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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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fasziniert, mit welcher Präzision er dabei vorging und den feinen Stahlbohrer durch die schwere Bronze trieb. Dann trug er die Röhre aus dem Laden in den Hof und schüttete vier Löffel Schwarzpulver hinein. Schließlich suchte er nach etwas, womit er die Röhre verschließen konnte.
    Still reichte ihm Edward ein Vogelglöckchen. Das war hohl und nicht vollkommen rund, aber es reichte für diesen Zweck aus.
    Der Meister band die Röhre an die Eiche, steckte einen Docht in das gebohrte Loch und entzündete ihn. Beide suchten sofort hinter der Ziegelwand des Stalles Schutz.
    Und das war auch gut so.
    Das zischelnde, brennende Pulver gab einen Blitz von sich, und dann ertönte ein Knall wie … wie von etwas Hermetischem.
    Es hatte die Borke in einem handbreiten Streifen vom Stamm gerissen.
    Die Röhre hatte sich aus ihrer Verankerung gelöst und einen Pferdetrog durchschlagen – einen soliden hölzernen Pferdetrog, aus dem sich nun das schmutzige Wasser in den Hof ergoss.
    Erst einen Tag später entdeckten die Lehrlinge das Vogelglöckchen. Eigentlich fanden sie nicht das Glöckchen selbst, sondern nur das saubere, runde Loch, das es in das Schieferdach der Schmiede geschlagen hatte.
    Edward betrachtete das Loch und stieß einen Pfiff aus.
    Lissen Carak · Der Rote Ritter
    Von den Pfeilen hatte der Hauptmann sechs große Prellungen davongetragen. Anderen war es schlechter ergangen. Stiefellecker war tot, trotz Bill Hakens – den Adligen als Ser Willem Greville bekannt – emsigen Versuchen, ihn zu retten. Francis Atcourt hatte einen Wildbubenpfeil in die Eingeweide bekommen; er war durch ein Gelenk in der Rüstung gefahren. Wat Simpel und Eichbank waren an den Gliedern getroffen worden und kreischten vor Schmerz und Angst, die Spitzen könnten vergiftet sein.
    Wären nicht all die Nonnen gewesen, so wären sie an ihren Wunden gestorben.
    Die Geschicklichkeit und Macht der Nonnen war tatsächlich so groß, dass jeder Mann, der nicht gleich getötet wurde, offenbar geheilt wer den konnte. Der Hauptmann, der sich gerade erst mit der Vorstellung vertraut machte, dass die Frauen in diesem Konvent allesamt die Macht besaßen, war verblüfft davon, dass sie bereit waren, diese Macht bei seinen Männern anzuwenden. Pampe hatte sechs Verwundete, einschließ lich Langpfote, der in jeder Hinsicht einer ihrer besten Männer war.
    Aber das Sperrfeuer aus Phantasmata war wirksamer, als es das Sperrfeuer aus Pfeilen gewesen war.
    Der Hauptmann ging in seiner Armeekleidung durch den Krankensaal. Die Verwundeten waren so fröhlich, wie nur jemand sein konnte, der aufwachte und feststellen durfte, dass eine scheußliche Wunde völlig verschwunden war. Die Frau namens Eichbank, deren dunkle, holzfarbene Haut und schwere Muskeln ihr diesen Namen gegeben hatten, lag da und lachte schallend über eine von Mutwill Mordlings Geschichten. Wat Simpel war schon fort; der Hauptmann hatte gesehen, wie er draußen bereits wieder Piquet spielte. Langpfote sah Eichbank beim Lachen zu.
    »Ich dachte schon, es ist um mich geschehen«, gab er zu, als sich der Hauptmann auf seine Bettdecke setzte, und zeigte ihm die Stelle, wo ihm ein Pfeil in die Brust gedrungen war. »Ich hatte Blut gehustet, und ich weiß, was das heißt.« Er setzte sich auf, hustete und sah die Novizin in der Ecke an. »Die hübsche Nonne da sagt, wenn er nur einen Fingerbreit tiefer gesessen hätte, wäre ich tot gewesen.« Er zuckte die Schultern. »Ich verdanke ihr mein Leben.«
    Der Hauptmann drückte Langpfotes Schulter. »Wie fühlst du dich?«, fragte er. Er wusste, dass es eine dumme Frage war, aber sie gehörte nun einmal zu seinen Hauptmannspflichten.
    Langpfote sah ihn kurz an. »Na ja«, sagte er dann, »ich habe mich gefühlt, als wäre ich tot, und jetzt bin ich es doch nicht. Das ist gar nicht schlecht – gar nicht schlecht.« Er lächelte, aber es war nicht das übliche Lächeln des Bogenschützen. »Habt Ihr Euch schon mal gefragt, warum wir hier sind, Hauptmann?«
    Die ganze Zeit hindurch, dachte er zwar, antwortete aber: »Manchmal.«
    »Ich stand noch nie so kurz vor dem Tod«, fuhr Langpfote fort und legte sich zurück. »Ich vermute, in einem Tag bin ich wieder auf dem Damm«, sagte er und lächelte; nun wirkte er wieder mehr wie er selbst. »Oder in zwei Tagen.«
    Die schöne Novizin war natürlich Amicia. Sie saß zusammengesunken auf einem Stuhl am Ende des Krankensaales. Als er sie sah, begriff der Hauptmann, dass er gehofft hatte, sie hier zu finden.

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