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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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Diota sie. »Wenn er der beste Ritter der Welt ist, dann sollte er die Maßstäbe setzen.«
    Sie sahen einander böse an. Aber Diota kannte ihre Pflichten. Sie lächelte. »Ich bin sicher, dass er ein großer Ritter ist, Mylady.«
    Die Königin schüttelte den Kopf. »Ich gestehe, dass ihm irgendetwas fehlt«, sagte sie.
    Diota schnaubte verächtlich.
    »Danke, Zofe. Das reicht. Trotz deines unhöflichen Benehmens magst du recht haben. Zweifellos muss der König Lorica etwas Gutes tun. Da käme das Turnier gerade recht, wenn es zur richtigen Zeit abgehalten wird, wenn die Armee auf dieser Straße zurückkehren wird und wenn die Stadtväter einverstanden sind. Und ich würde mein Turnier bekommen.« Sie läutete eine silberne Glocke, und sofort öffnete sich die Tür zu ihrem Gemach. Ihre Schreiberin Lady Almspend trat ein; sie war eine der wenigen Frauen von Albia, die auf der Universität ausgebildet worden waren.
    »Zwei Briefe bitte, Becca.«
    Lady Almspend machte einen Knicks, setzte sich an den Schreibtisch und holte aus ihrem Beutel einen silbernen Stift sowie ein Tintenfässchen hervor.
    »An den Bürgermeister und den Schulzen von Lorica. Die Königin von Albia entbietet ihnen Grüße …«
    Sie diktierte rasch und flüssig und machte nur dann eine Pause, wenn ihre Schreiberin mit gleicher Flüssigkeit Titel und Höflichkeitsfloskeln einfügte. Es war üblich, dass sich Könige und Königinnen berühmter Gelehrter als Schreiber bedienten, da sich die meisten Adligen nicht die Mühe machten, diese Fertigkeiten zu erlernen, und andere mit ihren Schreibarbeiten beauftragten. Rebecca Almspend gelang es jedoch, zarte Gedichte zu schreiben, über die Troubadoure der letzten zwei Jahrhunderte zu forschen und daneben auch noch die Zeit zu finden, ihre Aufgaben gründlich zu erledigen.
    »An Seine albische Majestät, von seiner ergebenen, liebenden Gemahlin …«
    Lady Almspend schenkte ihr einen schelmischen Blick.
    »Schreibt, was ich meine – und nicht, was ich sage«, meinte Desiderata.
    »Euer Gnaden werdet mir vergeben, wenn ich anmerke, dass Eure Selbstdarstellung als eigensinnige Schönheit Eure offensichtliche Klugheit bisweilen ein wenig überschattet«, sagte Lady Almspend.
    Sanft fuhr Desiderata mit den Fingernägeln über den Arm ihrer Schreiberin. »Sorgt dafür, dass mein Brief zurückhaltend klingt und er nur erfährt, wie brillant ich bin, wenn er sich Gedanken über die Pläne für seine neuen Kriegswagen macht«, sagte sie. »Zeige ich ihm dagegen, wie klug ich bin, wird ihm das nur Qualen bereiten. Meine liebe Becca, die Männer sind so, und Ihr werdet niemals einen Liebhaber gewinnen, nicht einmal einen bebrillten Kaufmannsfürsten, der Euren Kopf anbetet, weil Ihr in der Lage seid, lange Zahlenkolonnen zu schreiben, wenn Ihr Euer Gesicht mit einem Schleier bedeckt und jedem Liebhaber beweisen wollt, dass Ihr die Klügere von Euch beiden seid.« Die Königin wusste nur zu gut, dass ihre vergeistigte Schreiberin die Hingabe des stärksten und männlichsten der königlichen Gardisten errungen hatte, was bei Hofe höchstes Erstaunen ausgelöst hatte. Sogar die Königin hätte gern gewusst, wie das hatte geschehen können.
    Lady Almspend hielt sich völlig reglos, und die Königin bemerkte, dass sie sich gerade eine heftige Erwiderung verkniff.
    Die Königin küsste sie. »Fasst Euch, Becca. In gewisser Hinsicht bin ich noch gelehrter als Ihr.« Sie lachte. »Außerdem bin ich die Königin.«
    Über diese Wahrheit musste sogar die biedere Lady Almspend lachen. »Ihr seid wahrlich die Königin.«
    Später, als die Königin Recht sprach, ließ sie zwei Knappen des Königs rufen und schickte sie mit den Briefen fort. Der eine war erfreut, zur Armee gehen zu können, wenn auch nur für einen oder zwei Tage, der andere war niedergeschlagen, weil er bloß in eine Handelsstadt reiten durfte und einem Ritter im Ruhestand einen Brief zu übergeben hatte.
    Die Königin erlaubte beiden, ihr die Hand zu küssen.
    Nördlich von Harndon · Harmodius
    Harmodius verbrachte die zweite schlaflose Nacht. Er versuchte nicht daran zu denken, wie leicht ihm so etwas vor vierzig Jahren gefallen war. Doch als er heute Nacht auf einem erschöpften Pferd sehr langsam die Straße entlangritt, konnte er nur hoffen, dass seine Hände nicht vom Sattelknauf abrutschten und das Pferd nicht stolperte, kein Hufeisen verlor oder einfach unter ihm zusammenbrach.
    Er hatte all seine Energiereserven aufgezehrt. Er hatte Wächter

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