Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
Bruder Ben sagt, der Priester hätte es gesagt.«
Sukey sah ihre Mutter an. »Bill Fuller sagt es auch«. Sie spuckte die Worte geradezu aus. »Fuller hat die ganze Nacht hindurch Mist geredet.«
Miram ließ ihre Blicke durch den Raum schweifen, dann wandte sie sich dem ersten Leichnam in der Reihe zu, der kleiner als die anderen war. Es war der der Äbtissin.
»Ich bin nachlässig geworden«, sagte Schwester Miram. »Ich habe es zugelassen, dass mein Blick auf die irdischen Frevel getrübt wird.«
Kitty Carter warf ihrer Schwester einen Blick zu. »Ich glaube wirklich nicht, dass Amicia die Äbtissin umgebracht hat.«
Amy rollte mit den Augen.
Lissen Carak · Der Rote Ritter
Der Morgen war noch nicht angebrochen, als er zu sich kam. Geräusche auf dem Gang hatten ihn geweckt. Er hörte Waffenlärm – und er lag im falschen Bett.
Neben ihm befand sich kein Schwert.
Die Tür wurde geöffnet, und Schwester Miram betrat seine Zelle im vollen Ornat des Ordens. Dahinter kamen Ser Jehannes in seiner Rüstung sowie Michael, Johne le Bailli und Meister Random.
Er zog die Leinendecke über seinen Brustkorb.
»Die Äbtissin ist beim Angriff des Feindes gestorben«, sagte Schwester Miram. Ihr Gesicht schien gealtert.
Der Hauptmann hatte sie kaum gehört. Es dauerte einen Augenblick, bis er ihre Worte verstanden hatte.
»Das tut mir so leid«, sagte er. Sinnlose, leere Worte waren das.
»Es wird offen über Verhandlungen gesprochen und darüber, die Festung für einen freien Abzug aufzugeben«, sagte Ser Jehannes. Die anderen zuckten unter seinem barschen Tonfall zusammen.
»Nein«, sagte der Hauptmann. »Wir werden uns weder ergeben noch verhandeln.« Er bemerkte, dass seine Rippen bandagiert worden waren und man ihm die Haare geschoren hatte. Die Äbtissin war tot, und er erkannte, dass er sie in gewisser Weise geliebt haben musste.
Immer auf der Suche nach einer besseren Mutter, dachte er. »Wenn ihr es jetzt bitte alle ermöglichen wolltet, dass Michael mich ankleiden kann …«, sagte er leise.
»Beeilt Euch damit«, meinte Ser Jehannes. »Etwas geschieht. In diesem Augenblick. Unter den Männern des Ortes. Und einige unserer Männer schließen sich ihnen an.«
Schwester Miram zog sich zur Tür zurück. »Sie hätte niemals aufgegeben«, sagte sie ruhig. »Die Männer im Hof behaupten, Amicia hätte es getan«, fügte sie hinzu.
Der Hauptmann zuckte zusammen und begegnete ihrem Blick. »Ich werde mich darum kümmern.«
Die Nonne ging nach draußen und schloss die Tür hinter sich.
Der Hauptmann kämpfte sich aus dem Bett, dabei wurde ihm ein wenig schwindlig. Nun suchte ihn ein Gefühl heim, das er aus seiner Kindheit kannte – das Gefühl, seine hermetischen Kräfte vollkommen aufgebraucht zu haben. Es war eine ungeheure Leere, aber gleichzeitig auch ein gutes Gefühl, wie es einem ein durchtrainierter Körper verschaffte.
Prudentia ist tot.
Es war nicht das erste Mal, dass gute Menschen sterben mussten, um ihn am Leben zu halten.
Toby erschien mit seinem alten schwarzen Wams und seiner alten schwarzen Hose und seinem feinen Goldgürtel. Er wirkte erschrocken.
Es dauerte lange, bis er endlich die Hose angezogen hatte – er versuchte seinen Herzschlag zu beruhigen. Und an etwas anderes als an die Äbtissin und seine Lehrerin zu denken.
»Sie wurde ermordet«, sagte Ser Jehannes. »Jemand hat der Äbtissin einen Pfeil in den Rücken geschossen.« Er senkte die Stimme. »Gelfred sagt, Hexenholz sei es gewesen.«
Bei dieser Vorstellung wurde ihm übel.
»Und niemand hat es gesehen?«, fragte er müde.
»Alle haben die Kämpfe vor den Mauern beobachtet«, antwortete Ser Jehannes.
Der Hauptmann seufzte. »Sichert die Tore und alle Tunnel. Es gibt einen unter dem Bergfried, der aus der Festung herausführt. Im Augenblick wird er von unseren Wagen blockiert, aber stellt dort zwei gute Bogenschützen auf die Treppe. Und sagt mir Bescheid, sobald das alles erledigt ist.«
»Wenn Ihr sagt, ich sollte das sichern …«, begann Ser Jehannes, dann hielt er inne.
»Als wollten wir die Festung für uns selbst einnehmen«, erwiderte der Hauptmann barsch. »Als ob wir in Gallyen wären. Vertraue niemandem, der nicht von uns ist. Setze Gewalt ein, wenn es nötig wird. Sichere die Ausgänge, Jehannes! «
Der alte Ritter salutierte. »Ja, Herr.«
Michael brachte seine Stiefel herbei. Er zog sie dem Hauptmann an und band das obere Ende der Schäfte am Pourpoint des Hauptmanns fest.
»Volle Rüstung,
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