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Der Rote Sarg

Der Rote Sarg

Titel: Der Rote Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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abgefeuerte Patrone enthielt die falsche Menge Schießpulver. Die Waffe ist von schlechter Qualität, genau wie die Munition. Die Pistole wurde abgefeuert, die Hülse wurde ausgeworfen, aber das Geschoss wurde nur in den Lauf getrieben, wo es stecken blieb. Als der Abzug das nächste Mal durchgezogen wurde, krachte das zweite Geschoss auf das erste …«
    »Und beide Geschosse drangen gleichzeitig in seinen Kopf ein.«
    »Genau.«
    »Und die ganze Welt glaubt, Sie wären ein Zauberer.« Der Zar strich sich über den Bart. »Haben Sie die Polizei über Ihre Entdeckung in Kenntnis gesetzt?«
    »Noch nicht. Es war schon spät, als ich mit der Obduktion fertig war. Ich werde morgen gleich als Erstes den Petrograder Polizeichef informieren. Er kann dann ja eine öffentliche Erklärung herausgeben.«
    »Nun, Pekkala.« Der Zar legte die Fingerspitzen auf den Schreibtisch wie jemand, der zum Klavierspiel ansetzt. »Ich möchte, dass Sie etwas für mich tun.«
    »Was, Exzellenz?«
    »Nichts.«
    »Verzeihung?«
    »Ich will, dass Sie nichts tun.« Er wies zur Tür, hinter der das weite russische Reich lag. »Lassen Sie sie glauben, was sie glauben wollen.«
    »Dass sich die Kugel in Luft aufgelöst hat?«
    Der Zar nahm den Bleiklumpen und ließ ihn in die Tasche seines Rocks fallen. »Sie hat sich in Luft aufgelöst«, sagte er.

S ie sind damals dort gewesen?«, fragte Pekkala.
    »Ich bin zufällig über den Markt gegangen«, antwortete Maximow. »Ich habe alles gesehen und mich immer gefragt, wie Sie das überleben konnten.«
    »Später«, sagte Pekkala, »wenn Sie meine Fragen beantwortet haben, beantworte ich vielleicht einige von Ihnen.«
    Die Datscha der Nagorskis hatte ein traditionelles, strohgedecktes Dach und Holzfensterläden und war ganz offensichtlich um einiges älter als die Anlage selbst. Sie stand als einziges Gebäude am Ufer eines kleines Sees. Mit Ausnahme der Lichtung, auf der die Datscha errichtet war, reichte der dichte Wald bis ans Wasser.
    Es war ruhig und friedlich hier. Die Wolkendecke war aufgerissen, die Wasseroberfläche glitzerte sanft im Abendlicht. Auf dem See war ein Ruderboot zu sehen, darin saß ein Mensch, der gerade eine Angelrute mit einer weit ausholenden Armbewegung auswarf. Die lange Leine funkelte silbern, als sich die Sonnenstrahlen darauf fingen, und beschrieb mehrere weite Bögen, bis der kleine Punkt an der Spitze auf der Wasseroberfläche aufsetzte. Winzige Insekten umschwirrten den Angler wie perlende Bläschen in einem Champagnerglas.
    Pekkala war so fasziniert von diesem Anblick, dass er die Frau, die von der Rückseite des Hauses aufgetaucht war, erst bemerkte, als sie unmittelbar vor ihm stand.
    Sie war schön, obwohl sie müde aussah und eine stille Verzweiflung sie zu umgeben schien. Sie hatte kurze, dicht gelockte, dunkle Haare, ein kleines Kinn und tiefdunkle Augen.
    Die Frau beachtete Pekkala gar nicht, sondern wandte sich sofort an Maximow, als dieser aus dem Wagen stieg. »Wer ist dieser Mann?« fragte sie. »Und warum ist er so schmutzig und wie ein Totengräber angezogen?«
    »Das ist Inspektor Pekkala«, antwortete Maximow. »Vom Büro für besondere Operationen.«
    »Pekkala«, wiederholte sie. Ihre dunklen Augen musterten ihn. »Ach ja. Sie haben meinen Mann im Restaurant verhaftet.«
    »In Gewahrsam genommen«, erwiderte Pekkala. »Nicht verhaftet.«
    »Ich dachte, es wäre alles geklärt.«
    »Das ist es auch, Frau Nagorskaja.«
    »Warum sind Sie dann hier?«, fragte sie scharf.
    Wahrscheinlich, wurde Pekkala plötzlich bewusst, ahnte sie insgeheim schon alles, wahrscheinlich hatte sie die Nachricht schon seit sehr langer Zeit erwartet.
    »Er ist tot, nicht wahr?«, fragte sie.
    Pekkala nickte.
    Maximow legte ihr die Hand auf die Schulter.
    Wütend schüttelte sie ihn ab. Und dann verpasste sie Maximow abrupt eine Ohrfeige. »Sie hätten auf ihn aufpassen sollen!«, schrie sie, hob die Fäuste und trommelte auf seine Brust ein.
    Maximow war so verblüfft über ihren Wutausbruch, dass er sich nicht wehrte. Wankend trat er einige Schritte zurück.
    »Das war Ihre Aufgabe!«, schrie sie. »Er hat Sie aufgenommen, er hat Ihnen eine Chance gegeben, als niemand für Sie da war. Und jetzt das! So danken Sie ihm das?«
    »Frau Nagorskaja«, flüsterte Maximow. »Ich habe alles für ihn getan, was in meiner Macht stand.«
    Nagorskaja starrte ihn an, als würde sie ihn gar nicht kennen. »Wenn Sie nur irgendetwas getan hätten, dann wäre mein Mann noch am Leben!«
    Der

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