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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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sie, dass sich die Carsons ein Dienstmädchen leisteten. Es musste ihnen finanziell wirklich sehr gut gehen.
    »Und nun, Miss Ehrenfels, lassen Sie hören: Woher kommen Sie?«, fragte Mr Carson, nachdem sie einen Schluck von dem wirklich köstlichen Tee probiert hatte. »Ihr Name klingt nicht gerade englisch, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.«
    »Nein, ich komme aus Deutschland.« Verstohlen schielte Lillian zu Ravenfield hinüber, doch der hatte glücklicherweise den Blick abgewandt und beschäftigte sich mit seinem Kuchen. »Genau genommen aus Köln.«
    »Und was verschlägt Sie und Ihren Großvater hierher? Was sagen Ihre Eltern dazu, dass Sie ihn begleiten?«
    Lillian atmete tief durch. Es ist eben so, dass sie keine Ahnung haben, sagte sie sich. Gern redete sie nicht darüber, doch in diesem Fall wäre es unhöflich gewesen, eine Antwort schuldig zu bleiben.
    »Meine Eltern sind gestorben, als ich noch sehr klein war. Ein Zugunglück.«
    Während Mrs Carson erschrocken nach Luft schnappte, schüttelte Mr Carson brummend den Kopf. »Böse Sache. Ich sag’s ja, diese Eisenbahnen sind noch lange nicht sicher.«
    »Dann ist Ihr Großvater der einzige Verwandte, der Ihnen geblieben ist?«, schaltete sich nun Ravenfield ein. Nun lächelte er nicht mehr, aber der ernsthafte Ausdruck in seinen Augen verwirrte Lillian beinahe noch mehr als das Lächeln zuvor.
    »Ja, das ist er. Meine Großmutter ist schon vor meiner Geburt gestorben, ich bin bei ihm aufgewachsen.«
    »Dann wundert es mich nicht, dass Sie ihn auf der langen Reise begleiten«, setzte Mrs Carson hinzu und reichte ihr, als würde sie das trösten, den Teller mit dem Gebäck herüber, den Milly kurz zuvor gebracht hatte.
    Die plötzliche Aufmerksamkeit, die alle Anwesenden auf sie richteten, war Lillian unangenehm. »Ich kann mich kaum noch an meine Eltern erinnern«, sagte sie also, nachdem sie dankend einen Scone von dem Teller genommen hatte. »Mein Großvater hat gut für mich gesorgt, mir hat es eigentlich an nichts gefehlt.«
    »Muss ein guter Mann sein, Ihr Großvater«, bemerkte Mr Carson, während er anerkennend die Unterlippe vorschob. »Als Mann ein Kind allein großzuziehen, das ist schon eine Leistung.«
    »Sicher hatte er dabei etwas Hilfe, nicht wahr?«, fragte Mrs Carson ungläubig, worauf Lillian den Kopf schüttelte.
    »Nein, er hat alles allein gemacht. Mir Kleider, Essen und Bücher besorgt und alles dafür getan, dass ich eine gute Bildung erhalte. Er wollte nach dem Tod meiner Großmutter nicht mehr heiraten, also blieben wir beide allein.«
    »Donnerwetter!« Mr Carson wirkte noch immer sichtlich beeindruckt. »Sie müssen mir Ihren Großvater unbedingt mal vorstellen. Tüchtige Männer faszinieren mich immer sehr, und ich bin sicher, dass wir uns viel zu erzählen hätten.«
    Wirklich?, fragte sich Lillian im Stillen, denn mit seinen Themen neigte ihr Großvater eigentlich eher dazu, die Leute zu verwirren. »Ich werde ihm erzählen, dass Sie das gesagt haben, und wenn sich die Gelegenheit ergibt, werde ich Sie gern miteinander bekannt machen.«
    Damit schienen die Carsons zufrieden zu sein, denn sie wandten sich nun wieder ihrem Tee zu. Als Lillian zu Samantha sah, nickte diese ihr zu. Offenbar hatte sie alles richtig gemacht.
    »Welchen Beruf hat Ihr Großvater früher eigentlich ausgeübt?«, fragte Ravenfield, nachdem sie alle eine weitere Tasse Tee getrunken hatten und Milly noch einmal erschienen war, um eine frische Kanne zu bringen.
    Lillian hätte sich um ein Haar an einem Bissen Scone verschluckt. Hustend hielt sie sich die Hand vor den Mund und spülte dann mit einem Schluck Tee nach.
    Als sie Ravenfield ansah, bemerkte sie einen seltsamen Ausdruck in seinen Augen. Fast so, als wüsste er bereits, was die Antwort war. Doch woher sollte er das wissen? Wenn er Kontakt zu Mrs Peters oder den anderen Hausbesitzern in ihrer Straße hätte, wäre er ihr doch sicher schon einmal über den Weg gelaufen.
    »Bitte entschuldigen Sie, ich wollte Sie mit dieser Frage nicht zum Husten bringen«, setzte er mit einem schelmischen Funkeln hinzu.
    »Das haben Sie nicht«, entgegnete Lillian tapfer, während sie versuchte, das Kratzen der Krümel in ihrer Kehle zu ignorieren. »Ich bin nur etwas ungeschickt.« Noch einmal räusperte sie sich, dann antwortete sie: »Mein Großvater war Wissenschaftler in Köln.«
    »Oh, dann ist er nicht nur ein tüchtiger Mann, sondern auch ein angesehener.«
    Lillian nickte. »Das könnte man so

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