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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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belegte die Fliegen mit einem kleinen Bann.
    Die Müdigkeit, die wie ein Kettenhemd um ihn lag, drückte ihm plötzlich das Herz zusammen. Aber er kniete sich dennoch neben den Verwundeten, und der alte Bob hielt die Laterne darüber.
    Einen Moment lang sah der verletzte Ritter wie der König aus.
    Harmodius beugte sich tiefer über ihn und untersuchte die Wunden. Es waren drei Stiche und einige Schnitte – nichts, was einen gesunden Mann zu töten imstande war. Doch dann bemerkte er die Verbrennungen. Im gelblichen Kerzenschein wirkten die Augen des Mannes wie rote Gruben.
    »Gütiger Jesus«, sagte der Magier.
    Das, was er für Schmutz an der Schulter des Mannes gehalten hatte, war gar kein Schmutz. Sein Kettenhemd hatte sich ihm ins Fleisch gesengt. Die Verbrennungen waren nicht rot, sie waren schwarz.
    »Er stand einem Adversarius gegenüber«, sagte einer der Männer. »Einem Dämon der Hölle, der Feuer auf ihn geworfen hat.«
    Harmodius spürte, wie ihm die Augen zufielen. Er besaß nicht die Macht, diese tapfere Seele zu retten, was sehr enttäuschend war, vor allem da er nur ein wenig organische Macht benötigte, um die Verbrennungen zu lindern. Es bedurfte keiner großen Macht, aber großer Geschicklichkeit, das entsprechende Phantasma zu bilden.
    Doch der Umstand, dass die benötigte Macht organischen Ursprungs war, brachte ihn auf einen Gedanken.
    Er betastete seine eigenen Reserven, die er über die Jahre sorgfältig verzaubert hatte – getränkt in Sonnenmacht, imprägniert mit dem reichen goldenen Licht der Heiligen Sonne. Aber alles war kalt und leer. Genauso verhielt es sich mit seinem größten Speicher – seiner eigenen Haut. Leer, kalt und müde.
    Und doch, nach der Logik des Experiments in seinem Turm …
    »Tretet alle beiseite«, befahl er. Ihm fehlte die Kraft, das zu erklären. Entweder es wirkte, oder es wirkte nicht. »Ich bin erschöpft«, sagte er zu dem alten Soldaten. »Du weißt, was das bedeutet?«
    »Das heißt, Ihr könnt nicht heilen, oder?«, meinte der alte Bob.
    »So ungefähr. Ich werde versuchen, eine Quelle in der Nähe anzuzapfen. Wenn es mir nicht gelingt, wird nichts passieren. Aber wenn es doch gelingt …« Harmodius rieb sich die Augen. »Bei Hermes und allen Heiligen, wenn es gelingt, wird wahrscheinlich etwas passieren.«
    Der alte Bob schnaubte verächtlich. »Drückt Ihr Euch immer so klar aus?« Er streckte einen Becher vor. »Trinkt erst einmal. Guter, roter Wein.«
    Harmodius schob ihn beiseite. Die anderen Männer wichen zurück oder flohen zum Feuer. Niemand hatte vor, einem Zauberer bei der Arbeit zuzusehen – mit Ausnahme des alten Bob, der ihn mit der vorsichtigen Neugier einer Katze beobachtete.
    Harmodius griff in die Finsternis, bis er einen Teich aus jener grünen Macht fand, von der er wusste, dass sie dort war. Und nicht mal weit entfernt. Er bediente sich einfach ihrer Kraft …
    … und die Nacht explodierte in einem ungeheuren Kreischen.
    Man arbeitete nicht viele Jahre mit den gewaltigsten Kräften des Universums, ohne dabei eine Konzentrationsfähigkeit zu erlangen, die an die schiere Unbarmherzigkeit grenzte. Harmodius richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf die Macht, die schwierig zu handhaben und zu ergreifen war, und irgendwie fühlte sie sich falsch an. Diese Falschheit hätte ihn sofort zurückgestoßen, wenn er nicht durch sein früheres Experiment die wissenschaftliche Bestätigung dafür gehabt hätte, dass eine Kreatur der Wildnis und die Hermetik aufeinander einwirken konnten.
    Das Kreischen ging weiter, und die Männer um ihn herum fielen in eine Art disziplinierter Panik. Sie ergriffen ihre Waffen und beruhigten die Pferde. Harmodius war sich ihrer bewusst, doch es reichte nicht aus, um die eiserne Kette seiner Verbindung zu der fernen grünen Quelle der Macht zu durchtrennen, die er wie ein Säugling festhielt, der gierig an der Brust nuckelte.
    Unbarmherzig.
    Und dann war es in ihm und erfüllte ihn mit seinem seltsamen, bitteren, wintergrünen Hauch, und da war Angst, viel mehr, als er für seine kleine Zauberei benötigte. Aber er arbeitete damit, wirkte zunächst eine komplexe Bindemagie und dann zwei gleichzeitige Phantasmata, die ihn selbst in zwei voneinander unabhängig arbeitende Teile spaltete, wie sein Meister es ihn vor so langer Zeit gelehrt hatte. Und dann war plötzlich so viel Macht da, dass er sich noch einmal abspalten und ein Bewusstsein als Wache in die Finsternis aussenden konnte. Der Griff nach der grünen

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