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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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nickte. »Ja, Mylady«, sagte er und wandte sich an den Hauptmann. »Ich stehe Euch zu Diensten.« Er sah sich um. »Werden wir die Unterstadt verteidigen?«
    Der Hauptmann stieg auf die Tormauer und betrachtete die vier Straßen des Ortes, der hundert Fuß unter ihm lag.
    »Für eine Weile«, sagte er schließlich.
    Albinkirk · Ser Alcaeus
    Ser Alcaeus verbrachte eine schlechte Nacht und trank am Morgen zu viel Wein. Der Mann, dessen Tochter entführt worden war, saß in der Garnisonsbaracke und weinte und verlangte, die ganze Garnison solle zu ihrer Rettung ausschwärmen.
    Der Bürgermeister stimmte ihm zu, und hitzige Worte wurden gewechselt.
    An einem solchen Streit wollte Alcaeus nicht teilnehmen. Diese Menschen waren ihm allzu fremd. Die einfachen Leute waren zu unterwürfig und zu frei, und Ser John war kein Ritter. Sogar die Kirche war hier falsch. Die Messe wurde auf Niederarchaisch gefeiert.
    Es war verwirrend. Schlimmer noch als die Karawane aus Sklaven, denn diese hatte er wenigstens ignorieren können.
    Als er mitten am Morgen seine Waschungen beendet hatte – er, der Vetter des Kaisers, hatte sich ohne die Hilfe eines Dieners oder wenigstens eines Sklaven säubern müssen –, hörte er die schrille Stimme des Bürgermeisters im Wächterraum, der verlangte, dass Ser John herauskam.
    Alcaeus kleidete sich an. Ihm standen genügend saubere Hemden zur Verfügung, weil der Junge sein Packpferd gerettet hatte. Und er hatte dafür gesorgt, dass der Page dafür reichlich entlohnt wurde.
    »Kommt aus Eurem Loch heraus, Ihr tatteriger alter Feigling!«, kreischte der Bürgermeister.
    Alcaeus versuchte, sich die Manschetten anzulegen. So etwas hatte er in der Vergangenheit durchaus schon getan, allerdings nicht mehr, seit er zum Mann geworden war. Er drückte die rechte Hand gegen den Stein der Burgmauer und hielt dadurch den Knoten fest.
    »Bürgermeister?«, hörte er Ser Johns Stimme, die recht ruhig klang.
    »Ich verlange, dass Ihr all die nutzlosen Mäuler sammelt, die Ihr als Eure Garnison bezeichnet, und die Tochter dieses Mannes sucht. Und öffnet das Tor! Die Getreidewagen sind auf dem Weg hierher. Dieser Ort braucht Geld, aber ich bin sicher, dass Ihr zu betrunken seid, um dies zu begreifen.« Er klang wie ein Fischweib – wie ein besonders unangenehmes.
    »Nein«, entgegnete der Hauptmann. »War das alles?«
    In diesem Augenblick wusste Alcaeus nicht recht, was er von dem Ritter halten sollte. War er übervorsichtig? Doch die Erinnerung an den Hinterhalt des gestrigen Tages brannte noch immer in ihm.
    Er griff nach seinen Stiefeln, die natürlich nicht gesäubert worden waren. Er zog sie an, kämpfte mit all den Schnallen, und sein Kopf war plötzlich voller Irks, Kobolde und noch schlimmerer Dinge. Die Straße. Die Verwirrung.
    Er war für den Kampf gegen die Wildnis ausgebildet worden. Doch bis gestern hatte er bloß gegen andere Menschen gekämpft – üblicherweise immer nur gegen einen Einzelnen, mit dem Messer, bei Hofe.
    Die Bilder in seinem Kopf brachten ihn zum Erbeben.
    »Ich befehle es Euch!«, brüllte der Bürgermeister.
    »Ihr könnt mir gar nichts befehlen, Bürgermeister. Ich habe das Kriegsrecht verhängt, und nicht Ihr, sondern ich bin hier die herrschende Macht.« Ser John klang nicht herablassend, sondern eher entschuldigend.
    »Ich repräsentiere die Einwohner dieser Stadt – die Bürger, die Kaufleute und die Handwerker!« Die Stimme des Bürgermeisters wurde zu einem Zischen. »Ihr scheint nicht zu wissen …«
    »Ich weiß, dass ich den König repräsentiere – im Gegensatz zu Euch.« Ser Johns Stimme blieb gelassen.
    Alcaeus traf eine Entscheidung. Er würde diesen Ritter von niederer Herkunft unterstützen. Es war gleichgültig, worüber die beiden Männer stritten – es ging um ihre Haltung. Die von Ser John war ritterlich. Vielleicht könnte er sogar am Hof überleben.
    Vorsichtig bewegte Alcaeus seine Füße in den Stiefeln. Dann nahm er seinen schweren Dolch und steckte ihn in den Gürtel. Er verließ seine Gemächer niemals ohne Dolch. Nun ging er hinaus in die Halle. Sie war voller Soldaten, die dem Streit lauschten, der in dem Raum dahinter entstanden war. Leichtfüßig lief er die Stufen hinunter.
    Er hatte den Rest des Wortwechsels nicht mitbekommen. Als er eintrat, schwieg der Bürgermeister gerade. Er war ganz rot im Gesicht – dünn und groß, so blond wie ein Engel – und bewegte stumm den Mund.
    Ser Alcaeus stellte sich hinter den alten Ritter. Er

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