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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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Energie, so wie er ihn bewirkt hatte, schien wie der Tritt in einen Ameisenhaufen gewesen zu sein.
    Eine Dorfhexe konnte die Macht durch jede ihrer beiden Hände fließen lassen. Harmodius hingegen war es möglich, jeden einzelnen Finger als Kanal zu benutzen, und er war in der Lage, andere Dinge an seinem Körper – Ringe und Ähnliches – als Speicher oder Klammern einzusetzen.
    Und nun setzte er viele davon ein.
    Zunächst blickte er in die Wunden hinein. Sie waren schlimmer, als es im Feuerglanz den Anschein gehabt hatte. Die Haut war schwarz versengt, und an einigen Stellen reichten die Verletzungen bis in das Fett- und Muskelgewebe.
    Es waren tödliche Verbrennungen.
    Der Mann entglitt ihm, als Harmodius sich daran machte, die Schmerzen zu lindern und die schlimmsten Wunden zu heilen.
    Es gab nichts Schwierigeres als das Heilen von Verbrennungen, und trotz all seiner Macht war Harmodius kein Heiler. Ein Dutzend Herzschläge lang jonglierte er mit etlichen Machtfühlern, versuchte das verbrannte Gewebe zu erneuern und fügte ihm dabei bloß noch weitere Verbrennungen zu. Die erforderliche Selbstbeherrschung war ungeheuerlich, und in seiner Enttäuschung und Erschöpfung entglitt ihm mehr von der grünen Macht, als ihm lieb war. Sie rollte erst in Wellen durch ihn hindurch, dann gab er sie ungemildert an die Schulter des jungen Mannes weiter.
    Harmodius hatte von Heilungswundern gehört, aber er hatte noch nie eines gesehen. Unter seiner Hand aber heilte nun ein Fleck von der Größe einer Bronzemünze. Die Brandwunde, die unter Harmodius’ verstärktem Blick pulsierte, wurde einfach blass und blasser und war schließlich ganz verschwunden.
    Es war unglaublich.
    Harmodius hatte keine Ahnung, was er getan hatte, aber er war ein empirischer Magus, und so griff er nach noch mehr Macht, zog sie aus ihrer Quelle wie jemand, der einen großen Meeresfisch mit einer kleinen Angel an Land ziehen wollte, pumpte sie dann durch seine Hände in die Flecken aus versengtem Fleisch …
    … und es verheilte.
    Er tastete nach noch mehr Macht, ergriff sie, kämpfte mit der Quelle und überwand deren Widerstand mit seiner schieren Willenskraft, sog die grüne Macht in seine Seele und gab sie durch die Hände an den Ritter weiter, dessen Augen sich plötzlich unter einem lauten Schrei öffneten.
    Harmodius taumelte zurück.
    Die Schreie aus dem Wald verstummten.
    »Warum hast du mich umgebracht?«, fragte der junge Ritter anklagend. »Ich war so schön!«
    Er sackte zusammen, und seine Augen schlossen sich wieder.
    Harmodius streckte die Hände aus und berührte ihn. Er schlief, und die Haut an Hals, Brust, Rücken und Schultern blätterte ab. Die schwarzen Stellen und der Schorf wichen dem neuen Fleisch, das sich darunter gebildet hatte.
    Neues, bleiches Fleisch.
    Mit Schuppen.
    Harmodius zuckte zurück und versuchte zu begreifen, was er getan hatte.
    Lissen Carak · Der Rote Ritter
    Der Hauptmann erwachte und war noch immer müde. Er stand auf, rief nach Toby und taumelte zu seinem Waschbecken.
    Toby kam herein. Während er auf einem Keks herumkaute, legte er die Kleidung des Hauptmanns zurecht. Er bewegte sich vorsichtig, und aus seinem abgewandten Kopf schloss der Hauptmann, dass etwas nicht stimmte. Was immer es sein mochte, er würde es selbst herausfinden müssen.
    »Was gibt es Neues, Toby?«, fragte der Hauptmann.
    »Kobolde auf dem Feld«, sagte der Junge und kaute weiter.
    »Wo ist Michael?«, fragte der Hauptmann, als niemand kam, um ihm beim Anlegen und Festknöpfen seiner Hose zu helfen.
    Toby hatte noch immer den Blick abgewandt. »In der Kapelle, nehme ich an.«
    »Nur wenn Jesus in der letzten Nacht persönlich zu Michael gekommen ist«, meinte der Hauptmann. Morgens war er immer unleidlich. Toby trug daran keine Schuld, aber der Junge vergötterte den Knappen und würde ihn niemals verpetzen.
    Der Hauptmann legte sich die Hose selbst an, nahm ein altes Wams und schnürte es auf. Er rief erst nach Michael, als er bereit war, die Ärmel zuzubinden. Als der junge Mann noch immer nicht erschien, nickte er Toby zu. »Ich gehe auf die Suche nach ihm«, sagte er.
    Toby wirkte erschrocken. »Ich werde gehen, Meister!«
    Der Hauptmann war verärgert. »Wir können zusammen gehen«, sagte er, und schon trugen ihn seine langen Beine aus dem Gemach und den Gang hinunter zur Kommandantur, wo Michael schlief.
    Toby versuchte, früher als er bei der Tür zu sein, doch aufgrund seiner kürzeren Beine und seiner ehrerbietigen

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