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Der rote Planet

Titel: Der rote Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander A. Bogdanow
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der ich arbeiten wollte,
musste den Arbeitsablauf und in den Grundzügen auch alle dabei
eingesetzten Maschinen kennen und in allen Einzelheiten
natürlich die
Maschine, an der ich arbeiten sollte. Dabei erwies es sich als
notwendig, mir Kenntnisse in allgemeiner und angewandter Mechanik und
Technologie und sogar in mathematischer Analyse anzueignen. Die
Hauptschwierigkeiten ergaben sich nicht aus dem Stoff, sondern aus der
Form. Die Lehrbücher und Anleitungen waren nicht für
einen Menschen
niederer Kulturstufe gedacht. Ich erinnerte mich, wie mich als Kind ein
französisches Mathematiklehrbuch gequält hatte, das
mir zufällig in die
Hände geraten war. Mich zog es zur Mathematik, und ich
besaß offenbar
außergewöhnliche Fähigkeiten; die
für die meisten Anfänger schwierigen
»Grenzwerte« und »Ableitungen«
kamen mir vor, als wäre ich immer mit
ihnen vertraut gewesen. Aber ich besaß nicht die logische
Disziplin und
die Praxis wissenschaftlichen Denkens, das der französische
Professor
bei seinen Lesern und Schülern voraussetzte. Sein Lehrbuch war
klar und
genau bei den Formeln, aber sehr karg bei den Erklärungen.
Ständig
fehlten die logischen Brücken, die einem Menschen von
höherer
wissenschaftlicher Bildung selbstverständlich waren, nicht
jedoch einem
jungen Asiaten.
    Oft brütete ich stundenlang über
irgendwelchen magischen
Umwandlungen, die auf die Worte folgten: »aus diesen
Gleichungen wird
abgeleitet. ..« So erging es mir auch jetzt, und zwar in noch
stärkerem
Maße, als ich die wissenschaftlichen Bücher
studierte. Der Gedanke,
dass alles leicht und verständlich wäre, wie ich zu
Beginn der
Krankheit gedacht hatte, erwies sich als Illusion. Aber Nettis
geduldige Hilfe begleitete mich stets und ebnete mir den schwierigen
    Weg.
    Bald nach Nettis Abflug begann ich in der Fabrik zu arbeiten.
Es war
ein gigantischer Komplex, der unserer Vorstellung von einer
Kleiderfabrik durchaus nicht entsprach. Dort wurde gesponnen, gewebt,
zugeschnitten, gefärbt, und als Material diente nicht Flachs,
Baumwolle
oder eine andere Pflanzenfaser, auch keine Wolle und Seide, sondern
etwas völlig anderes.
    In früheren Zeiten hatten die Marsmenschen auf
ähnliche Weise wie
auf der Erde Stoffe hergestellt: Sie kultivierten Faserpflanzen,
scherten Tiere, züchteten besondere Spinnenarten, aus deren
Gespinst
ein seidenartiger Stoff gewonnen wurde. Da man jedoch immer mehr Land
für die Getreideproduktion brauchte, mussten Kleider auf
andere Weise
als bisher hergestellt werden. Die Faserpflanzen wurden von
faserartigen Mineralien in der Art von Asbest verdrängt.
Danach
erforschten Chemiker Spinngewebe, um Stoffe mit analogen Eigenschaften
herzustellen. Das gelang ihnen, und innerhalb kurzer Zeit wurde der
gesamte Industriezweig völlig umgestaltet. Jetzt werden die
Gewebe
alten Typs nur in Museen aufbewahrt.
    Unsere Fabrik ist ein Musterbeispiel für die
industrielle
Revolution. Mehrmals im Monat wird aus den nahe gelegenen chemischen
Werken in großen Behältern eine dickflüssige
Masse geliefert. Mit Hilfe
besonderer Apparate, die Luftzutritt verhindern, wird die Masse in ein
riesiges, an der Decke hängendes Reservoir umgefüllt,
dessen flacher
Boden Hunderttausende mikroskopisch kleiner Öffnungen besitzt.
Durch
diese Öffnungen wird die klebrige Flüssigkeit unter
großem Druck zu
sehr feinen Strahlen gepresst, die an der Luft sofort trocknen und sich
in feste Spinnfäden verwandeln. Zehntausende mechanische
Spindeln
ergreifen die Fasern, drehen sie zu Fäden unterschiedlicher
Dicke und
Festigkeit' und übergeben das fertige »Garn«
der Weberei. Hier werden
die Fäden auf Webstühlen zu Stoffen verflochten, von
zarten Geweben wie
Mull und Batist bis zu festem Material wie Tuch oder filz. Die
Stoffbahnen werden dann in die Zuschneiderei gezogen, wo sie von
Maschinen sorgfältig in viele Lagen gelegt werden. Danach
werden
vorgezeichnete und ausgemessene Teile von Anzügen
ausgeschnitten.
    In der Schneiderei werden die Teile zu Kleidern
zusammengenäht,
allerdings ohne Nadeln, Fäden und Nähmaschinen. Die
Ränder der Teile
werden mit einem chemischen Lösungsmittel aufgeweicht, so dass
sie
wieder den früheren halbfesten Zustand annehmen, das
Lösungsmittel
verfliegt innerhalb einer Minute, und die Stoffteile sind so fest
verschweißt, wie sie sich nie zusammennähen
ließen. Gleichzeitig werden
die Verschlüsse

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