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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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dauerte eine Weile, bis Lillian sich an der vor der Kasse wartenden Kundschaft vorbeigeschlängelt hatte. Zwischendurch trafen sie ein paar böse Blicke, weil die Leute glaubten, sie wolle sich vordrängeln, doch als sie erkannten, dass Lillian auf dem Weg zur Treppe war, wandten sie sich rasch wieder ab.
    Lillians Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie die Treppe hinaufging. Von oben konnte sie Stimmen vernehmen; die Teestunde fiel also nicht aus.
    Als Lillian den Salon von Samanthas Mutter betrat, traf sie beinahe der Schlag. Die Carsons waren nicht allein; ein Mann war bei ihnen zu Gast. Ein Mann, den sie schon einmal gesehen hatte.
    Am liebsten wäre sie im Boden versunken.
    Jason Ravenfield schien sie ebenfalls wiederzuerkennen – und seiner erstaunten Miene nach zu urteilen, hatte er nicht damit gerechnet, sie hier zu treffen.
    »Mutter, Vater, das ist meine Freundin Lillian Ehrenfels«, stellte Samantha sie unbefangen vor.
    Lillian machte einen kurzen, etwas unbeholfenen Knicks und wurde rot, als sie bemerkte, dass ein spöttisches Lächeln auf Ravenfields Gesicht trat. Am liebsten hätte sie kehrtgemacht und wäre aus dem Salon geflohen, doch wie hatte es ihr Großvater einige Stunden zuvor ausgedrückt? Wenn man es genau nimmt, könntest du Benimm sogar verkaufen, so viel hast du davon.
    »Und das ist ein guter Freund unserer Familie, Mr Jason Ravenfield!«, klang Samanthas Stimme durch ihre Gedanken.
    Ravenfield erhob sich, ergriff ihre Hand und hauchte einen formvollendeten Handkuss darauf.
    »Freut mich, Sie wiederzusehen, Miss Ehrenfels.«
    Samanthas Mutter zog die Augenbrauen hoch. »Wiedersehen? Sie kennen sich bereits?«
    Ravenfield nickte mit einem gewinnenden Lächeln in Lillians Richtung. »Ja, wir haben uns zufällig in Christchurch getroffen. Am Postamt, nicht wahr?«
    Lillian nickte ein wenig beklommen. »Ja, ich erinnere mich.«
    »Damals haben Sie mir aber verschwiegen, dass Sie mit Ihrem Großvater reisen. Das hätten Sie tun sollen, ich hätte ihn gern kennengelernt.«
    »Oh, das …« Lillian verkniff sich den Zusatz, dass sie das nicht für eine gute Idee gehalten hätte. Wahrscheinlich hätte ihr Großvater den Fremden gleich ermutigt, ihr den Hof zu machen.
    »Da Lillian mit ihrem Großvater erst vor Kurzem hierhergezogen ist«, erklärte Samantha Ravenfield derweil, »dachte ich mir, dass ich sie ein wenig unter meine Fittiche nehme und sie in die hiesige Gesellschaft einführe.«
    »Passen Sie bloß gut auf, Miss«, meldete sich Samanthas Vater zu Wort. »Wenn Sam Sie unter Ihre Fittiche nimmt, wird Ihr Großvater schon bald sein ganzes Vermögen loswerden, weil Sie in Samt und Seide schwimmen wollen.«
    Offenbar hatte Mr Carson mittlerweile von Samanthas Großbestellung bei Mrs Billings gehört. Die bissige Bemerkung schien ihr allerdings nichts auszumachen.
    »Lillian ist sehr verantwortungsbewusst und auf keinen Fall verschwenderisch. Und soweit ich es mitbekommen habe, ist sie auch sehr klug. Sie ist also eine bei Weitem bessere Partie als ich.«
    Wie meinte sie das? Während Lillian wieder das feurige Brennen auf ihren Wangen spürte, kam ihr in den Sinn, dass Ravenfield aus einem bestimmten Grund hier zu Gast sein könnte. Hatte er womöglich um Samanthas Hand anhalten wollen?
    Lillian wusste nicht, warum, doch auf einmal spürte sie so etwas wie Eifersucht.
    »Setz dich doch!«, sagte Samantha und bugsierte sie auf den Platz neben Ravenfield. Konnte es noch schlimmer kommen?
    Unsicher blickte sie zu ihm und stellte fest, dass er sie immer noch anlächelte. Das war zwar besser, als mit einer finsteren Miene bedacht zu werden, doch wohl fühlte sich Lillian dennoch nicht – nicht bei den Gedanken, die sie hatte, wenn sie an das Treffen in Christchurch dachte.
    »Milly, bring doch noch etwas Tee und Gebäck«, sagte Mrs Carson, die in jungen Jahren Samantha wie eine Zwillingsschwester geähnelt haben musste.
    Die junge Bedienstete in ihrem hellblauen Kleid und der adrett gestärkten Schürze war unverkennbar eine Maori. Ihr dunkles Lockenhaar war unter einer weißen Haube verborgen, und obwohl sie einen wunderschönen Anblick abgab, bemerkte Lillian sie erst, als sie einen kleinen Knicks machte und dann den Salon verließ.
    Samantha schenkte Lillian derweil eine Tasse Tee ein. Sie musste ihren erstaunten Blick bemerkt haben, denn sie flüsterte Lillian zu: »Milly arbeitet schon seit fünf Jahren hier und macht sich wirklich gut.«
    Daran zweifelte Lillian nicht, aber es erstaunte

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