Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
ist. Wir müssen uns so verhalten, als hätten wir einen endlosen Vorrat an Männern und Material zur Verfügung, und außerdem müssen wir versuchen, die Straße nach Osten offen zu halten. Wir müssen den Feind in Schlachten locken, die wir selbst bestimmen.« Er sah seine Offiziere nacheinander an. »Haben das alle verstanden?« Dann begegnete sein Blick dem der Äbtissin. »Wir sollten uns jetzt bereitmachen, die Brücke zu zerstören.«
Sie nickte. »Dafür gibt es ein Phantasma. Es wird ständig überwacht. Wenn ein bestimmter Schlüssel im Schloss des Tores umgedreht wird, fällt die ganze Brücke in den Fluss.«
Die Offiziere bekundeten ihre anerkennende Zustimmung.
Der Hauptmann erhob sich. »Sehr gut. Milus, Jehannes, ihr habt den Befehl über mein Bauvorhaben. Tom, Pampe, ihr führt die Patrouillen an. Bent, du kümmerst dich um die Gestelle für die Armbrüste und bringst sie an den vier geschützten Positionen unter, die Michael eingezeichnet hat.« Er lächelte. »Bent, dir obliegen die Wachwechsel innerhalb der Festung. Mach dir dabei keine Gedanken, wer Soldat, wer Diener und wer Bogenschütze ist. Wichtig ist allein, dass die Anzahl der Männer stimmt.«
Alle nickten.
»Habt Ihr vor, ein Nickerchen zu machen?«, fragte Tom Schlimm.
Der Hauptmann lächelte die Äbtissin an. »Mylady und ich werden einen hübschen Nebel steigen lassen«, sagte er. »Sie ist ein äußerst … potenter Magus.«
Nun hatte er das Vergnügen zu sehen, wie sich ihre Augen vor Überraschung weiteten.
»Und Ihr, Hauptmann?«, fragte Jehannes vorsichtig.
»Ich bin nur ein durchschnittlich begabter Magus.« Er nickte seinem neuen Konstabler zu. »Ach, Michael, bleib bitte hier.«
Die anderen Offiziere traten zur Seite. Michael hingegen stand unbehaglich in der Tür, und nach wenigen Augenblicken waren sie nur noch zu dritt.
»Was hast du zu deinen Gunsten zu sagen?«, fragte die Äbtissin den Knappen.
Michael wand sich. »Ich liebe sie«, sagte er.
Zu seiner großen Überraschung lächelte sie.
»Unter den gegebenen Umständen war dies die beste Antwort, die du geben konntest. Wirst du sie heiraten?«, fragte sie.
Der Hauptmann gab ein schnaubendes Geräusch von sich.
Michael richtete sich auf. »Ja.«
»Du bist wahrhaft ein schneidiger junger Narr«, sagte die Äbtissin. »Wessen Sohn bist du?«
Michael kniff die Lippen zusammen. Die Äbtissin winkte ihn zu sich heran, und er trat an ihre Seite. Sie beugte sich vor, berührte seine Stirn, und es ereignete sich ein so großartiger Ausbruch von Farbe und Glitzern, als wäre ein sonnenerhellter Spiegel zersplittert.
»Towbrays Sohn«, sagte sie und lachte. »Ich kenne deinen Vater. Du siehst doppelt so gut aus wie er und bist auch doppelt so anmutig. Ist er noch immer der schwache Mann, der mit jedem Windstoß die Seiten wechselt?«
Michael blieb standhaft. »Ja, das ist er«, sagte er.
Die Äbtissin nickte. »Hauptmann, ich werde in dieser Sache nichts unternehmen, bis unser Krieg ausgestanden ist. Aber was ich jetzt sage, sage ich als Frau, die zusammen mit den Großen am Hof gelebt hat – und auch als Astrologin. Dieser Junge könnte es sehr viel schlechter getroffen haben als mit Kaitlin Lanthorn.«
Michael sah seinen Herrn an, den er mehr fürchtete als zehn Äbtissinnen. »Ich liebe sie, Mylord«, sagte er.
Der Hauptmann dachte an die Botschaft in seinem Panzerhandschuh und daran, was die Äbtissin soeben gesagt hatte. Er hatte die Macht ihrer Worte gespürt, die an eine Prophezeiung gegrenzt hatten.
»Also gut«, sagte er. »Die besten Romanzen erblühen mitten in einer zünftigen Belagerung. Michael, es wird dir nicht vergeben, aber es wird Pardon gewährt. Dieses Pardon erstreckt sich aber nicht auf weitere Herumtollereien in meinem Gemach. Ist das klar?«
Die Äbtissin sah den Knappen lange und eindringlich an. »Wirst du sie wirklich heiraten?«, fragte sie.
»Ja«, erwiderte der Knappe trotzig, verneigte sich und verließ den Raum.
Der Hauptmann grinste die Äbtissin an. »Und die Schwestern werden mit ihr gehen? Sie werden das Burgleben ganz schön durcheinanderwirbeln; daran hege ich keinen Zweifel.«
Sie zuckte die Achseln. »Er sollte sie heiraten. Ich spüre, dass es richtig ist.«
Der Hauptmann seufzte. Und er seufzte ein weiteres Mal, als er erkannte, dass niemand da war, der ihm jetzt die Rüstung abnehmen konnte.
»Sollen wir ein wenig Nebel machen?«, fragte er.
Sie streckte die Hand aus. »Nichts würde ich lieber
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