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Der rote Tod

Der rote Tod

Titel: Der rote Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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Und meinen Stock in der Hand hielt. Seine Bewegungen waren kontrolliert und ziemlich sicher. Sein Gesicht hatte keinen betrunkenen Ausdruck mehr. Sein Gesicht...
    Lieber Gott.
    »Ein wahrer Freund, Barrett«, flüsterte er.
    Ich versuchte zu sprechen. Nichts passierte. Da war zu viel Schmerz im Weg.
    Indem er den Stock in beiden Händen hielt, drehte er die beiden Teile gegeneinander. Ich hatte ihm und anderen den Trick während der Übungen in der Fechtgalerie gezeigt. Der Griff löste sich, und heraus glitten einige Zentimeter spanischen Stahls, scharf wie eine Rasierklinge.
    Nein ...
    Ich muss wohl irgendein Geräusch gemacht haben. Er hob einen Fuß über meinem Magen und trat mit seinem ganzen Gesicht zu. Die Luft entwich aus meinen Lungen. Kein Atem, keine Bewegung, keine Möglichkeit, Nora zu warnen ...
    Die gerade zur Tür hereinkam, aber er war darauf vorbereitet und schoss herum, die Klinge genau in der richtigen Höhe, sodass er den Arm nur gerade nach vorne strecken musste, und alles, was sie tun konnte, war, ein kleines fragendes Keuchen auszustoßen, als der Stahl in ihrer Brust verschwand.
    Sie schien in der Luft zu hängen, oben gehalten nur von der dünnen Klinge.
    Ihre bebenden Hände wedelten herum, als suche sie eine Möglichkeit, sie festzuhalten und herauszuziehen. Ihre Augen spiegelten den ersten Schock, Schmerz und dann noch mehr Schmerz, als ihr sein Betrug klar wurde. Sie flackerten voller Angst auf mich herunter. Ich konnte meine Hand in ihre Richtung öffnen. Sonst nichts.
    Blut tauchte auf dem elfenbeinfarbenen Satin ihres Mieders auf. Über ihrem Herzen.
    Warburton atmete sanft aus, wie ein Lachen.
    Nora schwankte zu einer Seite und fiel schwer gegen die Wand, indem sie ihre Arme zur Seite ausstreckte, auf der Suche nach Balance.
    Warburton, der den Stockdegen noch immer fest hielt, folgte ihrer Bewegung, als seien sie ein Tanzpaar.
    In meinen Gedanken schrie ich. Außerhalb herrschte Stille.
    Stille ... bis Nora auf den Boden glitt und der Stoff raschelte und ihre Lippen einen Laut bildeten, der halb ein Schluchzen, halb ein Stöhnen war. Ihr weiter Rock schwebte um sie herum wie eine Blüte. Sie starrte ihn die ganze Zeit an, ihre Augen übervoll vor Qual und Arger und Sorge und Abscheu; starrte, bis ihre Augen reglos und leer wurden und alle Bewegung und jedes Gefühl ins Nichts dahingeschwunden waren, bis nichts mehr übrig war.
    Erst da zog Warburton die Klinge aus ihrem Körper.
    Drehte sich um. Blickte von ihr zu mir. Er ragte bedrohlich über mir auf wie ein Riese und schwang den Degen, sodass die Spitze ganz leicht unter mein Kinn klopfte, klopfte, klopfte. Er lächelte mich an. Fröhlich, heiter, an allem interessiert und vollkommen normal – das gleiche Lächeln, das ich an dem Tag gesehen hatte, an dem ich ihn zum ersten Mal getroffen hatte. Das Lächeln eines geistig gesunden Mannes, der nicht geistig gesund war.
    Er griff nach unten, um mein Halstuch aufzureißen, damit es leichter wäre, den Degen von Ohr zu Ohr durchzuziehen. Es war besser, das Hindernis zu entfernen, als es durchzuschneiden. Mir zuckte der Gedanke durch den Kopf, dass es so aussehen sollte, als hätte ich erst Nora und dann mich selbst getötet. Er platzierte die Schneide an meinem Hals. Ich spürte ihren kalten Druck. Ein Teil von mir begrüßte das, was kommen würde, denn ich wäre dann wieder mit Nora zusammen, ein Anderer Teil wütete dagegen, widerstand ihm, bekämpfte es ...
    Und konnte nichts tun, nichts, um ihn zu stoppen. Er schlug meine schwachen Hände mühelos weg. Sinnlos. Sinnlos.
    Wenn der Himmel nicht meine Bestimmung sein sollte, dann konnte mich in der Hölle nichts Schlimmeres erwarten als diese reine Hilflosigkeit, die ich in diesen letzten Sekunden empfand.
    Die Klinge drückte gegen meine nackte Haut. Sie war befleckt mit ihrem Blut.
    Er ließ wieder dieses sanfte, lachende Geräusch vernehmen.
    Alles, was ich zustande brachte, war ein Stöhnen, als sich sein Arm bog, um die Klinge – Etwas packte sein Handgelenk wie eine Schlange, die ihre Giftzähne in ihr Opfer schlägt. Der Degen machte einen Ruck nach oben, weg von meinem Hals. Erstaunen ließ Warburton einen Moment lang erstarren. Er starrte, völlig ungläubig, bevor sein Verstand wiederkehrte und ihm sagte, dass das, was er sah, einfach nicht möglich sein konnte. Sie musste – musste tot sein. Das Blut war noch auf ihrem Kleid zu sehen ... Großer Gott, ich konnte es riechen. Niemand konnte eine so schreckliche Wunde

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