn ein
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