Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
sich, wieder auf die Beine zu springen.
Abermals stieß Tom sein wildes Lachen aus. »Dieser Punkt geht an mich, glaube ich«, sagte er.
Der Hauptmann musste ebenfalls lachen.
»Eigentlich hatte ich vor, dir in die Zehen zu beißen«, meinte er und erregte damit das Gelächter der Zuschauer.
Er salutierte, Tom salutierte ebenfalls, und sie standen wieder einander gegenüber.
Beide hatten ihren Eifer bewiesen, und nun umkreisten sie sich. Tom suchte nach einer Möglichkeit, näher an seinen Gegner heranzukommen, und der Hauptmann war bemüht, ihn sich mit kurzen Ausfällen vom Leib zu halten. Einmal traf er dabei Toms rechte Hand, als er das Schwert vorstieß, und der andere Mann salutierte knapp, als wollte er sagen: »Das war doch gar nichts.«
Und dann trat Ser Hugo zwischen sie.
»Ich erlaube solche hinterhältigen Stöße nicht, Mylord«, sagte Hugo. »In einem echten Nahkampf wäre das sehr dumm.«
Der Hauptmann musste zugeben, dass das stimmte. Man hatte ihm beigebracht, einen solchen Stoß nur dann zu führen, wenn man vollkommen verzweifelt war. Und selbst dann …
Keuchend stieß der Hauptmann die Luft aus, während sich Tom fließend und ohne Luftnot in dem behelfsmäßigen Ring herumbewegte. Aufgrund seiner Größe und der damit verbundenen größeren Reichweite konnte er natürlich den Kampf bestimmen, während der Hauptmann andauernd ausweichen und Distanz halten musste.
Die letzten fünf Tage voller Sorgen und Anspannung lasteten genauso schwer auf seinen Schultern wie das Gewicht seines Turnierhelms. Und Tom kämpfte sehr gut. Es war keine Schande, gegen ihn zu verlieren. Also entschied der Hauptmann, dass er lieber wie ein rasender Löwe als wie ein sehr müdes Lamm unterlag. Außerdem machte es mehr Spaß.
Zwischen einem Rückzug und dem nächsten Schlag schwang er die Hüften, wirbelte herum, balancierte sich aus und ließ die linke Hand um den Schwertgriff los. Die Schwertkämpfer aus dem Osten nannten diese Stellung »Die Garde der einen Hand«.
Tom führte einen weiteren seiner endlosen, schweren, weit ausholenden Schläge. Jeder gewöhnliche Mann hätte sich auf diese Weise schnell verausgabt. Nicht aber Tom. Jetzt führte er einen Schlag aus der rechten Schulter.
Diesmal versuchte der Hauptmann eine Erwiderung. Sein einhändig gehaltenes Schwert beschrieb einen Bogen nach oben, kam hinter Toms Waffe und stach so schnell zu, wie ein Falke seine Beute schlägt. Er traf Toms Schwert, lenkte es rasch ab, trat einen Schritt zur Seite, machte gleichzeitig einen Ausfall nach vorn und überraschte damit seinen Kameraden. Mit der freien Hand schlug er gegen Toms rechtes Handgelenk, dann steckte sie plötzlich zwischen den Fäusten des großen Mannes, und Toms heftiger Angriff auf den flinken Gegner trieb ihn unaufhaltsam voran. Der Hauptmann packte seinen Arm, drehte ihn um und hatte nun die vollkommene Gewalt über Schwert und Schulter seines Gegners.
Und nichts geschah. Tom wurde nicht herumgewirbelt. Sein Schwung führte bloß dazu, dass der Hauptmann zur Seite geschoben wurde. Der Riese drehte sich nach links, drehte sich noch einmal, und der Hauptmann konnte ihn nicht mehr loslassen, ohne selbst zu Boden zu gehen.
Eine solche Situation hatte sein Waffenmeister nie behandelt.
Tom wirbelte ihn herum und versuchte ihn abzuschütteln. Sie befanden sich in einem unangenehmen Gleichstand. Der Hauptmann hatte Toms Schwert sowie dessen Ellbogen und Schulter in festem Griff. Aber Tom hatte den Hauptmann vom Boden gehoben.
Die Waffe des Hauptmanns war frei – fast. Er steckte den Griff zwischen Toms Arme und hoffte, ihn als Hebel einsetzen und den anderen endlich besiegen zu können. Die Vorstellung des Hauptmannes davon, wie ein Kampf und das Universum funktionierten, hatte einen ernsthaften Kratzer bekommen.
Aber sogar mit beiden Händen …
Tom wirbelte ihn noch einmal herum wie ein Terrier, der einer Ratte das Genick zu brechen versuchte.
Der Hauptmann spannte all seine nicht unbeträchtlichen Muskeln an, rammte den Schwertgriff zwischen Toms Arme, schob die Klinge bis über Toms Kopf, packte die andere Seite und legte sein ganzes Gewicht auf die Waffe.
Er fiel mit der Klinge voran auf Toms Hals.
Beide gingen zu Boden.
Der Hauptmann lag wieder im Schafdung und sah Sterne. Sein Atem ging wie der Blasebalg eines Schmieds.
Etwas bewegte sich unter ihm.
Er rollte hinüber und stellte fest, dass er mit dem riesigen Hochländer verknäuelt war. Der Mann lachte.
»Ihr seid so
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