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Der Rote Sarg

Der Rote Sarg

Titel: Der Rote Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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jetzt ist es stockfinster. Ich mache mir Sorgen, dass er sich verirrt und der Anlage zu nahe kommt. Die Gefahren, die dort lauern, kennen Sie ja.«
    Pekkala musste an das rostige Eisenrohr denken, das Hauptmann Samarin aufgespießt hatte. »Gut, Frau Nagorskaja«, sagte er. »Ich mache mich auf den Weg. Aber es gibt keinen Grund, sich allzu große Sorgen zu machen. Konstantin kann wahrscheinlich ganz gut auf sich selbst aufpassen.«

    Die Scheinwerfer des Emka bohrten sich in die tiefe Dunkelheit, als Pekkala eine Stunde später am ausgedehnten Gelände der Anlage entlangfuhr. Plötzlich stotterte der Motor. Pekkala überlegte noch, was der Grund dafür sein konnte, als der Motor erneut aussetzte.
    Er starrte auf die Instrumente im Armaturenbrett. Batterie, Uhr, Tacho, Kraftstoffanzeige. Leise fluchte er. Die Tankanzeige hatte beim Verlassen der Stadt noch bei drei Viertel gestanden, jetzt befand sie sich fast im leeren Bereich. Der Tankwart fiel ihm ein. Die Tankanzeige, hatte er gesagt, scheine zu klemmen und gehöre ausgetauscht. Jetzt wünschte sich Pekkala, er hätte auf seinen Rat gehört. Erneut stotterte der Motor, die Scheinwerfer flackerten. Es war, als würde der Wagen langsam in eine Ohnmacht gleiten.
    »O nein, das wirst du schön bleibenlassen!«, rief Pekkala.
    Wie zum Trotz starb der Motor in diesem Augenblick endgültig ab, und es waren nur noch die ausrollenden Reifen zu hören. Pekkala lenkte das Fahrzeug an den Straßenrand.
    Er stieg aus, sah sich um, dann fluchte er auf Finnisch, einer Sprache, die zum Fluchen wie geschaffen war. »Jumalauta!«, brüllte er in die Dunkelheit.
    Vor ihm erstreckte sich die im nächtlichen Dunst fahl schimmernde Straße. Zu beiden Seiten stand schwarz und undurchdringlich der Wald. Sterne drängten sich an den Horizont und hingen wie Verzierungen über den Sägezähnen der Kiefern.
    Pekkala knöpfte sich den Mantel zu und setzte sich in Bewegung.
    Eine Viertelstunde später stand er vor dem Haupttor.
    Der Wachposten saß vor dem Wachhäuschen auf einem niedrigen Hocker und stocherte mit einem Stock in einem Feuer.
    »Guten Abend«, sagte Pekkala.
    Erschreckt fuhr der Wachposten hoch, sein Hocker kippte um. »Heilige Mutter Gottes!«, rief er aus.
    »Nein«, erwiderte Pekkala leise. »Ich bin’s.«
    Nur mit Mühe gewann der Wachposten sein Gleichgewicht wieder und stürzte ins Wachhäuschen. Einen Augenblick später kam er mit einem Gewehr zurück. »Wer zum Teufel ist da?«, schrie er in die Finsternis.
    »Inspektor Pekkala.«
    Der Wachposten ließ das Gewehr sinken und spähte durch den Maschendrahtzaun zu Pekkala. »Sie haben mich zu Tode erschreckt.«
    »Mein Wagen ist liegengeblieben.«
    Das brachte den Mann wieder zur Besinnung. Er stellte das Gewehr zur Seite und öffnete das knarrende Tor.
    »Ist Maximow hier?«, fragte Pekkala.
    »Er ist kurz vor Sonnenuntergang gekommen und hat das Gelände seitdem nicht mehr verlassen. Ich war die ganze Zeit auf dem Posten.«
    »Danke«, sagte Pekkala und machte sich auf den Weg zur Anlage. Kurz darauf blickte er noch einmal zurück. Der Wachposten saß wieder auf seinem Hocker und stocherte im Feuer.
    Es waren nur noch wenige Stunden bis Sonnenaufgang, als Pekkala endlich den schlammigen Platz vor der Anlage erreichte. Maximows Wagen war vor der Kantine abgestellt, wo die Arbeiter ihre Mahlzeiten einnahmen. Die Tür zum Gebäude war geöffnet. Drinnen lag Maximow auf dem Boden, der Mund stand ihm offen, er atmete schwer. Pekkala stupste ihn mit der Stiefelspitze an.
    »Gehen Sie weg!«, murmelte Maximow. »Lassen Sie mich in Ruhe.«
    »Wachen Sie auf!«, sagte Pekkala.
    »Ich sagte doch …« Unsicher setzte sich Maximow auf, sein Kopf pendelte hin und her, bis er Pekkala erblickte. »Sie!«, entfuhr es ihm. »Was wollen Sie hier?«
    »Jelena Nagorskaja hat mich geschickt. Sie sagt, Sie hätten Schwierigkeiten gemacht.«
    »Ich hab keine Schwierigkeiten gemacht«, protestierte Maximow. »Ich liebe sie. Und ich kümmere mich um ihren Sohn.«
    »Sie haben eine aufdringliche Art, das zu zeigen, Maximow.«
    Mit leerem Blick sah er sich im Raum um. »Ich hab vielleicht ein paar Dinge gesagt, die ich besser nicht gesagt hätte.«
    Pekkala setzte Maximow den Stiefel auf die Brust und ließ ihn sacht nach hinten kippen. »Lassen Sie Frau Nagorskaja in Ruhe!«
    Mit einem dumpfen Laut schlug Maximow am Boden auf. »Ich liebe sie«, murmelte er wieder.
    »Träumen Sie was Schönes«, sagte Pekkala. »In der Zwischenzeit borge ich

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