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Der Rucksackmörder

Der Rucksackmörder

Titel: Der Rucksackmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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auf seinen Anwalt ein, der seinem Mandanten die beiden Fotos nur wortlos vor die Augen hält.
    Doch Boe gibt nicht auf. Immer wieder versucht er nun, dem Gericht glaubhaft zu machen, dass die bei Milat gefundenen Gegenstände ohne dessen Wissen in sein Haus gelangt seien und dem Angeklagten nicht gehören würden. Ja, er vermute, dass die Polizei die Gegenstände in die Häuser gebracht habe, nur um der Bevölkerung einen Täter präsentieren zu können.

    Herbert Schmidl – ein wichtiger Zeuge Auch Herbert Schmidl war für diesen Tag als Zeuge geladen, und man hatte den Eindruck, dass sich der Verteidiger Andrew Boe auf ihn ganz besonders freute. In einem Nebenraum des alten Justizgebäudes wartete Herbert Schmidl, bis man ihn zu seiner Zeugenaussage aufrufen würde. Nach einigen Stunden des Wartens vernimmt er seinen Namen und wird von einem Gerichtsdiener in den Verhandlungsraum begleitet. Schmidl ist sichtlich nervös, als er den mächtigen Saal betritt. Der Gerichtsdiener führt ihn zu seinem vorgesehenen Platz auf der Zeugenbank.
    Langsam und behäbig geht Schmidl durch den Saal, nur wenige Meter von Ivan Milat entfernt. Einige Schritte neben Milat bleibt er stehen und blickt ihn an. Er zwingt sich geradezu, ihm in die Augen zu sehen. Monatelang hat er darüber nachgedacht, wie er in diesem Augenblick reagieren würde. Doch es kam anders, als er es sich erträumt hatte. Ivan Milat mustert Herbert Schmidl und grinst hämisch. Dabei war sich Herbert Schmidl so sicher, dass Ivan Milat seinen Blicken nicht standhalten würde.
    Man ruft ihn erneut zur Zeugenbank. Beruhigend versucht der Richter auf den Zeugen einzuwirken. Doch Herbert Schmidl ist der Situation nicht gewachsen. Hilflos blickt er zu den Bänken der Geschworenen, die seinen Blicken auszuweichen versuchen.
    Als ihn der Richter nach seinen Personalien befragt, gibt er Auskunft wie ein Roboter. Alle im Gerichtssaal Anwesenden erleben, wie ihn die Gefühle überwältigen. Man merkt, er ist der großen Anspannung dieser Situation nicht mehr gewachsen. Doch Richter Hunt, ein erfahrener Mann, weiß mit solchen Situationen umzugehen. Er will ihm nicht noch einmal zumuten, an Ivan Milat vorbeigehen zu müssen, was zwangsweise geschehen würde, wenn er eine Pause, die angebracht, aber nicht sinnvoll wäre, anordnen würde. Also versucht er, ihn zu beruhigen. Er fragt ihn belanglose Dinge, wie seine Reise nach Australien gewesen wäre und mehr.
    Dann, nach einigen Minuten, als Schmidl langsam seine Selbstsicherheit zurückgewinnt, gibt er den Zeugen zur Befragung durch den Staatsanwalt frei.

    Der Unterschied zwischen Glauben und Wissen Der Staatsanwalt fragt Schmidl, ob er mit Sicherheit aussagen könne, dass die vor dem Richtertisch ausgebreiteten Gegenstände seiner Tochter gehört haben. Der Staatsanwalt fragt nochmals: »Zweifelsfrei?«
    Herbert Schmidls Antwort: »Ja, ich glaube schon!«
    »Sicher?«
    Andrew Boe, der Anwalt Milats, kann die Antwort fast nicht mehr abwarten. Längst hat er sich von seinem Platz erhoben und wartet auf sein Startsignal. Er wittert eine Lücke in der Beweisführung der Staatsanwaltschaft. »Herr Schmidl«, beginnt er, »Sie sprechen – einmal vorausgesetzt, dass die Übersetzung des Dolmetschers richtig ist – nicht von Wissen, sondern von Glauben. Wir sind hier aber nicht zusammengekommen, um zu glauben, sondern um mit hundertprozentiger Sicherheit von Ihnen zu erfahren, ob diese Gegenstände im Besitz Ihrer Tochter waren oder nicht.«
    Anwalt Boe will schon die nächste Frage stellen, den Zeugen verunsichern, doch der Dolmetscher lässt sich Zeit. Herbert Schmidl lauscht gespannt auf die Übersetzung der Fragen des Anwaltes. Dabei sieht er nicht zu dem Dolmetscher, sondern sucht den Blickkontakt zum Fragesteller, der in unmittelbarer Nähe von Ivan Milat steht. Jeder im Saal kann erkennen, dass seine Nervosität nachlässt. Plötzlich wirkt der Zeuge gefasst.
    Verblüfft nimmt Andrew Boe die Antwort Schmidls zur Kenntnis: »Wie darf ich das verstehen, Herr Rechtsanwalt? Ich habe Ihnen geantwortet, dass ich glaube, dass diese Gegenstände im Besitz meiner Tochter waren. Natürlich wurden diese Gegenstände nicht nur einmal hergestellt. Doch nach Auskunft des Herstellers wurden sie nie nach Australien exportiert.«
    »Das heißt Sie können nicht mit absoluter Sicherheit bezeugen, dass dieses Zelt, das vor dem Richtertisch aufgebaut wurde, auch wirklich Ihrer Tochter gehörte.«
    »Ich kann nur bezeugen, dass ich meiner

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