Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
beträchtlich.
»Ich erkenne deine Schnelligkeit und Stärke. Sie sind ebenfalls beträchtlich.« Thorn nickte.
Genug des Redens. Was WILLST DU ?
Dieser Gedankenschrei hätte Thorn beinahe auf die Knie gezwungen. »Ich will ein Dutzend von deiner Art zu meinen Schutzwächtern haben. Als Soldaten.«
Das glatte Ungeheuer warf den Kopf zurück und lachte. Plötzlich hatte es doch einen Mund – mit grausam spitzen Zähnen. Der Stein seines Gesichts – falls es Stein war – schien wie Wasser zu fließen. Wir dienen niemandem.
Thorn hätte gelächelt, wenn es ihm noch möglich gewesen wäre. Stattdessen webte er einfach seinen Bindezauber. Gleichzeitig schirmte er seinen Geist vor dem Schrei ab, von dem er sicher war, dass er gleich folgen würde.
Der Troll versteifte sich. Er kreischte, während seine Zähne wie Felsen in einem überfluteten Fluss gegeneinanderkrachten. Aus seinen glatten Armen wuchsen Hände und Krallen, die nach Thorn griffen.
Der Zauberer regte sich nicht. Das Netz seines Willens legte sich in glitzernden grünen Fäden über die Kreatur und zog sich zusammen. Schnell war alles vorbei.
Ich werde dich und alle deiner Art auf eine Weise töten, die so schrecklich ist, dass dein Verstand sie niemals begreifen wird.
Thorn drehte sich um. »Nein, das wirst du nicht«, sagte er. »Und jetzt gehorche! Wir müssen weitere von deiner Art finden, denn vor uns liegt eine lange Nacht.«
Der Troll tobte unter seinem Netz wie ein Wolf im Käfig. Er schrie – seine glockenartige Stimme hallte durch die Wildnis.
Thorn schüttelte ganz leicht den Kopf. »Gehorche«, sagte er abermals und ließ noch mehr von seinem Willen in das Netz fließen.
Das Ungeheuer leistete ihm Widerstand und zeigte böse schwarze Zähne in einem schwarzen Mund. Sein ganzer Körper strebte Thorn entgegen.
Für Thorn war es wie Armdrücken gegen ein Kind. Gegen ein starkes zwar, aber dennoch bloß gegen ein Kind. Er schmetterte seinen Willen gegen den des Trolls, und dieser zerfiel.
Das war die Art der Wildnis.
Die anderen Trolle waren nicht schwer zu finden, und der zweite war beträchtlich leichter zu überwinden als der erste, aber beim siebenten war es viel schwieriger als beim sechsten. Als die Sonne untergegangen war, hatte er eine lange Reihe von Trollen hinter sich und fühlte sich wie jemand, der schwere Gewichte gestemmt hat und die Arme nicht mehr heben kann.
Er saß in einer engen Schlucht und lauschte dem Wind, während seine Trolle mit leeren Gesichtern um ihn herumhockten.
Nach einiger Zeit, als die Sonne hinter den Rand der Welt gesunken war, fühlte er sich besser und streckte einen Fühler seiner Macht nach der dunklen Sonne in der fernen Festung aus.
Und er zuckte vor dem zurück, was er dort vorfand, denn …
Lissen Carak · Der Rote Ritter
Der Hauptmann lehnte sich gegen die Zinnen der Ringmauer, die das äußere Tor schützte. Er war hierhergekommen, weil ihm die enge Kommandantur plötzlich zu stickig und bedrückend erschienen war.
Er hatte ihr eine Nachricht hinterlassen. Weil er keine fünfzehn Jahre mehr alt war, hatte er ihr nicht zehn, sondern nur eine einzige geschrieben und sie in die Astgabel des alten Apfelbaums gesteckt. Nachdem er sich verflucht hatte, weil er auf sie gewartet und gehofft hatte, sie könnte wie durch Magie plötzlich erscheinen, war er zu der Ringmauer gegangen, um ein wenig Luft zu schnappen.
Die Sterne leuchteten am fernen Himmel, und unter ihm sah er Feuer im Hof der Brückenburg. Die Unterstadt am Fuß der Erhebung war leer. Eine Rumpfwache hatte man dort stationiert. Kein Licht war zu sehen.
Er blickte in die Dunkelheit hinaus. Die Wildnis war so finster wie das Meer.
Etwas suchte nach ihm. Zuerst war es nur ein Prickeln in seinen Haaren, dann eine Vorahnung von Verderben, und schließlich fühlte er sich so verwundbar wie nie zuvor in seinem Leben. Er kauerte sich auf der Ringmauer zusammen und kämpfte gegen eine besonders schlimme Kindheitserinnerung an.
Als es nicht nachließ, holte er tief Luft und zwang sich, wieder eine aufrechte Haltung einzunehmen. Er drehte sich um und zwang sich, trotz der niederschmetternden Angst die Treppe hochzusteigen, die zum ersten Turm führte. Schon die zweite Stufe war schwierig, und bei der vierten und fünften musste er sich mit den Händen abstützen; bei der achten kroch er bereits auf allen vieren. Aus seinem Willen fügte er ein Schwert zusammen und stieß sich weiter hinauf. Sobald er den Steinturm betreten hatte,
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