Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
Festung errichten?«
»Dazu haben wir nicht genügend Männer.« Der Hauptmann hielt inne. »Aber eigentlich ist das keine schlechte Idee.«
Michaels Ungeduld war deutlich zu bemerken. »Sollten wir vielleicht einen zahmen Dämon beschwören?«, fragte er.
Der Hauptmann kratzte seinen Spitzbart. »Nein«, antwortete er, »aber wenn ich wüsste, wie das geht, würde ich es möglicherweise tun.«
Michael zuckte mit den Achseln.
»Zwei Worte«, half ihm der Hauptmann.
Michael schüttelte den Kopf. »Höhere Mauern?«, fragte er und klang dabei gereizt, denn er wusste, dass es eine dumme Antwort war.
»Nein.«
»Mehr Pfeile?«
»Nicht schlecht, aber nein.«
»Verbündete suchen?«, fragte Michael.
Darauf schwieg der Hauptmann eine Weile und wandte den Blick nach Osten. »Wir haben unsere Verbündeten schon gerufen, aber auch das ist keine schlechte Idee«, sagte er. »Vielleicht sollte ich ihr nachgehen.« Er sah den in modisches Grün gekleideten Adelsspross an und fügte hinzu: »Nein.«
»Verdammt«, sagte Michael. »Darf ich aufgeben?«
»In deiner Eigenschaft als Knappe oder als Hauptmannslehrling?«, fragte der Rote Ritter. »Nicht ich habe damit angefangen, sondern du warst es.« Der Hauptmann nahm das kleine Abzeichen seines Amtes auf, das er fast nie trug. Es hatte dem vorherigen Hauptmann gehört und besaß eine gewisse Geschichte und Amtsgewalt – sogar so viel davon, dass der Hauptmann vermutete, es könnte mit einem Phantasma belegt sein. »Du verfügst über ungefähr einunddreißig Lanzen, sechzehn ältere, aber fähige Sergeanten und eine gut gebaute, aber auch ältere Festung auf gutem Boden. Du musst eine Furt, eine Brücke, einen beständigen Strom von entsetzten Kaufleuten und eine verwundbare Unterstadt mit unzureichenden Mauern verteidigen. Eröffne mir deinen Plan. Wenn er gut genug ist, werde ich ihn als den meinen ausgeben und in die Tat umsetzen. Es gibt viele dumme Antworten, aber es gibt nicht die eine und einzig richtige Antwort. Wenn deine Antwort gut ist, wirst du weiterleben und ein wenig Geld machen. Wenn deine Antwort aber schlecht ist, wirst du versagen und sterben, und mit dir werden etliche unschuldige Nonnen und Bauersleute sterben.« Der Hauptmann schenkte ihm einen seltsamen Blick. »Ich möchte deine Antwort jetzt hören.«
Michael wuchsen bereits so viele Haare am Kinn, dass man es einen Bart nennen konnte, und damit spielte er eine Weile, bevor er sagte: »Bezogen auf unsere augenblickliche Situation? Mit guter Versorgungslage und so weiter?«
Der Hauptmann nickte.
»Schickt Boten um Hilfe aus. Schafft Euch Verbündete unter den örtlichen Herrschern. Versiegelt die Festung, sagt den Kaufleuten vor dem Tor, sie sollen sich aufhängen, und bereitet Euch auf den Feind vor.« Michael betrachtete die Wälder im Osten und dachte weiter nach.
»Boten sind bereits ausgeschickt. Verbündete kosten Geld, und unser Gewinn aus diesem Unternehmen ist sehr gering. Bevor wir diese Anstellung erhalten haben, ging es uns äußerst schlecht. Die moralische Seite möchte ich erst gar nicht behandeln. Wir können die Kaufleute für ihren Schutz zahlen lassen und das Geld mit der Äbtissin teilen. Das wäre nur gerecht, denn es ist ihre Festung, und es sind unsere Waffen.« Der Hauptmann blickte aus dem Fenster auf die fernen Wälder.
Die Sonne zog über den Himmel.
»Ich gebe auf«, gestand Michael ein. »Es sei denn, es handelt sich um etwas so Einfaches wie mehr Felsbrocken für die Belagerungsmaschinen oder mehr Wasser.«
»Ich glaube, ich muss froh sein, dass du es nicht herausgefunden hast, mein Junge, denn du bist sehr klug, und deine Familie hat eine Menge Kriegserfahrung. Wenn du es nicht siehst, dann werden sie es vielleicht auch nicht sehen.« Der Hauptmann deutete aus dem Fenster.
»Sie? Die Kreaturen der Wildnis?«, fragte Michael leise.
Der Hauptmann kratzte sich wieder am Bart. »Unentwegtes Patrouillieren, Michael. Unentwegtes Patrouillieren. Damit beginnen wir in sechs Stunden. Ich schicke unsere Lanzen los, die sich so schnell wie möglich bewegen – in alle Richtungen, aber hauptsächlich nach Osten. Ich will mich mit dem Gelände vertraut machen, will herausfinden, wo unser Feind steckt und ihn dann aus dem Hinterhalt überfallen, bedrängen, ärgern und reizen, bis er anderswohin geht und sich eine leichtere Beute sucht. Wenn er aber beschließen sollte, hierherzukommen und uns zu belagern, dann soll er eine Spur aus Blut – oder was auch immer seine
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