Der Rucksackmörder
Urteil
Am 27. Juli 1996 verkünden die Geschworenen nach 12
Wochen Prozessdauer ihr Urteil: »Ivan Milat ist schuldig zu sprechen für alle sieben Morde und für die versuchte Entführung Paul Onions.«
Fast wäre das Urteil, das der Vorsitzende Richter sprach, untergegangen im Jubel der Zuschauer. Doch es ist still, als Richter David Hunt die Verurteilung Milats bekanntgibt:
»Lebenslange Haft.«
Die Angehörigen der Opfer umarmen sich. Viele der Zuschauer applaudieren, die Angehörigen verlassen fast alle mit Tränen in den Augen den Gerichtssaal.
Ivan Milat blickt ungerührt in die Menge, bevor er von zwei Polizeibeamten abgeführt wird.
Reaktionen
Die Stunde der Fernsehreporter ist angebrochen. Die Straße vor dem Gerichtsgebäude muss gesperrt werden. Kamerateams aus der ganzen Welt waren angereist, um über das Urteil und die Reaktion der Prozessbeteiligten zu berichten.
Man interviewt die Angehörigen Milats und die Angehörigen der Opfer. Als man William Milat fragt, ob er denn glaube, dass sein Bruder Ivan diese Taten begangen habe, sagt er: »Wir sind keine brutale Familie.«
Als ein Journalist nachfragt, ob er denn, wie von vielen angenommen, bei den Taten dabei gewesen sei, rastet er aus.
Vor laufender Kamera tritt und prügelt er auf den Reporter ein, schlägt ihn mit seinen Fäusten zu Boden. Den am Boden liegenden wehrlosen Mann traktiert er mit den Füßen, bis die umstehenden Kollegen eingreifen können. Der Vater von Caroline Clarke wird nach der Verhandlung gefragt, was er denn aus seiner Sicht zu dem Urteil sagen könne. Er wirkt sehr gefasst, als er antwortet: »Wir werden Ivan Milat nicht die Genugtuung geben, auch unser Leben zu zerstören. Wir haben noch andere Kinder, und auch für diese haben wir Verantwortung zu tragen.« Dann fügt er hinzu: »Ich habe mir nicht vorstellen können, dass ein solch unscheinbarer Mann so viel Elend verbreiten kann.« Die Mutter von Deborah Everist ist emotional sehr aufgewühlt und weint, als sie sagt: »Dieser Mann hat keine Seele, kein Gewissen. Er ist aber auch kein Tier. Er ist einfach nur böse. Ich wollte schreien, ich wollte weinen: Du hast uns etwas genommen, das du uns nie mehr zurückgeben kannst. Wahrscheinlich habe ich zum ersten Mal in meinem Leben das Böse gesehen … Es ist meine Schuld, ich habe sie gehen lassen. Aber wie soll man eine Neunzehnjährige aufhalten?« Weiter fügt sie hinzu: »Es wurden mehr Leben zerstört als die der Kinder.«
Die Mutter von Joanne Walters sagt: »Wer das den Mädchen angetan hat, der sollte erschossen werden.«
Paul Onions erhielt vom Gericht in Neusüdwales die von der Regierung ausgesetzte Belohnung in Höhe von 500.000 A$
zugesprochen. Das Gericht und die Staatsanwaltschaft sahen es als erwiesen an, dass durch seine Aussagen die Aufklärung der Mordfälle letztendlich erst möglich gemacht wurde. Als man Paul Onions davon unterrichtete, lehnte er das Geld zunächst ab. Nach eingehender Beratung nahm er den ausgelobten Betrag jedoch an.
Den verblüfften Reportern und Behörden gab er daraufhin in einer Presseerklärung die Gründe bekannt: »Ich habe das viele Geld nun doch angenommen, da ich es den Angehörigen der Opfer und der registrierten wohltätigen Vereinigung ›The New South Wales Homicide Victims Support Unit‹ zukommen lassen möchte.«
Beeindruckt nahmen die Beteiligten die weitere Aussage Onions zur Kenntnis: »Ich brauche das Geld nicht und will es auch nicht haben, da ich mich moralisch dazu verpflichtet fühle, den Angehörigen der Opfer zu helfen. Es ist dazu gedacht, den angehörigen Familien die Überseereisen und die Unterkunftskosten zu finanzieren. Weiter soll durch die Organisation allen Menschen in Australien geholfen werden, denen das gleiche Schicksal widerfährt wie im Falle Ivan Milat«. Herbert Schmidl hat von diesem Geld nichts erhalten.
Ein Jahr später
Bald wären sie in Vergessenheit geraten, die Verbrechen des Schlächters vom Belanglo Forest, wenn nicht ein Zeitungsartikel im »Sun-Herald« vom 20. Juli 1997 die Bewohner des Kontinentes aus ihrer Ruhe gerissen hätte. Eine Rechtshilfeorganisation will Neues im Fall Milat herausgefunden haben.
»Backpacker-Morde: Polizistenselbstmord weist Verbindungen auf« steht da in riesigen Lettern. Aus dem Artikel geht hervor, dass sich die Organisation »Justice Action« für ein Wiederaufnahmeverfahren im Fall Ivan Milat einsetzt. Die Organisation, die früher bereits erfolgreich die Freilassung des zu
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