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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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grünen Kristall in einem Astloch. Die Blätter des magischen Baums begannen rasend schnell zu verdorren. Jegliche Lebenskraft schwand, und breite Risse bildeten sich in der schroffen Borke. Zuerst war es nur ein schwaches Glimmen, das aus den Astlöchern des hohlen Stammes drang. Doch mit jedem Augenblick wurde das Licht heller. Wie ein Geysir, in dem sich der Druck unter der Oberfläche anstaut, um dann unerwartet daraus hervorzubrechen, riss der Stamm Mystraloons der Länge nach auf und tauchte das elfische Orakel in gleißendes Licht.
    Voller Ehrfurcht erhob sich Cynthell a Diin und stellte sich neben Elliah. Er streckte seine Hände dem Baum entgegen und zeichnete den Weg des Lichtstrahls zum Himmel nach. Wie durch einen Schlag in die Magengrube klappte er plötzlich zusammen und sank auf die Knie. Elliah aber beachtete ihn gar nicht, sondern trat lediglich einen Schritt zur Seite. Cynthell hatte sein Gesicht in den Händen vergraben uns schrie qualvoll. Sein Körper dorrte aus, der Brustkorb wölbte sich nach innen, und seine lange dunklen Haare erhielten einen silbrigen Glanz. Cynthells Schrei erstarb in einem erstickenden Gurgeln. Ängstlich betrachtete er seine Hände, deren Finger immer länger und dünner wurden. Sein Gesicht wurde hohlwangig, und das schmale Kinn des Elfen verzog sich nach unten. Die Finger hatten schnell eine Länge von zwei Fuß und mehr erreicht, sie bogen sich wie zu lang gewordene Triebe. Kaum hatten sie die Erde erreicht, verankerten sie sich im verdorrten Waldboden und zogen Cynthell auf die Knie. Das Rückgrat des Elfen verformte sich zu einem Buckel, bis plötzlich ein armdicker Spross aus seinem Rücken hervorbrach. Aus Oberschenkeln und Kopf trieben Wurzeln, die den Elfen zu absoluter Bewegungslosigkeit verdammten. Haut und Kleidung Cynthells formten sich zu einer tief violetten Borke. Das Ende der Umwandlung war erreicht, als der Spross eine Höhe von vier Fuß erreicht hatte und eine Knospe bildete, die an ein pulsierendes Herz erinnerte. Elliah schien nicht sonderlich verwundert über den Vorgang zu sein. Fasziniert tippe er mit dem Finger gegen die herzförmige Knospe.
    »Hast du geglaubt, so werden zu können wie ich? Du warst ein Kind der Natur, das ich mittels meiner Magie gestaltet habe. Und nun bist du gerade Zeuge dessen geworden, was passiert, wenn der Gott der Magie und der Gott der Natur sich um ihre Kinder streiten. Wie es aussieht, bist du ihr erster gemeinsamer Sprössling.«
    Elliah begab sich einige Schritte in den Weiher hinein und atmete tief durch. Dann hob er die Arme gen Himmel und drehte sich im Kreis.
    »Was ist, Ihr Götter? Spürt Ihr nicht, dass zwei von Euch ums Überleben ringen? Wollt Ihr nicht erscheinen?«
    Starke Böen umkreisten den Weiher und Mystraloon. Sand, Blätter und dünne Äste wurden aufgewirbelt, mitgerissen und in die Höhe getragen. Immer stärker wurde der Wind, der sich zu einem Tornado entwickelte. Das Letzte, was Mogda sah, war das zufriedene Grinsen Elliahs. Dann wurde auch er von dem Wirbelsturm gepackt und mitgerissen.
    Als Mogda aus seiner Vision erwachte, war er allein. Lediglich ein Schuh und der blutverschmierte Umhang des Magiers lagen auf der Erde. Die Frage, wovon sich Drachen wirklich ernährten, hatte sich ihm nie gestellt, doch jetzt wusste er, wie sie es schafften, den Ausgleich zwischen Chaos und Ordnung herzustellen.
    Noch bevor Mogda sein Schwert aus dem Boden ziehen konnte, stieg weit im Norden des Landes eine grelle Lichtsäule empor, die sich durch die Wolkendecke fraß und im Firmament verschwand.
    » Keiner kann die Macht bezwingen, wenn tote Götter miteinander ringen «, flüsterte Mogda.

49
Gefangene
    Der Morgen dämmerte bereits, als Mogda die Stadt Turmstein wieder erreichte. Verwunderte Blicke begegneten ihm. Er spürte, dass die anderen sich fragten, wo er die Nacht über gewesen war, was er gesehen hatte, und nicht zuletzt, wohin sein menschlicher Begleiter verschwunden war.
    Das Feuer der langen Totenbahre war heruntergebrannt. Von dem drei Fuß hohen und vierzig Schritt langen Wall mit seinen hundert toten Körpern war kaum mehr übrig als Ruß und Asche. Zwischen all der Asche stachen vereinzelte Knochen oder Schädel hervor, die sich der Kraft des Feuers widersetzt hatten.
    Das Heer der Oger lagerte noch immer vor den verschlossenen Toren der Stadt. Auf den Zinnen der Mauer sah Mogda die patrouillierenden Wachen. Die Stadt war weiter in Alarmbereitschaft, was Mogda jedoch nicht sonderlich

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