Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
dich wie ein Schwarm Fliegen umgibt. Soll ich dich erlösen?« Nachdenklich wog er die Klinge in Händen. Die umstehenden Gredows lachten gehässig. Sie waren schon öfter Zeuge gewesen, wenn Drynn Dur mit seinen Opfern spielte und ihre Furcht ins Bodenlose trieb, und sie wussten, was als Nächstes folgen würde.
In scheinbarer Gleichgültigkeit ließ Drynn Dur Anoth in eine leere Schwertscheide gleiten und erhob sich. Der Hauptmann entspannte sich unwillkürlich und wollte sich abwenden, als Drynn Dur ihn anbrüllte: »Wer hat dir erlaubt zu gehen?«
In einem silbernen Bogen zischte das Schwert Anoth durch die Luft und durchtrennte den Hals des Dan mit einem einzigen Schlag. Die Wucht des Hiebes schleuderte den Kopf durch die Halle, bis er gegen einen der Gredow-Krieger prallte und zu Boden fiel. Blut spritzte in einer roten Fontäne auf und befleckte die weiße Robe Andorins, als der Körper des Hauptmanns auf den Stufen vor dem Thron zusammensackte. Die wütenden Schreie der königlichen Soldaten hallten durch den Thronsaal.
Andorin stand mit versteinerten Zügen vor Drynn Dur, keine Schwertlänge von ihm entfernt. »Wahrlich, ich prophezeieEuch: Durch dieses Schwert werdet Ihr selbst zugrunde gehen, Drynn Dur!«
Der Admiral lachte laut, während er Anoth an der Leiche des toten Dan säuberte.
20
Die ehemaligen Bewohner Esgalins hatten sich zum Aufbruch gen Eisgarth bereit gemacht, und versammelten sich nun um Dualar, um letzte Anweisungen von ihm entgegenzunehmen.
»Der Weg durch den Wald von Rhun wird gefährlich werden«, eröffnete der Hauptmann ihnen. »Ihr werdet für die Gredows sichtbar sein, im Gegensatz zu mir und meinen Leuten – wir werden unsere Tarnumhänge tragen. Lord Ibik wird mit seinen Männern die Vorhut bilden und die Umgebung nach Gredows absuchen, um mögliche Bedrohungen im Vorfeld zu entdecken. Lord Tamrils Krieger schützen unsere Flanken und halten uns den Rücken frei. Dennoch kann es sein, dass wir angegriffen werden, darum müsst ihr sämtliche Waffen und alles, was eurer Verteidigung dienen könnte, mit euch nehmen. Eisgarth liegt gut zwei Tagesmärsche entfernt. Da die Gredows die bekannten Wege beobachten, werden wir durchs Unterholz marschieren. Aber gleichgültig, was geschehen wird, haltet euch immer vor Augen, dass euch in Eisgarth Sicherheit und Schutz erwarten.«
Die Dorfbewohner nickten ängstlich; sie schreckten davor zurück, ihr geschütztes Versteck zu verlassen und sich in den Wald zu begeben, aber in ihrem Lager hätten sie den kommenden Winter nicht überlebt. Es gab keine Alternative, außer den magischen Fähigkeiten der kleinen Gruppe der Dan-Ritter zu vertrauen und sich ihrer Führung zu überlassen. Langsam folgten sie den Soldaten hinauf an den Rand der Schlucht ins Ungewisse.
21
Auf der Insel Caithas Dun fegten Windböen klagend über die Felsen, in der Ferne war das dumpfe Grollen von Vulkanen zu hören, die feurige Lava spien. Blitze erhellten den Himmel, während Aschewolken das ohnehin kaum sichtbare Tageslicht verdunkelten. Vulkaneruptionen wie diese kamen häufig vor, und die Bewohner der Insel – Gredows, Xaxis und die wenigen anderen wild lebenden Tiere – waren sie gewohnt. Das Schauspiel erinnerte in seiner Urgewalt an einen gewaltigen Sturm, doch hatte es schon seit vielen hundert Jahren kein Gewitter mehr gegeben. Das Land war vollkommen ausgetrocknet, lediglich ein paar unterirdische Bäche und Flüsse verhinderten, dass das wenige Leben der Insel gänzlich erstarb.
Am Grunde der Schlucht, in der sich Osyn, Iru und Ucek verborgen hielten, wurde der Vulkandonner von den Felswänden zurückgeworfen und hallte noch lange nach.
Osyn beugte sich über Lord Iru, der an die Felswand gelehnt tief schlief und von dem Grollen nichts mitbekam. Erfreulicherweise hatte sich sein Zustand in den letzten Tagen weiter gebessert. Der Dan hatte sich mit Osyn über das weitere Vorgehen unterhalten, zumeist aber immer noch erschöpftgeschlafen. Obwohl der Comori kein großes Wissen über magische Heilweisen besaß, erquickte Iru der Heilzauber, den Osyn über ihm gewirkt hatte, und erfrischte seinen Geist. Schließlich war es Iru gelungen, ein paar Schritte am Grunde der Schlucht umherzulaufen, und Osyn war zuversichtlich, dass der Dan bald zu Kräften kommen würde und seine Magie auf dem gefährlichen Weg nach Nagatha einsetzen konnte.
Osyns knurrender Magen verriet, wie hungrig er war. Seit das Orn-Tier mit ihren Vorräten verschwunden war, hatten
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