Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der rote Tod

Der rote Tod

Titel: Der rote Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
Vom Netzwerk:
einige Zeit den einen Fuß vor den anderen setzen, dann konnte ich mich ausruhen. Ein wenig Schlaf in meinem eigenen Bett, und ich würde den anderen morgen alle Einzelheiten erklären.
    Gott, was würde ich ihnen erzählen?
    Später. Später. Später.
    Ich gab alle Gedanken auf, wanderte dahin und ließ meine Sinne treiben. Der Straßenstaub, der von meinen Schuhen hochgeworfen wurde, das Summen der Nachtinsekten, der Wind, der in den Bäumen raschelte, all dies waren höchst willkommene Ablenkungen. Normal. Anspruchslos.
    »Wer is' da?«
    Die Störung durch eine menschliche Stimme ließ mich zusammenfahren und wieder zu mir selbst finden.
    »Sprechen Sie! Ich hab' 'n Gewehr auf Sie gerichtet.« Trotz seiner mutigen Ankündigung war ein deutliches Schwanken in seiner Stimme zu hören.
    »Sind Sie das, Mr. Nutting?«, rief ich zurück. Etwas wie Erleichterung durchdrang mich, als ich Mervin Nutting erkannte, den Küster. Er hielt sich im Schütze des großen Schattens eines Baumes auf, aber ich hatte keine Probleme, ihn auszumachen. Es war verwirrend, dass er mich nicht sehen konnte, der ich keine zwanzig Meter von ihm entfernt mitten auf der Straße stand.
    »Wer sind Sie?«, verlangte er zu wissen, indem er mich argwöhnisch anblickte und sich dann blindlings weiterbewegte. Er hielt eine Pistole in der Hand. »Treten Sie vor.«
    »Ich bin direkt ...« Oje. Vielleicht war es doch nicht so eine gute Idee, dem Mann gegenüberzutreten, der mich höchstwahrscheinlich gerade begraben hatte. Mein Mund klappte zu.
    »Kommen Sie! Zeigen Sie sich!«
    Ich trat einen Schritt zurück. Leise. Und noch einen. Mein Schuh stieß gegen einen Stein. Nutting drehte sich mit seinem Gewehr in meine Richtung. Er sah verängstigt, aber entschlossen aus. Seine Kleidung – die wenige, die er trug – wies darauf hin, dass er erst kürzlich aus dem Bett aufgestanden war. Sein Haus war ganz in der Nähe der Kirche; er musste mein Toben gehört haben und herausgekommen sein, um nachzusehen. Kein Wunder, dass er so angsterfüllt war.
    »Kommen sie raus!«
    Jetzt nicht, dachte ich und bewegte mich vorsichtiger. Es war besser, ihn im Dunkeln tappen und in The Oak Spekulationen über einen Spuk anstellen zu lassen, als mit der Wahrheit herauszurücken und ihn zu Tode zu erschrecken.
    »Was is'en los, Herr Nutting?« Ein zweiter Mann tauchte hinter ihm auf, der sich die Uniformjacke eines Söldners anzog, während er versuchte, seine Laterne festzuhalten. Er musste wohl in Nuttings Haus einquartiert sein.
    »Diebe oder Schlimmeres«, war die Entgegnung. »Halten Se se hoch, Mann, damit wir was sehen können.« Er rüttelte an dem Arm des Söldners.
    »Vorsicht! Das Feuer!«, schrie dieser auf, aus Angst, die Laterne fallen zu lassen.
    Die Laterne mochte ihnen vielleicht helfen, aber ich empfand keinen wirklichen Unterschied. Sie schien mir wie eine Kerze gegen volles Tageslicht. Meine Augen waren nun an die Dunkelheit gewöhnt, aber eigentlich hätte meine Sicht nicht so klar sein dürfen.
    Mutiger geworden durch die Verstärkung, trat Nutting gemeinsam mit dem anderen auf die Straße vor. Ich sah jede Einzelheit ihrer Gesichter, sogar die Farben ihrer Kleidung; sie dagegen waren beschränkt auf den Radius ihres schwachen Lampenlichtes. Ich wich noch weiter zurück, aber konnte nicht einschätzen, was der richtige Abstand sein mochte, um außerhalb des Lichtkegels zu bleiben.
    »Dort!«, rief der Söldner. Er zeigte direkt auf mich.
    Ob Nutting deutsch verstand oder nicht, war unklar, aber er hatte eine ungefähre Vorstellung, was gemeint war, und zog seine Pistole. Er brüllte einen Befehl. Oder begann damit . Ich wartete nicht darauf, dass er zum Ende kam, sondern stürzte die Straße schneller hinunter, als ich je gerannt war.
    Nutting war besser im Biertrinken als im Wettrennen, und sein Begleiter war nicht gewillt, ohne Waffen weiterzulaufen. Bald wurde mein Abstand zu ihnen immer größer. Weit hinter mir, aber für mich immer noch sichtbar, gaben sie die Verfolgung auf.
    Nun, das hatte mir geholfen, wach zu werden. Ich verlangsamte mein Tempo, bis ich nicht mehr lief, sondern ging, wenn auch schnell. Ich atmete nicht schwer. Großer Gott im Himmel, ich atmete überhaupt nicht.
    Ich stöhnte, als mir das einfiel. Was wurde aus mir?
    Alle Fragen kehrten mit aller Macht zurück, und ich fand keine Antworten. Die Zeit würde sich der meisten von ihnen annehmen, keine Frage, aber die Begegnung mit Nutting hatte mir deutlich vor Augen geführt,

Weitere Kostenlose Bücher