Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
angeboten bekommen.«
Mary war verwirrt. »Was sollen wir denn nicht tun? Mit ihnen ins Bett gehen? Und was sollen wir tun? Willst du etwa lernen, mit dem Bogen zu schießen? Oder willst du zu Meg gehen und Unterricht im Nähen nehmen?«
Elissa schüttelte den Kopf.
»Lis wird nicht einfach damit aufhören, für jeden schönen Jungen die Beine breit zu machen«, sagte Mary.
»Lis kann machen, was sie will. Sie ist alt, aber wir sind das nicht.« Fran sah sich um. »Der Hauptmann sieht nicht schlecht aus.«
Elissa gab ein unanständiges Geräusch von sich. »Er hat was mit einer der Nonnen.«
»Hat er nicht!«, sagte Kaitlin. Sie hatte bisher geschwiegen, aber gewisse Dinge konnte sie nicht unwidersprochen durchgehen lassen.
»Ah, da bist du eine Expertin, ja?«, fragte Mary.
»Ich mache in seinem Zimmer sauber«, sagte Kaitlin. »Manchmal.«
Elissa sah sie an. »Junges Mädchen, du bist ein stilles Wasser.«
»Bin ich nicht!«, wehrte sich Kaitlin.
»Du gehst wirklich in sein Zimmer?«, fragte Elissa.
»Fast jeden Tag.« Kaitlin sah ihre Schwestern nacheinander an. »Was ist?«
Elissa zuckte die Achseln. »Eine von uns könnte in seinem Bett liegen.«
Kaitlin legte die Hand vor den Mund. Mary spuckte aus. Fran sah so aus, als würde sie ernsthaft darüber nachdenken.
»Zu verzweifelt«, verkündete Fran. »Außerdem ist er ebenfalls ganz schön beängstigend.«
»Unheimlich«, sagte Mary.
»Aber sein Knappe ist bildschön«, sagte Elissa.
Kaitlin errötete. Zum Glück sahen die anderen sie in diesem Augenblick nicht an.
Nordwestlich von Lissen Carak · Thorn
Thorn musste mehr in Erfahrung bringen. Er musste dafür sorgen, dass seine Vertrauensperson auf dem Felsen weniger zurückhaltend war. Während Thorn im abnehmenden Licht durch den Wald lief, rief er die Vögel aus der Luft herbei. Nun erkletterte er einen Hang nach dem anderen. Der Abstieg auf der Nordseite war nie so steil und lang wie der Anstieg, und er lief immer tiefer ins Gebirge hinein. Die Bäume wurden spärlicher, und er bewegte sich noch schneller, je freier das Gelände vor ihm wurde.
Zwei Raben stiegen auf seine Fäuste herab, als wären sie die Falken eines Ritters. Er sprach mit ihnen, pflanzte Botschaften in ihre weisen Köpfe und schickte sie zur Festung. Niemand verdächtigte Raben. Sie stiegen über ihm auf und flogen nach Südwesten, während er sich umdrehte und sah, wie hoch er bereits gelangt war.
Er schaute über die Wildnis hinaus. Zu seinen Füßen, tief unter ihm, befand sich eine Reihe von Teichen, die wie Miniaturseen in den letzten Sonnenstrahlen glitzerten. Der Fluss, der sie miteinander verband, war ein Faden aus Silber, der hier und da im Gewebe der Bäume aufleuchtete.
Er wandte sich wieder um und kletterte noch höher. Nun wurde der Pfad steiler, und er kam nicht mehr ganz so schnell voran. Er musste seine langen, mächtigen Arme benutzen, mit denen er sich von Baum zu Baum zog. Der Fluss an seiner Seite stürzte nun in einer Reihe von Wasserfällen hinab.
Er zog sich an einem glitschigen Felsen hoch und stemmte sich mit schierer Kraft hinauf, breitete die Arme weit aus und ächzte vor Anstrengung, als sie das volle Gewicht seines riesigen Körpers tragen mussten. Zu seinen Füßen befand sich ein tiefer und schwarzer Teich, und ein Wasserfall ergoss sich aus einer Höhe von hundert Fuß in ihn hinein. Die Gischt durchnässte Thorn in wenigen Augenblicken. Er bückte sich und trank in tiefen Zügen aus dem magischen Teich.
Ein Kopf durchbrach die Oberfläche nur eine Armeslänge von ihm entfernt, und er fuhr zusammen.
Wer trinkt aus meinem Teich?
Die Worte erschienen in seinem Kopf, ohne dass ein einziges Wort ausgesprochen worden wäre.
»Mein Name ist Thorn«, sagte er.
Die Kreatur stieg aus dem Teich; schwarzes Wasser floss an ihr herunter. Sie wuchs und wuchs. Ihre Haut war tintenschwarz und leuchtete wie Obsidian.
Das Wesen bewegte sich schnell, und doch schien es vollkommen reglos zu sein. Der Wandel war schwer mitzubekommen und schien beständig am Rande von Thorns Blickwinkel stattzufinden. Als das Wesen endlich vollkommen aufgetaucht war, war es um ein Viertel größer als der Zauberer.
Es war ein glänzender schwarzer Steingolem ohne Gesicht, ohne Augen, ohne Mund.
Ich kenne dich nicht.
»Ich weiß ein wenig von dir«, sagte Thorn. »Und ich weiß, dass ich Verbündete brauche. Es heißt, dass du und deinesgleichen furchterregende Krieger seid.«
Ich spüre deine Macht. Sie ist
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