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Der rote Tod

Der rote Tod

Titel: Der rote Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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sagte sie, gespielt beleidigt.
    »Daran ist nichts Selbstsüchtiges.«
    Ihre Verstellung schwand dahin. »Doch, schon, wenn alles woran ich denken kann, das tägliche Zusammenleben mit dieser schrecklichen Frau und ihren Speichelleckern ist, anstatt min Sorgen um dich zu machen, weil du alleine in der Fremde bist.«
    »Oh.«
    »Denke nicht schlecht von mir, Jonathan.«
    »Das tue ich nicht. Glaub mir, das tue ich nicht. Ich habe bloß nie darüber nachgedacht, wie es für dich sein wird, wenn ich fort bin.«
    »Dann danke ich dir dafür, dass du jetzt darüber nachdenkst. Aber es dauert vielleicht nicht ewig, weißt du. Du hast gesehen, wie es heute in der Kirche war. Sie und dieses feine Paar planen, morgen Besuche zu machen, aber ich glaube, dass viele der Leute, die sie besuchen wollen, unabkömmlich sind. Oh, mein Lieber, was ist los?« Bei meinem Gesichtsausdruck runzelte sie die Stirn.
    »Ich habe nur das Gefühl, dass diese Aktion deiner nicht würdig ist.«
    Sie wollte gerade anfangen, dies entweder zu bestreiten oder sich zu verteidigen, hielt jedoch inne. Ihre Miene wurde hart. »Das ist sie tatsächlich nicht, aber sie hat mich furchtbar verletzt, und ich möchte sie ihrerseits verletzen. Das mag nicht sehr christlich sein, aber dadurch geht es mir besser.«
    »Ich weiß, ich will nur nicht, dass du dich daran so sehr gewöhnst, dass es dich verzehrt. Denn sonst erkenne ich dich auch nicht wieder, wenn ich zurückkomme.«
    Das Gefühl hinter diesen Worten drang zu ihr durch. »Du glaubst, ich könnte werden wie sie?«
    »Überhaupt nicht, aber es würde mir gar nicht gefallen, dich so von ihr beeinflusst zu sehen, dass du zu jemandem werden würdest, der du nicht bist.«
    »Gott bewahre«, murmelte sie, indem sie auf den Boden starrte. »Spiegel können schreckliche Dinge sein, oder nicht? Aber sie sagen dir die Wahrheit, wenn du hineinsiehst.«
    »Ich wollte dich nicht verletzen ...«
    »Nein. Ich verstehe, was du meinst.«
    »Was wirst du tun?«
    »Ob meine Aktionen mich erniedrigen oder nicht, ich werde sie bis zum Ende durchhalten. Wenn Mutter fortgeht, schön und gut, wenn nicht, dann werde ich vielleicht Vaters Beispiel folgen und selbst das Haus verlassen. Ich habe viele Freunde, die ich besuchen kann, aber gib mir etwas Zeit, kleiner Bruder, und vertrau meinem Ehrgefühl.«
    Dieses Wort ließ mich zusammenzucken. Danach hörte ich auf, sie zu tadeln.
    Da die Hoffnung auf Rettung nun zerschlagen war, gab es nicht viel anderes zu tun, als Vaters Beispiel zu folgen. Ich spielte in Mutters Gegenwart ihre Marionette, und es lohnte sich. Das Taschengeld, das Vater für mich arrangierte, war mehr als großzügig. Vielleicht versuchte sie, meine Zuneigung zu erkaufen. Vielleicht machte sie sich überhaupt keine Gedanken darüber. Erst später wurde mir klar, dass es ihr Ziel war, dass ich andere Leute beeindrucken sollte. Sie erteilte mir zahlreiche ermüdende Lektionen, in denen sie mich instruierte, wie ich mich benehmen sollte, wenn ich in England war. Ich hatte schon vor einigen Jahren Unterricht gehabt, aber fürchtete für eine Weile, dass sie einen neuen Tanzlehrer einstellen würde, um meine Erinnerung an die korrekte Körperhaltung in der feinen Gesellschaft aufzufrischen.
    Im darauffolgenden Monat ließ ich eine Reihe von Abschiedsfeiern mit meinen Freunden, Anproben für neue Kleidung und sorgfältige Entscheidungen, was mitzunehmen sei, über mich ergehen. Wie Elizabeth es vorhergesagt hatte, war Mutters Empfang in unseren Kreisen von deutlicher Kühle geprägt, aber es gab einige Anlässe, die die Anwesenheit unserer gesamten Familie erforderten, sodass die Frau dennoch am sozialen Leben teilnahm. Es waren genug, um sie zufrieden zu stellen, aber Elizabeth war sicher, dass die Anzahl der Einladungen dramatisch sinken würde, sobald ich nach England abgereist sei. Sie versprach, mir alles in allen Einzelheiten zu beschreiben.
    Ich benutzte mein Federmesser, um weitere Teile des Kerns aus der zerbrochenen Walnuss herauszuschälen. Auf der anderen Seite des Raumes fand ein Streit zwischen zwei betrunkenen Arbeitern statt, der aussah, als würde er sich zu einem ernsthaften Kampf entwickeln. Der Akzent der Männer war so stark, dass ich den Inhalt dessen, was sie brüllten, nicht verstand, obwohl es völlig klar war, dass sie Flüche ausstießen. Eine Gruppe von Damen kauerte sich zusammen und hielt sich die Ohren zu, bis auf eine, die auf die Knie fiel, um zu beten. Sie schrie auf, als eine ihrer

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