Der Rucksackmörder
mit der Polizei.
Am 16. Mai beschließt man zunächst, Ivans geschiedene Frau Karen aufzusuchen. Sie war inzwischen 35 Jahre alt und lebte allein. Sie hatte noch immer Angst vor Milat, vor allem vor seinen brutalen sexuellen Übergriffen.
»Ivan ist unberechenbar, wenn er etwas haben will, holt er es sich auch«, gesteht sie den Beamten.
Man zeigt ihr das Bild, das Onions als das Ivans identifiziert hatte, und man fragt sie, ob der Mann auf dem Bild Ivan ist. Sie gibt zu: »Ja das ist er.«
Es sollte nur ein Vorwand sein, um mit dieser Frau ins Gespräch zu kommen.
Als man sie fragt, ob Milat im Besitz von Schusswaffen sei, erzählt sie: »Ivan hatte viele Autos. Aber seine größte Liebe, die galt seinen Waffen. Ja, er war geradezu verrückt nach Schusswaffen und fuhr oft zum Belanglo. Seine Pistole trug er meist in seinen Socken. Er putzte sie ständig. Auch hatte er mehrere große Messer, darunter ein sehr langes Klappmesser.«
Weiter berichtet sie: »Wir fuhren zusammen oft zum Belanglo Forest.
Er hatte immer ein oder mehrere Gewehre dabei. Ivan erschoss einmal zwei Kängurus in meinem Beisein.«
Um sicher zu gehen, dass Ivan am Tage des Zugriffs auch zu Hause ist, begeben sich zwei Detectives zum Hause von Milats Brüdern Mike und Alex. Von ihnen wollten sie erfahren, ob Ivan derzeit eine feste Arbeit habe oder ob er viel unterwegs war. Weiter wollten sie die Brüder noch einmal über Milat aushorchen, da sie sich sicher waren, dass die Brüder mehr über die kriminellen Taten ihres Bruders wussten, als sie bisher angegeben hatten. Immer wieder befragen sie die Anwesenden, ob denn Milat nicht irgendwelche Gegenstände bei ihnen deponiert habe. Ohne ein Wort geht die Frau von Alex zu einer Kammer, holt einen Rucksack hervor und überreicht ihn den beiden Beamten. Verblüfft nehmen sie zur Kenntnis: »Den hat Ivan uns im April 1992 zur Aufbewahrung gegeben.« Die Beamten lassen sich nichts anmerken, doch sie staunen nicht schlecht, als sie den Rucksack betrachten. Sie hatten die unzähligen Fotos der Gegenstände, die die ermordeten Opfer bei sich trugen, lange genug studiert, um zu wissen, dass sie den ersten Beweis gegen Milat seit nunmehr zwei Jahren in Händen hielten. Es gab keinen Zweifel, es war der Rucksack von Simone Schmidl.
Es ist Sonntag, der 22. Mai 1994. In aller Frühe setzt sich ein Aufgebot von dreihundert Polizisten in Bewegung, um das Haus von Ivan Milat und die Häuser seiner Geschwister zu stürmen.
Zeitgleich dringt man in die Anwesen ein. Nur vor dem Hause Ivans wird der Zugriff verzögert. Man wollte kein Risiko eingehen und eine Flucht Ivans ausschließen. Man umstellt daher zunächst die gesamte Gegend um das Haus. Jede Zufahrtsstraße zum Anwesen Ivans wird abgeriegelt. Die umliegenden Wiesen werden mit Menschenketten gesichert Zusätzliche Straßensperren werden errichtet. Die Nachbarn werden gebeten, die Häuser nicht zu verlassen. Das tun sie auch nicht, dafür rufen sie die Presse. Doch nur wenigen Journalisten gelingt es, dem Schauplatz etwas näher zu kommen. Ein Sonderkommando, das einen Gürtel von 100
Metern um das Haus gezogen hat, beobachtet jede Bewegung der Vorhänge an den Fenstern. Man wusste, wenn Ivan um diese Zeit schon aufgestanden ist, wird er die Aktionen der Polizei bemerken. Um 6.36 Uhr ruft man Ivan Milat vom Handy aus an. Man hat ihn offenbar geweckt. Verschlafen nimmt er den Hörer ab. Man teilt ihm mit, dass das ganze Haus umstellt ist, und fordert ihn auf, zusammen mit seiner Freundin, die sich bei ihm befindet, das Haus mit erhobenen Händen zu verlassen und sich zu stellen.
Ivan gibt sich überrascht: »Was wollen Sie denn von mir, ich habe doch nichts getan?«
»Sie werden beschuldigt, versucht zu haben, Paul Onions zu töten. Also kommen Sie heraus, Sie haben keine Chance. Oder wollen Sie, dass wir Ihr Haus stürmen?«
»Nein, nein, ich komme mit meiner Freundin heraus, so wie Sie es wünschen. Ich habe doch nichts zu verbergen, und einen Paul Onions kenne ich schon gar nicht. Das muss alles ein Irrtum sein. Meine Unschuld wird sich herausstellen, glauben Sie mir.«
Alle Augen der Polizisten sind in diesem Moment auf die Eingangstüre des Hauses gerichtet. Doch nicht nur Augen, auch unzählige Gewehrläufe sind auf das Haus justiert. Es bleibt ruhig. Nur ein Vorhang bewegt sich, und Ivan ist kurz mit nacktem Oberkörper zu sehen.
15 Minuten später, um 6.51 Uhr, ruft man nochmals bei Ivan an. Man fragt ihn, warum er das Haus noch
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