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Der Rote Wolf

Der Rote Wolf

Titel: Der Rote Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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ich unter Verdacht, ein Verbrechen begangen zu haben?«
    »Natürlich nicht.«
    »Na also«, sagte Annika. »Dann gehe ich jetzt.« »Ich befehle Ihnen zu bleiben.«
    »Dann verhaften Sie mich doch«, sagte Annika und ging.
    Sie nahm ein Taxi nach Lövskatan, um ihr Auto zu holen, und bezahlte mit der Kreditkarte der Zeitung, ein Privileg, das ihr geblieben war, obwohl sie freiwillig darauf verzichtet hatte, weiter als Chefin der Kriminalredaktion zu arbeiten.
    Als das Taxi davongefahren war, blieb sie stehen und lauschte dem Grollen des Stahlwerks. Sie hatte den ganzen Tag über kaum einen Gedanken an Thomas verschwendet. Eine der Krankenschwestern hatte ihn angerufen und ihm mitgeteilt, sie liege zur Beobachtung im Krankenhaus von Lulea, was nicht ganz der Wahrheit entsprach, denn sie war nur untersucht und anschließend gleich wieder entlassen worden. Aber sie hatte nicht protestiert, er sollte ruhig in dem Glauben bleiben, dass sie krank war.
    Sie holte tief Luft, und die eisig kalte Luft kratzte wie Schmirgelpapier in ihrer Luftröhre.
    Das Licht um sie herum veränderte sich plötzlich, und sie blickte zum Himmel hinauf und sah, dass sich ein Schleier vor den Mond geschoben hatte. Im nächsten Augenblick wurde über ihrem Kopf ein Feuerwerk gezündet, wie sie es nie zuvor gesehen hatte.
    Über den gesamten Horizont wurde ein Bogen aus hellblauem Licht an den Himmel geworfen, Pinselstriche, deren Urheber das Universum war, bewegten sich in weit ausholenden Schwüngen und spalteten sich in Kaskaden aus leuchtenden Farben am ganzen Himmelsgewölbe.
    Farben und Licht und Sterne wechselten einander ab, wurden intensiver und lösten sich wieder auf.
    Ein Nordlicht, dachte sie, und im nächsten Moment begann der Himmel Funken zu sprühen. Sie trat unwillkürlich ein paar Schritte zurück, war umgeben vom zischenden Weltraum. Ein Hauch von Lila vermischte sich mit einem grünen Halbkreis, die beiden Bögen umspielten einander, das Licht zischte und knisterte und war lebendig.
    Es ist wirklich eine eigenartige Welt hier oben, dachte sie. Wenn die Erde gefroren ist, beginnt der Himmel zu singen und zu tanzen.
    Sie lachte leise. Es war ein seltsamer Tag gewesen. Sie öffnete den Wagen, setzte sich hinein und drehte den Zündschlüssel. Der Motor sprang träge an. Im Handschuhfach fand sie einen Eiskratzer und stieg aus. Als sie die Scheiben freigekratzt hatte, setzte sie sich wieder hinein und schaltete die Scheinwerfer an.
    Sie beleuchteten die Hügelkuppe, hinter der Karina Björnlund verschwunden war. Am Horizont sah sie einen rosa Bogen aufblitzen und vergehen, und plötzlich erinnerte sie sich an den Transformatorenkasten und den Seesack.
    Er war weniger als einen Kilometer entfernt.
    Sie legte den ersten Gang ein und rollte mit knirschenden Kugellagern die Straße hinauf und dann den Weg hinab, der allmählich immer schmaler wurde. Sie fuhr langsam, und als sie die Überführung hinter sich gelassen hatte, schaltete sie in den Leerlauf, zog die Handbremse an und ging zu dem Kasten. Die Tür hatte einen Riegel. Zögernd nahm sie das gefrorene Metall in die Hand, drehte den Griff nach oben und zog. Der Kasten öffnete sich auf Anhieb, und der Seesack fiel ihr vor die Füße.
    Er war schwer, jedoch nicht so bleiern, wie er gewirkt hatte, als der Mann ihn hinter sich hergeschleift hatte.
    Annika sah sich um und kam sich vor wie ein Dieb in der Nacht. Nur die Sterne und das Nordlicht leisteten ihr Gesellschaft. Der Atem stand in weißen Wolken um sie herum und vernebelte ihren Blick, als sie in die Hocke ging.
    Was immer sich in dem Sack befand, es war Ragnwalds Erbe für seine Kinder.
    Er hatte sie um sich geschart, um ihnen sein Testament zu verkünden. Sie hielt den Atem an und löste den großen Knoten, mit dem der Sack verschlossen war.
    Anschließend richtete sie sich auf, schaute mit klopfendem Herzen nach unten, sah nichts, streckte eine Hand hinein und bekam einen Karton mit spanischen Medikamenten zu fassen. Sie legte ihn vorsichtig auf die Erde und griff erneut hinein.
    Eine Dose mit großen gelben Tabletten. Göran Nilsson hatte am Ende seines Lebens starke Medikamente eingenommen.
    Eine Packung Pillen.
    Ein Karton mit rotweißen Kapseln.
    Sie seufzte, streckte ein letztes Mal die Hand in den Sack und hielt einen etwa fünf Zentimeter dicken Stapel mit Geldscheinen in der Hand.
    Sie zuckte zusammen und starrte das Geld an. Es waren Euro. Hunderter.
    Sie sah sich um, Hochofen Zwei des Eisenhüttenwerks stieß

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