Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
verrückt wie ein Gengrit«, rief Tom, erhob sich aus dem Mist und erdrückte den Hauptmann in einer heftigen Umarmung beinahe.
Einige Waffenbrüder klatschten Beifall.
Andere lachten.
Michael sah aus, als müsse er gleich weinen. Aber der Grund dafür lag in dem Umstand, dass er die Rüstung des Hauptmannes zu reinigen hatte, und sie war über und über mit Schafskot bedeckt.
Als er den Helm abgesetzt hatte, spürte er ein Ziehen in der linken Seite sowie einen stechenden Schmerz in der Schulter. Tom stand neben ihm.
»Ihr seid ein Verrückter«, sagte Tom und grinste. »Ein Verrückter.«
Obwohl er den Helm abgenommen hatte, rang er noch immer nach Luft.
Chrys Foliack, noch ein Ritter, der bisher Abstand zum Hauptmann gehalten hatte, kam herbei und streckte ihm die Hand entgegen. Dabei grinste er Tom an. »Das ist wie ein Kampf gegen einen Berg, nicht wahr?«, meinte er.
Der Hauptmann schüttelte den Kopf. »Ich hab noch nie …«
Foliack war ein großer und hübscher Mann mit roten Haaren und von offensichtlich adliger Abstammung. »Mir hat der Armgriff gefallen«, sagte er. »Bringt Ihr uns den bei?«
Der Hauptmann drehte sich um. »Nicht in dieser Minute«, erwiderte er.
Weiteres Gelächter.
Der Palast von Harndon · Der König
Der König steckte in seiner Rüstung und hatte gerade einige seiner Edelmänner auf dem Übungshof verdroschen, als sein Burgvogt Lord Alexander Glendower mit einem riesigen Kerl im Gefolge herbeikam. Lord Glendower war ein älterer Mann mit einer Narbe, die von der rechten Augenbraue über das ganze Gesicht lief und seine Nase von rechts nach links so tief spaltete, dass die meisten Menschen unter seinem Anblick zusammenzuckten. Die Narbe reichte bis zum Mund, wo sie teilweise schlecht verheilt war und im Bart Kräuselungen erzeugte, sodass es stets den Anschein hatte, als ob er höhnisch grinste.
Glendowers Narbe passte zu niemandem schlechter als zu ihm selbst, denn er war in den Augen des Königs der beste aller Gefährten, der nichts für Spott übrighatte und geradeheraus redete, ohne zu schmeicheln oder sich zu erregen. Seine Geduld mit den Soldaten war legendär.
»Mylord, ich glaube, Ihr kennt Ranald Lachlan, der Euch zwei Jahre als Soldat gedient hat.« Er verneigte sich und streckte den Arm zu dem bärtigen Mann aus, der offensichtlich ein Hochländer war. Er hatte rote Haare, trug Narben im Gesicht, hatte blaue Augen, die so durchdringend wie Stahldolche wirkten, und ragte zwei Ellen über seine gehärtete Stahlrüstung und die rote Livree der Königsgarde hinaus.
Ranald verneigte sich tief.
Der König ergriff seine Hand. »Ich verliere dich«, sagte er warmherzig. »Der Anblick deiner großen Axt hat mir stets ein Gefühl von Sicherheit geschenkt«, lachte er.
Ranald verneigte sich noch einmal. »Als ich meinen Vertrag unterschrieb, habe ich Lord Glendower und Sir Ricard zwei Dienstjahre versprochen«, sagte der Hochländer. »Ich werde jetzt für den Frühlingsviehtrieb gebraucht.«
Der erwähnte Ser Ricard Fitzroy war der Hauptmann der Garde.
»Ich weiß, dein Bruder ist Viehbauer«, sagte der König. »Es ist ein unruhiger Frühling, Ranald. Albia wird in größerer Sicherheit sein, wenn deine Axt Mastrinder in den Bergen beschützt, statt in der Garde des Königs Dienst zu tun, dem in Harndon nichts zustoßen kann, nicht wahr?«
Ranald zuckte die Achseln und wirkte verlegen. »Ich hab keinen Zweifel dran, dass es Kämpfe geben wird«, gestand er ein. Dann grinste er. »Keinen Zweifel, Mylord.«
Der König nickte. »Und wenn der Auftrieb vorbei ist?«, fragte er.
»Oh, ich habe guten Grund zurückzukommen«, erwiderte Ranald mit einem Grinsen. »Mit Eurer Erlaubnis, Mylord. Aber mein Bruder braucht mich, und da gibt es etwas …«
Jedermann wusste, dass sich dieses »Etwas«auf die Schreiberin der Königin, Lady Almspend, bezog. Sie war zwar keine aussichtsreiche Erbin, aber eine hübsche Maid mit einem kleinen Vermögen. Das war ein hohes Ziel für einen niedrig geborenen Gardisten des Königs.
Der König beugte sich vor. »Komm zurück, Ranald. Sie wird auf dich warten.«
»Darum bete ich«, flüsterte er.
Der König wandte sich an seinen Burgvogt. »Sorg dafür, dass der Wappenrock und die Ausrüstung dieses Mannes gut verwahrt werden. Ich gewähre ihm Urlaub, aber ich gewähre ihm nicht den völligen Austritt aus meinen Diensten.«
»Mylord!«, erwiderte der Mann.
Der König grinste. »Und jetzt geh. Komm mit ein paar Geschichten
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