Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rucksackmörder

Der Rucksackmörder

Titel: Der Rucksackmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
Vom Netzwerk:
dieser Angeklagte auch niemals Paul Onions nach dem Leben getrachtet haben. Offensichtlich nimmt es dieser Herr Onions nicht so genau mit seiner Aussage. Er spekuliert vielleicht lieber auf die 500.000 A$
    Belohnung als auf die Menschen, die er nach so langer Zeit wiedererkennen will und deren Leben er zerstört. Bitte denken Sie darüber nach.«

    Auch die Herren der Staatsanwaltschaft sind geschockt über die Ausführungen der Verteidigung. Sie kennen wie alle im Saal den Sportler, der nun wirklich nicht die geringste Ähnlichkeit mit Milat hat.
    Getuschel breitet sich aus unter den Zuhörern und auch bei den Prozessbeteiligten. Boe hat längst Platz genommen, streckt seine Beine aus, überkreuzt die Arme und genießt schweigend seinen Triumph und die Ratlosigkeit des Richters. Sichtlich froh stimmt er einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf eine kurze Pause zu.
    Die Staatsanwaltschaft verlässt eiligst den Saal, und der Verteidiger blickt ihnen lächelnd und siegessicher hinterher.
    Ivan Milat will seinem Anwalt offensichtlich gratulieren, doch dieser würdigt ihn keines Blickes. Er hat nur Augen für die Geschworenen und deren Nervosität, und das stimmt ihn freudig. Im Büro der Staatsanwaltschaft herrscht Aufregung und Ratlosigkeit. Man ist entsetzt über diesen Schachzug des gerissenen Anwalts. Ein Staatsanwalt sieht die Situation völlig neutral: »Wenn Boe mit dieser Argumentation Recht erhält, ist unsere Beweislast gegen den Angeklagten nicht mehr so erdrückend wie noch vor einer halben Stunde, ganz im Gegenteil, wir ständen vor einem Scherbenhaufen.«
    Mit fast spöttischen Blicken verfolgt Andrew Boe den Einzug der Staatsanwälte, die eilig auf ihren Platz zurückkehren. Man konnte gespannt sein, wie sie auf diese Attacke reagieren würden.
    Richter Hunt eröffnet nach einiger Zeit wieder die Verhandlung und erteilt der Staatsanwaltschaft das Wort:
    »Hohes Gericht«, beginnt einer der Staatsanwälte und wendet dabei den Blick auf die Geschworenen, »wir alle hier im Raum waren über die Ausführungen der Verteidigung sehr überrascht Denn – und das muss ich der Verteidigung bestätigen – eine Ähnlichkeit zwischen dem Sportler und Ivan Milat gibt es nicht. Wenn es diese Ähnlichkeit nicht gibt, dann können auch die Aussagen des Zeugen Paul Onions nicht der Wahrheit entsprechen und der Angeklagte nicht mit den Anschuldigungen in Verbindung gebracht werden.«
    Er wartet einige Sekunden, dann fährt er fort: »Glauben Sie mir, wir selbst waren geschockt und bekamen plötzlich Zweifel an der Zeugenaussage des Paul Onions, doch – und nun werden Sie geschockt sein, Herr Verteidiger – die Aussage des Zeugen ist völlig richtig. Lassen Sie es mich erklären. Wir alle hier kennen Merv Hughes. Ich habe hier ein Foto von ihm, das ich dem hohen Gericht und der Verteidigung übergeben darf. Der Sportler ist gut getroffen, er ist groß, hat eine sportliche Statur, dunkles, volles Haar und einen großen markanten Schnurrbart.«
    Ungläubig mustert Boe das übergebene Bild und fragt:
    »Und was wollen Sie damit beweisen?«
    »Einer der Detectives, die diesen Fall bearbeiteten, gab mir jedoch noch ein Bild, auch dieses dürfen wir vorlegen. Auf dieser Fotografie ist Ivan Milat zu sehen, und zwar vor seiner Inhaftierung. Wie Sie beim Vergleich der Fotos erkennen können, hatte er fast denselben Bart wie der Sportler. Auch er hatte eine sportliche Figur, nur hat er in seiner Haftzeit erheblich abgenommen. Wissen Sie, was ich glaube? Ivan Milat hat sich den Bart abgenommen, damit ihn die Zeugen nicht mehr erkennen.«
    »Ach, Herr Staatsanwalt, das sind doch nur Mutmaßungen.
    Sie werden doch nicht allen Ernstes einen Zusammenhang zwischen beiden Bildern sehen wollen?«, entgegnet der Verteidiger Andrew Boe.
    »Die Herren Geschworenen wünschen eine kurze Pause, um sich die Bilder in Ruhe ansehen zu können«, teilt Richter Hunt mit.
    »Herr Verteidiger«, mit diesen Worten beendet der Richter die Pause, »ich glaube, jeder, der die beiden Fotos in Händen hält, erkennt die frappierende Ähnlichkeit der beiden Personen.
    Ich bin nicht der Meinung, dass wir dafür einen Gutachter brauchen. Oder sollen wir einen bestellen, Herr Verteidiger?«
    Ivan Milat nickt mit seinem Kopf und hört verwundert die Antwort seines Rechtsanwalts: »Ich glaube nicht, dass dies notwendig ist, obwohl ich persönlich nicht Ihrer Meinung bin, dass diese beiden Männer sich ähneln.« Für Ivan Milat bricht eine Welt zusammen, er redet

Weitere Kostenlose Bücher