Der Rucksackmörder
Fußballvereines im Fernsehen übertragen. Er hätte es gerne live gesehen, doch ärgerlicherweise hatte er keine Eintrittskarte mehr bekommen. Er hatte sich zu spät darum gekümmert.
»Aber vielleicht ist es ja gut so«, denkt er, »es ist sowieso viel zu kalt für die Jahreszeit, und zu Hause ist es gemütlich warm.« Es ist April 1994. Das Spiel – wieder einmal liegt seine Mannschaft mit drei Toren zurück – ist noch nicht zu Ende, als das Telefon klingelt. Mürrisch nimmt er den Hörer ab.
»Wahrscheinlich die Freundin, sie kann wohl wieder nicht das Ende des Spiels abwarten«, redet er sich ein. Verwundert stellt er fest, dass sich ein Mann meldet: »Guten Tag, Herr Onions.
Mein Name ist Bob Godden. Ich bin der Leiter des Sonderdezernates in Sydney und wollte Sie bitten, nach Australien zu kommen. Wenn möglich in den nächsten Tagen.«
Paul Onions verschlägt es die Stimme. Er kann nicht glauben, was ihm dieser Polizist aus dem fernen Australien berichtet. Man habe nun einen konkreten Verdacht gegen einen Mann, der sich unter anderem auch Bill nannte. Man habe nur noch keine Beweise. Doch vieles, was Paul der Polizei vor fünfeinhalb Monaten bereits mitgeteilt habe, decke sich mit den Verdachtsmomenten. Wahrscheinlich sei der Verdächtige identisch mit der Person, die ihn überfallen habe.
Zwei Tage später sitzt Paul Onions in der Maschine nach Australien. Er wirkt nachdenklich, die merkwürdigsten Vorstellungen malträtieren sein Gehirn. So lange Zeit wusste man von seiner Anzeige bei der Polizei, und nun sollte er von heute auf morgen zurückkehren, um den damaligen Täter zu identifizieren. Oder war es gar nicht die Polizei, die ihn nach Australien lockte, sondern Bill? Vielleicht hatte dieser längst erfahren, dass man ihn verdächtigt, und erinnerte sich an ihn.
Vielleicht wollte er den einzigen Zeugen, der ihn wiedererkennen würde, aus dem Weg räumen. An seine Adresse hätte er leicht kommen können. Er hatte sie bereits. Er, Paul, hatte ja sein ganzes Gepäck inklusive des Adressbuches mit seiner Telefonnummer in Bills Wagen zurückgelassen.
Die angebliche Polizei hatte ihm nicht viel über den Verdächtigen erzählt. Er war mehr als skeptisch. Zweifel und Angst kamen in ihm auf, was ihn bei seinem neuerlichen Besuch in Australien erwarten würde. Doch die Maschine war längst gestartet, und es gab kein Zurück mehr.
Onions erinnert sich
Als Paul Onions am 2. Mai 1994 die Flughalle betritt und die zwei Detectives, die ihn abholen und in sein Hotel bringen sollen, ihre Polizeiausweise zeigen, ist alle Angst verflogen. Es ist der 5. Mai, als die beiden Beamten Paul vom Hotel abholen.
Sie bitten ihn, ihnen genau die Strecke zu zeigen, die er damals mit Bill zurückgelegt hatte.
»Da müsst ihr mich aber zuerst zum Bahnhof bringen, von dort werde ich den Weg schon finden. Ich glaube, ich kann mich noch sehr gut daran erinnern.«
Man fährt ihn zum Bahnhof, und Paul zeigt ihnen den Weg, den er vor Jahren zurückgelegt hatte. Nach einer Zeit erreichen sie einen kleinen Kiosk.
»Hier habe ich Bill kennen gelernt. Genau an dieser Stelle sprach er mich an«, weiß er zu berichten. »Dann sind wir in diese Richtung gefahren, bis zu einem kleinen Ort. An der ersten Ampel sind wir stehen geblieben und nach rechts abgebogen. Nur wenige hundert Meter weiter, dann kommt die Stelle, an der alles geschah.«
Die Beamten wundern sich nicht schlecht wie genau Paul die Wegstrecke beschreiben kann. Nun sollte also der kleine Ort mit der Ampel kommen, doch es war weit und breit kein Ort zu sehen, geschweige denn eine Ampel.
»Sie müssen sich irren, Sie sehen selbst, dass hier kein Ort ist, und ich kann Ihnen sagen, die nächsten dreißig Meilen ist ebenfalls keiner. Sie müssen sich irren, Paul Onions, denken Sie doch noch einmal nach.«
»Nein«, erwidert Paul, fest davon überzeugt, dass er sich genau erinnert. »Ich bin mir hundertprozentig sicher, glauben Sie mir.«
»Na gut, dann fahren wir zurück zur Polizeistation und nehmen alles zu Protokoll.«
Mit diesen Worten wenden sie ihr Fahrzeug und fahren enttäuscht in Richtung Sydney. Niemand sagt Paul, dass sie sich dort, wo Paul den kleinen Ort vermutete, ganz in der Nähe des Belanglo Forest befanden.
Als man das Polizeibüro betritt, warten zwei Beamte der Sonderkommission bereits ungeduldig. Ihre Enttäuschung ist ihnen ins Gesicht geschrieben, als man ihnen den bisherigen Ablauf des Tages berichtet. Zu viel hatte man von der Aussage Onions
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