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Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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als das Original, Gilbert.«
    La Fayette wirkte verärgert, weil Frederic ihn unterbrochen hatte, doch schließlich war er selbst es gewesen, der darauf beharrt hatte, daß sie sich als Generalsbrüder beim Vornamen ansprechen sollten. Wenn La Fayette wie ein Marquis behandelt werden wollte, mußte er schon aufs Protokoll bestehen. »Nur zu«, sagte La Fayette.
    »Cornwallis ist ausgezogen, um die Armee von Appalachee aufzuspüren. Doch er hat sie nie gefunden. Gewiß, er fand eine Menge leere Blockhäuser, die er auch niederbrennen ließ – aber die lassen sich schon an einem Tag durch neue ersetzen. Und jeden Tag starb ein halbes Dutzend seiner Soldaten im Musketenfeuer oder wurde verwundet.«
    »Büchsenfeuer«, berichtigte La Fayette.
    »Ja, es ist wahr, diese Amerikaner ziehen gezogene Gewehrläufe vor«, warf Frederic ein.
    »Mit Büchsen kann man keine richtigen Salven abschießen, und sie lassen sich auch nur sehr langsam laden«, bemerkte Bonaparte.
    »Die schießen überhaupt keine Salven ab, es sei denn, sie sind in der Mehrzahl«, erwiderte La Fayette.
    »Ich erzähle jetzt die Geschichte«, unterbrach ihn Frederic. »Cornwallis kam nach Franklin und mußte erkennen, daß seine halbe Armee tot war, verwundet oder damit beschäftigt, die Nachschubwege zu sichern. Benedict Arnold – der General von Appalachee – hatte die Stadt befestigt. Erdaushebungen, Balustraden, Gräben, die Hügel hinauf und die Hügel hinunter. Lord Cornwallis versuchte die Stadt zu belagern, doch die Cherriky bewegten sich so leise, daß die Wachposten der Cavaliers sie nie hörten, wie sie nachts Vorräte herbeischafften. Geradezu teuflisch, wie diese Weißen von Appalachee so eng mit den Roten zusammenarbeiteten – sie haben sie von Anfang an zu Bürgern gemacht und es hat sich für sie tatsächlich ausgezahlt. Truppen aus Appalachee überfielen Cornwallis' Nachschubwege so häufig, daß es keinen Monat dauerte, bis deutlich wurde, daß Cornwallis selbst der Belagerte war und nicht etwa der Belagerer. So kapitulierte er schließlich mit seiner gesamten Armee, und der englische König mußte Appalachee die Unabhängigkeit gewähren.«
    Bonaparte nickte feierlich.
    »Und jetzt kommt das Raffinierteste dabei«, sagte La Fayette. »Nachdem er kapituliert hatte, wurde Cornwallis in Franklin City eingelassen und mußte feststellen, daß man schon lange vor seiner Ankunft sämtliche Familien evakuiert hatte. Das ist das Besondere dieser Amerikaner hier draußen an der Grenze der Wildnis. Die können jederzeit aufbrechen und sich irgendwoanders hinbegeben. Man kann sie nicht festnageln.«
    »Aber man kann sie töten«, meinte Bonaparte.
    »Dazu muß man sie aber erst einmal fangen«, erwiderte La Fayette.
    »Sie besitzen Äcker und Höfe«, wandte Bonaparte ein.
    »Ja, man könnte versuchen, jeden Hof ausfindig zu machen«, räumte La Fayette ein, »aber wenn man dann dort eintrifft, ist entweder niemand zu Hause oder nur eine schlichte Bauernfamilie. Kein einziger Soldat. Es gibt einfach keine Armee. Sobald man aber wieder abzieht, wird man aus dem Hinterhalt aus dem Wald beschossen. Das ist dann vielleicht derselbe bescheidene Bauer, vielleicht aber auch nicht.«
    »Ein interessantes Problem«, antwortete Bonaparte. »Man weiß also nie, wer der Feind ist. Er konzentriert seine Kräfte nicht.«
    »Weshalb wir auch mit den Roten arbeiten«, erklärte Frederic. »Schließlich können wir ja schlecht selbst herumgehen und unschuldige Bauernfamilien ermorden, oder?«
    »Also bezahlt Ihr die Roten dafür, daß sie sie für Euch töten.«
    »Ja. Es funktioniert recht gut«, bestätigte Frederic, »und wir hegen auch keine Absichten, etwas anderes zu tun.«
    »Gut? Es funktioniert gut?« versetzte Bonaparte abfällig. »Vor zehn Jahren gab es westlich der Appalachee Mountains keine fünfhundert amerikanische Haushalte. Inzwischen gibt es zwischen den Appalachees und dem My-Ammy zehntausend Haushalte, und immer noch ziehen immer mehr gen Westen.«
    La Fayette zwinkerte Frederic zu. Frederic haßte es, wenn er sich so gab. »Napoleon hat unsere Depeschen gelesen«, warf La Fayette fröhlich ein. »Er hat unsere Einschätzungen der amerikanischen Siedlertätigkeit im Reservat auswendig gelernt.«
    »Der König wünscht, daß dieses amerikanische Eindringen auf französisches Gebiet aufhört, und zwar sofort«, sagte Bonaparte.
    »Ach, tut er das?« konterte La Fayette. »Auf welch seltsame Weise er es dann doch zeigt!«
    »Seltsam? Immerhin

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