Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
abgeschnitten, und nun war ein anderes Geräusch zu hören – schnelles Hufgeklapper.
Plötzlich stand Skadai auf dem Weg, nur einige Armlängen von ihm entfernt, und rief leise etwas. »Dodak-geer-lohn!«, sagte er. »Gots onah!«
Überall um Peter herum erhoben sich die Krieger aus ihrem Hinterhalt, rieben sich die Glieder oder kratzten sich Borken und Laub von der Haut. Die Hälfte von ihnen machte sich sofort daran, Wasser zu lassen. Peter tat es ihnen gleich. Er hatte nie gewusst, dass Urinieren zu einem so großen Vergnügen werden konnte.
Aber Skadai blieb in Bewegung. Ota Qwan klopfte Peter auf die Schulter. »Beeil dich«, sagte er, als ob Peter ein Kind wäre.
Peter nahm seinen Bogen auf und folgte den anderen.
Sie liefen etwa zwanzig Pferdelängen auf dem Weg nach Osten und stießen auf ein totes Pferd sowie auf einen Mann, der unter dem Tier eingeklemmt war. Man hatte ihm die Kehle durchgeschnitten. Sein Blut sammelte sich zwischen den Steinen und tröpfelte in einer klebrigen Spur hangabwärts auf den Fluss zu.
Nachdem sie lange Zeit weitergelaufen waren, schwärmten sie plötzlich zwischen den großen Bäumen aus. Der Fluss lag inzwischen hinter ihnen, und Peter hatte große Angst. Sie rannten geradewegs auf den Feind zu – oder zumindest hatte es den Anschein.
Skahas Gaho musste es genauso sehen, denn als sie einmal stehen blieben, stellte er sich vor Ota Qwan und sagte etwas, das eindeutig ein Protest war.
Ota Qwan schlug ihn. Es war kein heftiger Hieb, aber ein schneller, und der jüngere Krieger krümmte sich vor Schmerz zusammen.
Ota Qwan sprach schnell; Speichel flog ihm dabei aus dem Mund.
Skadai lief beinahe lautlos herbei, hörte Ota Qwan zu, nickte und rannte an der lockeren Linie der Krieger entlang, die sich zu beiden Flanken so weit zwischen den Bäumen erstreckte, wie das Auge reichte. Hier waren die Bäume derart gewaltig – in der Hauptsache handelte es sich um uralte Ahorne und Buchen mit wunderbaren Kronen –, dass zwei Männer sie nicht mit ausgestreckten Armen umfangen konnten. Aber wegen des hohen Blätterbaldachins gab es nur wenig Unterholz, und obwohl der Waldboden mit Sonnenschein gesprenkelt war, wuchs mit Ausnahme der prächtigsten Irisse, die Peter je gesehen hatte, nur wenig auf dem Teppich aus altem Laub.
Skahas Gaho richtete sich wieder auf, sah Skadai böse an und spuckte in Ota Qwans Richtung. Er sagte etwas zu den anderen Kriegern und rannte dann an der Formation entlang. Brant drehte sich um und wollte ihm folgen, während Ota Qwan eine Braue hob.
Peter handelte, ohne nachzudenken. Er schob Ota Qwans Bogenarm heftig beiseite.
Der Krieger versuchte ihm mit der Spitze seines Bogens einen Schlag gegen das Ohr zu versetzen, aber Peter packte die Waffe und drehte Ota Qwans rechten Arm mit einer einzigen Bewegung um, sodass dem Mann die Schulter ausgerenkt zu werden drohte.
»Ich wurde nicht als Sklave geboren«, sagte Peter. »Leg dich nicht mit mir an.«
»Sie wollen desertieren!« Ota Qwan sah zu, wie die beiden Männer wegliefen.
»Du hast Skahas Gaho geschlagen, anstatt mit ihm zu sprechen.« Am liebsten hätte Peter laut aufgelacht, als er bemerkte, dass er Ota Qwan gerade die Grundlagen der Anführerschaft erklärte. Er hielt den Arm des Mannes noch immer in festem Griff und hatte keineswegs vor, ihn loszulassen.
Der andere versteifte sich, dann sackte er in sich zusammen. »Er wollte nicht gehorchen. Er wollte sich Skadai widersetzen!«
Nun ließ Peter den schwarz bemalten Mann los. »Ich bin erst seit drei Tagen ein Sossag, aber mir scheint, dass dich Skadais Schwierigkeiten nichts angehen. Du hast nicht wie ein Sossag, sondern wie ein Albier gedacht.« Peter zuckte die Achseln.
Die anderen drei Männer, die um sie herumstanden – Pal Kut, Stachelkopf und Mullet –, beobachteten sie aufmerksam.
»Aber du wirst mir gehorchen«, zischte Ota Qwan Peter an. »Oder?«
Peter nickte. »Das werde ich«, sagte er und stellte fest, dass ihm diese Worte ein unangenehmes Gefühl verursachten.
Pal Kut rief etwas. Nun bewegte sich die Formation wieder schnell vorwärts, die Männer rannten beinahe. Die meisten hatten bereits Pfeile in ihre Bogen eingelegt.
Peter rannte zu seinem Platz in der Reihe, zog mit zitternden Fingern einen Pfeil hervor, ließ ihn fallen, drehte sich um, weil er ihn aufheben wollte, denn er besaß zu wenige, als dass er auf einen einzigen verzichten konnte. Er bückte sich, und in diesem Augenblick explodierte die ganze
Weitere Kostenlose Bücher