Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
gedreht.
»Falsch«, sagte er.
»Jesus Christus! «, jammerte Dirk.
Ser Milus ließ ihn los – und lächelte, denn jetzt hatte er die Aufmerksamkeit aller errungen.
»Jeder von uns wird ab jetzt an diesem Pfosten üben, und zwar jeden Tag, an dem wir nicht auf der Mauer kämpfen müssen«, sagte er wieder im Plauderton. »Und zwar, als ob es ein richtiger Kampf wäre. Ich werde euch zeigen, wie das geht. Und wenn ihr den Pfosten durchhaut – umso besser!« Er grinste. »Dann könnt ihr eure Entschlossenheit beweisen, indem ihr den nächsten Pfosten aufstellt.« Er zeigte auf John Lee. »Du hast einen guten Schlag.«
Lee zuckte die Achseln. »Ich hacke viel Holz.«
»Versuch es noch einmal. Aber diesmal schlägst du zu, als würdest du gegen einen anderen Mann kämpfen.« Ser Milus zeigte auf den Pfosten.
Der Schiffer trat darauf zu und hob seine Axt wie ein Mann, der einen fliegenden Ball abwehren möchte.
Ser Milus nickte anerkennend. »Gute Stellung.«
Der frühere Schiffer hieb auf den Pfosten ein, und ein Holzsplitter flog heraus. Dann zog er die Axt zurück und schlug erneut zu.
Ser Milus ließ ihn zehn Schläge machen. Er atmete schwer, und sein zehnter Schlag war nicht mehr annähernd so heftig wie sein neunter.
Milus zwirbelte seinen grauen Schnauzbart mit der linken Hand. »Mach eine Pause. Atme tief durch.« Er nickte. »Sieh mir zu.«
Er trat an den Pfosten heran und hielt seinen Streithammer gesenkt.
Dann hob er die Waffe, und der Dorn am hinteren Teil berührte den Pfosten nur leicht. Er tanzte auf den Zehenspitzen nach rechts, was trotz seiner Rüstung leicht und anmutig wirkte, hielt den Hammer hinter sich und schlug rückwärts zu. Wieder tänzelte er herum, und der Hammerkopf biss in den Pfosten und hinterließ dort eine tiefe Scharte. Der Ritter bewegte sich wie eine Katze, vor und zurück, und stieß mit der Speerspitze am Hammerkopf zu. Dann trat er weit zurück, als wollte er einem Gegenschlag ausweichen, und drehte den Hammer in der Hand. Nun stieß die Spitze seitlich in das Holz, prallte davon ab, und Ser Milus fasste die Waffe fester, um einen weiteren Schlag zu machen.
Lee nickte. »Fast konnte ich den Mann sehen, gegen den Ihr gekämpft habt«, gab er zu.
Gwillam hielt sich für einen guten Kämpfer und trat nach vorn. »Ich will es auch versuchen«, sagte er. Seine Waffe war ein schwerer Speer mit einer Spitze, die so lang wie sein Arm und so breit wie seine Handfläche war. Auf den Fußballen sprang er vor und hieb auf den Pfosten ein – zweimal von der einen Seite, einmal von der anderen, dann wich er wieder zurück.
»Gebrauche deine Hüften«, sagte Ser Milus. »In ihnen steckt mehr Kraft als in deinen Armen. Spar dir die Arme, sie werden am schnellsten müde.« Er nickte den anderen zu. »Es ist wie ein Handwerk, Freunde. Der Schmied übt das seine jeden Tag aus, der Bauer pflügt, der Gipser tüncht, der Schiffer arbeitet auf seinem Schiff. Schlechte Soldaten liegen faul auf dem Rücken. Gute Soldaten aber machen so was hier. Den ganzen Tag über, jeden Tag.«
Kehlenschlitzer schüttelte den Kopf. »Meine Arme sind schon müde«, sagte er.
Ser Milus nickte. »Aber die Irks sind es nicht.«
Southford bei Albinkirk · Prior Ser Mark Wishart
Der König hatte den Rittern des Priors zwei Boten mitgegeben. Der Prior geleitete die Männer von Southford, einer südlichen Vorstadt von Albinkirk, vorsichtig nach Nordwesten; beinahe verschmolzen ihre schwarzen Umhänge mit dem Unterholz. Seine Männer ritten mit Leichtigkeit durch die tiefsten Wälder und das dichteste Gestrüpp.
Oft hielten sie an. Dann stiegen einige ab und krochen voran, meist zum Kamm eines steilen Hügels, und winkten die anderen herbei, wenn keine Gefahr drohte.
Trotz dieser Verzögerungen kamen sie gut vorwärts. Manchmal preschten einzelne Ritter davon – bisweilen im rechten Winkel zur Marschreihe – und fanden stets zu ihr zurück.
Schwer verständlich war für die beiden Boten des Königs das Schweigen. Die Ritter des Ordens vom heiligen Thomas sprachen nie. Sie ritten schweigend, und ihre Pferde waren gleichermaßen still. Sie hatten keine Pagen, keine Diener, keine Knappen. Vierzig Reservepferde – ein wahres Vermögen – folgten dem Haupttross und waren mit Taschen und Vorräten beladen, hatten aber kein Zaumzeug. Sie folgten den übrigen Pferden in schnellem Trab.
Es war unheimlich, wie der ältere Bote sagte.
Aber es war eine aufregende Sache, mit den Rittern des heiligen Thomas
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