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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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ihr.
    »Was ist passiert?«, fragte einer von ihnen.
    »Henare!«, entgegnete sie, worauf die Männer sogleich in den Busch stürmten. Sie selbst schloss sich ihnen an.
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Bitte nicht Henare, flehte sie im Stillen. Bitte, lieber Gott, nimm ihn mir nicht auch noch.
    Als Lillian den Ort, an dem der Schuss gefallen war, erreichte, beugte sich ein Mann über Henare.
    »Verflucht, sag mir, wo sie ist!«, fauchte er, während er den Verletzten am Kragen packte.
    »Jason!«, rief Lillian schrill aus, als sie den Angreifer erkannte. So schnell sie konnte, sprang sie aus dem Sattel.
    »Lillian!«, entgegnete Ravenfield. »Ein Glück, dass ich Sie finde. Ich dachte schon, dieser Bastard …«
    Lillian stieß ihn mit einem wütenden Aufschrei grob zur Seite und kauerte sich dann neben Henare. Seine Brust hob und senkte sich unter heftigen Atemstößen. Ein roter Fleck breitete sich auf seiner rechten Brustseite aus. Zwischen seinen Lippen erschien schaumiges Blut.
    Schockiert strich sie ihm über die Wange, dann redete sie leise auf ihn ein. »Ich bin da, Henare, es wird alles wieder gut.«
    Doch er schien sie nicht zu hören. Gegen die Tränen ankämpfend, die in ihrer Brust aufstiegen, blickte sie auf.
    »Was fällt Ihnen ein, auf ihn zu schießen?«, fuhr sie Ravenfield an. »Glaubten Sie denn wirklich, ich würde es mir anders überlegen und zu Ihnen zurückkehren, wenn er tot ist?«
    »Ich dachte, er hätte Sie entführt«, rechtfertigte sich Ravenfield mit einem unsicheren Lächeln.
    »Er hat mich nicht entführt!«, schrie sie, während die Maori nun von ihren Pferden stiegen und ihn umringten. »Er hat mich nur seinem Vater vorstellen wollen. Er hat mich an den Ort gebracht, von dem ich herstamme.«
    Ravenfield öffnete verängstigt den Mund und hob nervös seine Waffe, als er merkte, wie nahe ihm die anderen Männer bereits waren.
    »Lasst ihn!«, rief Lillian den Kriegern zu, ohne den Blick von Ravenfield zu nehmen. »Er wird auf andere Weise seine Strafe bekommen. Wir müssen Henare zu Aperahama bringen. Schnell!«
    Die Männer gehorchten und halfen ihr, den Verletzten auf ein Pferd zu heben. Ravenfield hielt seine Waffe weiterhin im Anschlag, doch seine Miene wirkte verzweifelt.
    »Lillian, ich dachte wirklich, er würde Ihnen etwas antun«, rief er, worauf Lillian ihn hasserfüllt ansah.
    »Sie wollten ihn von Anfang an von mir fernhalten«, sagte sie leise. »Haben Sie nicht meinen Großvater und Mr Caldwell erpresst, dass Sie ihnen den Geldhahn zudrehen würden, wenn Henare bliebe? Dass Sie ihnen sogar das Land wegnehmen würden?«
    Ravenfield presste die Lippen zusammen, doch das war Lillian bereits Antwort genug.
    »Glauben Sie wirklich, einen solchen Mann würde ich wollen? Wenn Sie mich mitgenommen hätten, hätte man annehmen können, dass Sie mich entführt hätten, aber Henare würde ich überallhin folgen.«
    Ein Blick zur Seite zeigte ihr, dass die Maori Henare inzwischen auf dem Pferd festgebunden hatten. Jetzt war Eile geboten. Lillian lief zu ihrer Stute und schwang sich in den Sattel.
    »Und jetzt können Sie meinetwegen die Vereinbarungen mit meinem Großvater und Mr Caldwell rückgängig machen und versuchen, sich das Land zurückzuholen. Aber glauben Sie mir, sollte Henare an der Verletzung sterben, bringe ich Sie vor Gericht!«
    Damit zog sie ihr Pferd herum und ritt davon, gefolgt von dem Maori, der sich hinter Henare in den Sattel geschwungen hatte.
    Während sie sich dem Dorf näherten, wusste Lillian nicht, welches Gefühl sie stärker beherrschte: die Angst um Henare oder der Zorn auf Ravenfield. Von Anfang an hatte sie ein ungutes Gefühl gehabt, wenn sie ihn getroffen hatte, und sie hatte leider recht behalten. Wie konnte er nur auf die Idee kommen, dass sie jemand entführen würde?
    Besorgt blickte sie auf den Reiter neben ihr. Henare wirkte noch blasser als vorher. Das Blut breitete sich nun auch unter seinem Arm aus. Vielleicht hätten wir in die Stadt reiten sollen, dachte sie ängstlich. Gewiss muss er operiert werden.
    Doch gleichzeitig wusste sie auch, dass es Henare nicht bis in die Stadt schaffen würde. Der tohunga war der Einzige, der ihn retten konnte.
    Der plötzliche Aufbruch der Krieger hatte die anderen Bewohner des Dorfes aus ihren Hütten gelockt. Erschrocken betrachteten sie die Heimkehrenden; einige Frauen schlugen entsetzt die Hand vor den Mund, als sie Henares Verletzungen bemerkten.
    An der Hütte des Heilers angekommen, half Lillian

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