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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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mitkommen darf, dachte sie flehentlich. Dann kann ich Adele schreiben, was es hier zu sehen gibt – und vielleicht eine exotische Blüte für sie pflücken und pressen.
    Am nächsten Morgen, nachdem sie bestenfalls zwei oder drei Stunden geschlafen hatte, erhob sich Lillian schon in der Morgendämmerung und machte sich daran, einen Rosinenkuchen zu backen. Durch Samantha hatte sie einen Händler ausfindig gemacht, der Rosinen besorgen konnte – gerade im richtigen Moment, wie es schien, denn ihr Großvater liebte Rosinenkuchen über alles, und womit könnte sie ihn besser davon überzeugen, sie bei dem Ritt mitzunehmen?
    »Großvater?«, begann sie zögernd, während der Kuchenduft durch die Küche zog.
    »Was gibt es denn, mein Kind?« Georg betrachtete sie verwundert.
    »Ich … ich wollte dich mal was fragen …« Lillian kaute kurz auf ihrer Lippe herum. Nun mach schon, drängte eine innere Stimme. Wenn du nicht fragst, wirst du nicht bekommen, was du möchtest.
    »Nun, dann frag ruhig.« Georg legte den Kopf schräg. Lillian erinnerte sich noch gut, dass er so immer dreingeschaut hatte, wenn sie ihm in ihrer Kinderzeit beichten wollte, dass sie etwas ausgefressen hatte. Du bist kein Kleinkind mehr, sagte sie sich, und fasste sich dann ein Herz.
    »Könnte ich … vielleicht bei der Exkursion mitkommen?«
    Georg Ehrenfels ließ sich mit seiner Antwort Zeit. Er kaute auf seinem Bissen Kuchen herum, trank einen Schluck Kaffee, dann sah er sie an. »Möglich wäre es, allerdings wird es sich nicht um einen Spazierritt handeln. Wir werden mit den Maori verhandeln müssen; sicher dauert das einige Zeit, und ich weiß nicht, ob der Häuptling damit einverstanden ist, dass eine Frau an den Verhandlungen teilnimmt.«
    »Ich will ja nicht unbedingt den Verhandlungen beiwohnen. Ich könnte derweil draußen warten oder mir ein wenig das Dorf ansehen. Du selbst hast doch immer gesagt, dass die Maori gastfreundlich sind.« Lillian sah ihn flehend an. »Bitte, lass mich mitkommen. Immerhin bin ich kein kleines Kind mehr, und ich würde wahnsinnig gern sehen, wie diese Maori leben. Bisher habe ich sie nur in den Städten gesehen, wo sie aussehen wie wir auch – von den Tätowierungen auf ihren Gesichtern einmal abgesehen.«
    Georg seufzte schwer. Ein gutes Zeichen, das wusste Lillian, denn er schlug ihr nur ungern eine Bitte ab.
    »Nun gut, ich werde Mr Caldwell fragen, ob das möglich ist. Aber sollte sich irgendeine Gefahr abzeichnen, dann tust du sofort, was ich sage.«
    »Du weißt doch, dass ich mich so leicht nicht schrecken lasse, Großvater«, entgegnete Lillian. »Außerdem hast du doch gesagt, dass die Stämme mittlerweile friedlicher gegenüber den Weißen sind.« Lillian sah ihren Großvater fragend an.
    »Das sind sie, dennoch sollte man auf alles vorbereitet sein.« Georg sah Lillian seltsam an; dann wandte er sich um. »Schauen wir, was Mr Caldwell sagt. Immerhin brauchen wir ein Pferd für dich, denn ich glaube kaum, dass du den ganzen Weg zu Fuß zurücklegen möchtest.«
    Lillian fiel ihm um den Hals und gab ihm einen Kuss. »Vielen Dank, Großvater!«

9
    Die Tage bis zur Exkursion schienen sich unendlich hinzuziehen. Lillian versuchte sich die Zeit damit zu vertreiben, dass sie mit dem Ausräumen der Kisten fortfuhr. Dazwischen stand noch ein Treffen mit Samantha an. Was dort wohl diesmal passieren würde? Zwar war sie zur Teestunde eingeladen, aber wer konnte schon wissen, ob nicht diesmal eine Hut- oder Handschuhmacherin dort auftauchte. Der Gedanke amüsierte Lillian doch ein wenig.
    »Hast du nicht heute eine Einladung zu dieser Samantha?«, fragte ihr Großvater, während er den Blick von seiner Zeitung hob. Mittlerweile hatte er es sich zur Gewohnheit gemacht, jeden Morgen in die Stadt zu gehen, um eine Zeitung zu kaufen. Die Kaikoura News waren nicht besonders dick, doch sie berichteten ohne allzu große Sensationslust über die Ereignisse in der Stadt. »Ja, ich habe eine Einladung«, antwortete Lillian, während sie den Hals reckte, um einen Blick auf die Abbildung auf der Titelseite zu werfen, die den Hafen von Kaikoura zeigte. »Heute Nachmittag, zum Tee. Eigentlich habe ich dafür keine Zeit, aber ich will nicht unhöflich sein. Außerdem würde es mich interessieren, ob ich heute eher einen Hut oder vielleicht doch ein Paar Handschuhe angepasst bekomme.«
    Georg lachte auf. »Diese Samantha scheint wirklich eine feine Dame aus dir machen zu wollen.«
    »Ohne großen Erfolg«, entgegnete

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