Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rote Wolf

Der Rote Wolf

Titel: Der Rote Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
die Neonröhren an der Decke als blaue Stangen auf der Innenseite der Lider.
    »Sie sind immer noch da«, sagte sie. »Jetzt bin ich auch noch ziemlich wacklig auf den Beinen.«
    »Glaubst du wirklich, es ist nur der Stress? Kannst du es nicht ein bisschen ruhiger angehen lassen?«
    Annika klang wirklich besorgt.
    »Ich werde es versuchen«, murmelte Anne.
    »Hast du Miranda diese Woche?«
    Annikas Freundin schüttelte mit der Hand über den Augen den Kopf »Sie ist bei Mehmet.«
    »Ist das jetzt gut oder schlecht?«
    »Ich weiß es nicht«, flüsterte Anne. »Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte.«
    »Du schaffst das schon«, erwiderte Annika. »Komm morgen zu mir. Thomas spielt Tennis, ich kaufe uns ein paar Biskuits.«
    Anne Snapphane lachte auf und wischte sich die Tränen aus den Augen.
    Als sie aufgelegt hatten, fuhr Annika weiter. Sie machte sich Sorgen, denn zum ersten Mal glaubte sie allmählich wirklich, dass Anne etwas fehlte. All die Jahre hatte ihre Freundin Doktor Olsson mit allen Symptomen aufgesucht, die man in der medizinischen Fachliteratur aufstöbern kann, und bis zum heutigen Tag hatte sie ganze zwei Mal Antibiotika nehmen müssen. Einmal bekam sie auch noch einen Hustensaft verschrieben, und als sie entdeckte, dass er Morphium enthielt, rief sie völlig aufgelöst Annika an, weil sie glaubte, morphiumsüchtig geworden zu sein.
    Annika musste unwillkürlich grinsen, als sie sich daran erinnerte.
    Langsam bog sie von der Hauptverkehrsstraße ab und in die Straßen des Stadtteils Svartöstaden ein.
    Dies war wirklich ein anderes Land oder doch zumindest eine andere Stadt. Es war nicht mehr Lulea und kaum noch Schweden. Annika ließ den Wagen durch die Straßen mit den alten Holzhäusern rollen und staunte über die Atmosphäre des Viertels.
    Estland auf dem Lande oder polnische Vorstädte, dachte sie.
    Die Scheinwerfer strichen über ältliche Holzfassaden, die um Innenhöfe mit Plumpsklos und Wagenschuppen standen, schiefe Dächer hatten und von ungleichmäßigen Zäunen umgeben waren. Die Häuser waren klein und gedrungen und hätten aus Kisten erbaut sein können. Bei den meisten blätterte die Farbe von der Holzfassade ab, das unebene, handgearbeitete Glas der Fenster glänzte. Sie fuhr an einem Emmaus-Laden mit Kleiderverkauf zur Unterstützung des Befreiungskampfs vorbei, wobei unklar blieb, von welchem Kampf hier die Rede war.
    Hinter ein paar Glascontainern in der Bältesgatan hielt sie an, ließ ihre Tasche im Auto und stieg aus. Das Donnern des Eisenhüttenwerks drang aus der Ferne als leiser Klangteppich herüber. Sie schlenderte langsam umher und spähte über die Zäune in die Höfe.
    »Suchen Sie was?«
    Ein Mann mit einer Zipfelmütze und in Stiefeln kam ihr aus einem der Lebkuchenhäuser entgegen und schielte zu ihrem Mietwagen hinüber.
    Annika lächelte.
    »Ich bin nur zufällig vorbeigekommen und musste einfach anhalten«, sagte sie und schob die Hände in die Jackentaschen. »Eine fantastische Gegend.«
    Der Mann blieb stehen, drückte das Kreuz durch.
    »Das stimmt«, sagte er, »die Gegend ist wirklich was Besonderes. Svartöstaden ist ein altes Arbeiterviertel, um 1900 erbaut. Die Leute, die hier leben, halten zusammen, die kämpfen. Hier zieht niemand gern weg.«
    Annika nickte höflich.
    »Ich kann gut verstehen, dass man hier bleiben möchte.«
    Der Mann zog eine Zigarette aus der Brusttasche, steckte sie mit einem Bic-Feuerzeug an, schluckte bereitwillig den Köder, den sie ihm hingeworfen hatte, und begann zu reden.
    »Wir haben inzwischen sogar einen eigenen Kindergarten mit drei Gruppen«, sagte er, »Villa Kunterbunt, Mumintal und Bullerbü. Jahrelang haben wir dafür kämpfen müssen, bis die Stadt endlich nachgegeben hat. Dann haben wir noch eine Schule bis zur sechsten Klasse und ein Jugendzentrum. Als Nächstes wollen wir uns dafür einsetzen, dass die alte Direktorenvilla des Stahlkonzerns erhalten bleibt, es ist doch zum Kotzen, dass diese Abrisswut kein Ende nimmt.«
    Energisch blies er den Rauch aus und sah sie an. »Und was tun Sie hier?«
    »Eigentlich wollte ich mich mit Benny Ekland treffen, aber als ich in die Stadt kam, erfuhr ich, dass er überfahren worden ist.« Der Mann schüttelte den Kopf und stampfte mit den Füßen. »Furchtbare Geschichte«, sagte er. »Auf dem Nachhauseweg so erwischt zu werden. Alle hier finden es ganz schrecklich.«
    »Hier kennt jeder jeden, nicht wahr?«, meinte Annika und bemühte sich, nicht zu aufdringlich

Weitere Kostenlose Bücher