Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
Weidenkorb aus dem hinteren Teil des Hauses herbei, und Ranald öffnete den Deckel und warf einen Blick auf das Gewoge aus gleißenden Kettengliedern. Jeder Ring war mit einem winzigen Keil vernietet, sodass es wirkte, als seien die meisten Ringe aus einem Guss geschmiedet. Insgesamt war es so fein gearbeitet wie das Kettenhemd, das er als Gardist des Königs getragen hatte.
»Und das für dreißig Leoparden?«, fragte Ranald.
»Zeug vom Festland«, erwiderte der Meister und rümpfte zwar nicht die Nase, aber seine Verachtung war deutlich zu spüren. Dann lächelte der ältere Mann und holte einen schweren Stab hervor, dessen Enden mit Sackleinen umwickelt waren. »Und dies hier ist so scharf, dass Ihr damit einen Apfel schneiden könnt.«
Ranald nahm den Stab in die Hände und wurde von einem so süßen Gefühl erfüllt, wie es jemand empfand, der entdeckte, dass er sich verliebt hatte und der Gegenstand seiner Zuneigung seine Gefühle erwiderte.
Edward durchtrennte die Schnüre, die das Sackleinen zusammenhielten, und enthüllte einen scharfen Stahlstachel an dem einen Ende, das in einer schweren Bronzehülse steckte, die als Gegengewicht zur Axtklinge am anderen Ende diente – einem schmalen Halbmond aus hellem Stahl, so lang wie der Unterarm eines Mannes und mit einem gefährlichen Widerhaken ausgestattet. Die Waffe war ausbalanciert wie ein gutes Schwert, hatte einen Schaft aus Eichenholz und stählerne Schutzplatten gegen Schwerthiebe.
Es war die typische Axt eines Hochländers – aber unvergleichlich feiner gearbeitet, hergestellt nicht von einem reisenden Schmied auf einem Jahrmarkt, sondern von einem wahren Meister.
Ranald konnte es sich nicht verkneifen, die Waffe in der Hand herumwirbeln zu lassen. Die Klinge schnitt durch die Luft, wobei die Spitze ganz knapp unter dem Verputz der niedrigen Decke entlangfuhr.
Edward drückte sich gegen die Wand, während der Meister zufrieden nickte.
»Die Waffe, die Ihr mir gebracht habt, war ganz in Ordnung«, erklärte der Meister. »Eine Arbeit vom Lande, aber recht ordentlich gemacht. Allerdings die Oberflächenbehandlung …« Er zuckte zusammen und hob die Achseln. »Außerdem war die Balance noch verbesserungsfähig.«
Der Stachel am unteren Ende des Schaftes war so lang wie ein Ritterdolch, dabei äußerst scharf und hatte eine dreiseitige Klinge.
Ranald lächelte anerkennend.
Der Meister hatte zwei Futterale hinzugefügt – eine mit feinem Leder bezogene Holzscheide für die Axt und eine weitere für den Stachel.
Ranald zählte hundert Silberleoparden ab – ein großer Teil seines Gehalts für die vergangenen zwei Jahre. Dann betrachtete er mit Bewunderung die Helme auf der Theke.
»Sind schon vergeben«, sagte der Meister, als er Ranalds Blick bemerkte. »Außerdem glaube ich, dass keiner auf Euren großen Kopf passen würde. Kommt im Winter zurück, wenn ich nicht so viel zu tun habe, dann werde ich Euch einen Helm fertigen, den Ihr sogar bei einem Drachenkampf tragen könnt.«
Plötzlich schien die Luft kälter geworden zu sein.
»Unberufen!«, sagte Edward und bekreuzigte sich.
»Ich weiß auch nicht, warum ich das gesagt habe«, meinte der Meister und schüttelte den Kopf. »Aber einen Helm würde ich Euch gern machen.«
Ranald trug sein neues Kettenhemd zum Packpferd, das nicht ganz so glücklich über diese Neuerwerbung war wie sein Herr, denn ihm gefiel das Gewicht und das deswegen notwendige Umpacken der Satteltaschen überhaupt nicht. Ranald kehrte zurück, holte die Axt und befestigte sie liebevoll an den Riemen seines Reitpferdes, sodass er sie immer rasch zur Hand hatte. Niemand, der ihm zusah, konnte bezweifeln, dass er diese Waffe noch mindestens ein Dutzend Mal in die Hand nehmen würde, bevor er die Stadt hinter sich gelassen hatte. Oder dass er sie beim ersten Busch, den er neben der Straße fand, ausprobieren würde.
»Ihr reitet also heute«, sagte der Waffenmeister.
Ranald nickte. »Ich werde im Norden gebraucht«, erklärte er. »Mein Bruder hat nach mir gerufen.«
Der Waffenschmied nickte. »Übermittelt ihm bitte meine besten Wünsche, und möge die Seele des Tages auf Euch scheinen.«
Der Hochländer umarmte den Schmied, trat durch die Tür und führte seine beiden Pferde zum Flussufer zurück.
An der Kapelle des heiligen Thomas hielt er an, kniete zum Gebet nieder und senkte den Blick. Über ihm wurde der Heilige von Soldaten gemartert – es waren Ritter in königlicher Uniform. Ein Bild, das ihm Unbehagen
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