Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)
andere ist gleichnishaft, sakramental. Man sät ohne Erwartung, daß man auch ernten darf. Ein solches Treiben ist entweder ganz und gar sinnlos oder transzendental. Welches von beiden: das zu bestimmen, liegt in unserer Hand.
Diskurs am Gartenzaun:
Ich: »’s ist heute lebhaft in der Luft.«
Der Nachbar: »Ja, Osnabrück und Chemnitz sollen zerstört worden sein.«
Ich hatte aber die Mücken, die zum ersten Male spielten, gemeint.
Dresden Ein Obergefreiter vom Luftnachrichten- Regiment 353
Ich kam durch einen Zufall einen Tag nach den großen Angriffen auf Dresden hierher. Aber ich fand nichts weiter mehr vor als ein ausgebranntes Haus. Niemand war da, keine Anmerkung an der Hausmauer. Im Luftschutzkeller ist anscheinend niemand geblieben. Anscheinend sind Kinderwagen und einige Koffer gerettet worden. Denn ich fand keine Brandreste davon. Im Kellerdurchbruch lag ein verkohlter Mensch, wahrscheinlich die achtzigjährige Frau, die mit ihrer Tochter das Haus besessen und bewohnt hatte. In unserem Keller fand ich unter Asche noch ein paar heile Teller und ganz wenig Gläser und eine Kaffeekanne. Dies packte ich in einen leeren Korb, den ich fand, und brachte es zwei Kilometer weiter, um es unterzustellen. Vielleicht wird es einmal der Grundstein zum neuen Haushalt. Während ich hier sitze, mögen meine Lieben vielleicht gar nicht weit sein. Gott weiß, wann ich’s erfahre.
Neue Zürcher Zeitung
London. Über 1100 amerikanische schwere Bomber setzten am Donnerstag, unterstützt von 500 Jägern, die mit der russischen Offensive an der Oderfront koordinierte Luftoffensive fort. Der größte Teil der Bomber griff erneut Dresden an, das damit in 48 Stunden drei schweren Luftbombardements ausgesetzt wurde. Ein zweiter schwerer Schlag wurde gegen... Cottbus geführt... In allen Zielgebieten wurden, wie die ersten Pilotenberichte besagen, ausgedehnte Brände verursacht. In Dresden wüteten noch die Brände von den vorangegangenen Angriffen.
Stalag IV B, Mühlberg Der britische Kriegsgefangene A. J. East
Es gibt unzählige Gerüchte über die Befreiung von Kriegsgefangenenlagern im Osten. Die Lager 3D und Luft 3 gehören vermutlich zu denen, die von den Russen befreit wurden, während andere wilde Gerüchte besagen, daß Luft 3 von den Deutschen aufgegeben und dann beschossen wurde. Ich glaube das nicht, weil sich zwei amerikanische Offiziere in diesem Lager in Arrest befinden. Während sie von Luft 3 in das Nürnberger Gebiet evakuiert wurden, flohen sie bei Dresden aus einem Zug.
Wie dem auch sei, fünf Kameraden trafen hier nach einer aufregenden Zeit ein, und einer sprach vor zwei Abenden in der Nachbarbaracke über seine Erfahrungen. Sie waren in einem Lager in Landsdorf in Pommern, als die Russen näherkamen und Befehle für die Evakuierung ausgegeben wurden. Es waren 200 RAF-
Angehörige in dem Lager, und sie wurden zuerst und entsprechend der Rangordnung losgeschickt. 80 Männer hatten jeweils einen Bewacher, und es wurde befohlen, zu einer bestimmten Stadt zu marschieren. Auf dem Weg dorthin machten die fünf Kameraden, die jetzt hier sind, eine Pause und wurden von anderen Deutschen aufgegriffen. Die Stadt, die das Ziel der übrigen war, kesselten die Russen ein, und sie wurden alle befreit.
Kürzlich gab es bei Tag und Nacht zahlreiche Luftangriffe. Zum ersten Mal in diesem Krieg wurde am Mittwoch Dresden bombardiert. Der Strom ging gegen 20.30 Uhr aus, und zwei Stunden lang war der Himmel im Süden vom Aufblitzen und dem grellen Licht, verursacht durch die Brandbomben, taghell. Wir konnten das ständige Dröhnen der großen Bomber hören, die in der Nähe unseres Lagers vorbeiflogen. In der folgenden Nacht kamen die Fliegenden Festungen wieder, um »Tageslicht« zu schaffen.
Dresden Katharina Tietze
Am anderen Morgen – es war nun schon Freitag, der 16.2. – konnten wir uns im Waschraum etwas in Ordnung bringen und bekamen dann Kaffee und Schnitten. Dann machte sich Tante Dore auf den Weg nach Liegau – 1 Stunde weit – um bei unseren Verwandten zu fragen, ob sie uns aufnehmen oder anderswo ein Quartier verschaffen könnten. Ich suchte mit Vater einen Frisör zu erspähen; denn Rasierapparat hatten wir keinen bei uns. Doch der Laden war geschlossen. Also wieder zurück ins Lager! Dort standen die Menschen schon an, um nach Speisung der Arbeiter Plätzefürs Mittagsmahl zu bekommen. So lange konnten wir aber nicht stehen und begaben uns deshalb in einen anderen Aufenthaltsraum mit
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