Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
Steinkreises, das Haupt lauschend auf die Seite gelegt, als erwarte er jemanden oder etwas. Doch nichts bewegte sich. Der Unai schüttelte den Kopf. Irgendetwas war anders als sonst, aber er konnte nicht klar fassen, was es war. Täuschte er sich, oder nahm er die Gegenwart eines anderen Wesens wahr, das sich verborgen hielt?
Er suchte die Umgebung ab, doch er fand nichts außer kaltem Gestein. Eine Weile wartete er, ob sich etwas regte, aber nichts geschah. Schließlich kehrte er dem Steinkreis den Rücken und löste sich im Grau des Nebels auf. Schauerlich heulte der Wind, der sich an den Felsen brach.
Einige Augenblicke später schwebte Leargh aus dem Schutz eines der mächtigen Steinquader hervor, hinter dem er sich die ganze Zeit über verborgen gehalten hatte. Als Vertrauter des Bash-Arak war es ihm ein Leichtes gewesen, den anderen zu täuschen und seine Gegenwart zu verschleiern. Ein zufriedenes Lächeln huschte über Learghs Gesicht, er hatte gesehen und gehört, was ihm wichtig gewesen war. Nun hatte er den Beweis für eine Verschwörung gegen seinen Herrn und Meister, und er kannte die Gesichter und Namen der Aufrührer, das genügte. Der Bash-Arak musste nur noch entscheiden, wie mit ihnen verfahren werden sollte.
Leargh wusste, der Herr der Schatten würde keine Gnade walten lassen, und eine Verbannung in die Schwarzen Sphären war wohl noch die geringste der Strafen, mit der die Abtrünnigen rechnen mussten.
25
Thut Thul Kanen hatte nicht erwartet, dass die Männer aus dem Norden eine so strenge Disziplin bei der Errichtung des Lagers vor Eisgarth aufbringen würden und so gut organisiert waren. Vielleicht hielt man die Nordländer im Süden zu Unrecht für dumme, kulturlose Barbaren, die nichts anderes im Sinn hatten, als zu kämpfen und zu erobern.
Seit Tagen arbeitete er nun schon als Lastenträger und mühte sich mit den schweren Getreidesäcken ab, die in einem großen Zelt, gut vor Wind und Wetter geschützt, gestapelt wurden. Es war eine beschwerliche Arbeit, zu der nur die Kräftigsten auserkoren worden waren. Obwohl Thut Thul Kanen körperliche Strapazen gewöhnt war, fiel er am Ende eines jeden Tages vollkommen erschöpft auf seine Schlafstatt und fand kaum Zeit für die Planung seines Vorhabens. Die Zeit des Ruhens war eng begrenzt – wenn es vier Stunden in einer Nacht waren, konnte er von Glück reden.
Er wuchtete einen der schweren Säcke von seiner Schulter auf einen großen Haufen, den er im hinteren Bereich des Zelts errichtet hatte, und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Er hatte versucht, an vielen verschiedenen Punkten des Lagers zu arbeiten, um in die Nähe der Rose des Nordens zu gelangen, trotzdem hatte er sie noch immer nicht gesehen. Das beunruhigte ihn immer mehr. Wo konnte sie nur stecken?
Normalerweise hielten sie und ihre Freunde sich immer im Umkreis des Erzmagiers auf, doch dieser Tage fehlte jede Spur von ihr. Auch ihre ständigen Begleiter, den jungen Mann und die seltsame, behaarte Kreatur, hatte Thut Thul Kanen nirgendwo bemerkt.
Was, wenn sie sich nicht mehr im Heer befand, sondern sich einem der Trupps angeschlossen hatte, die das Umland erkundeten?
Er verfluchte seine eigene Unachtsamkeit und hoffte, Eilenna würde bald wieder auftauchen. Er wollte sein Vorhaben endlich in die Tat umsetzen und Amberon das Angebot unterbreiten, sie gegen den Kristall einzutauschen!
In einem der zerstörten Häuser hatte er einen geschwärzten Federkiel und einen Fetzen alten Pergaments gefunden, auf dem er die Nachricht verfassen wollte. Als Mitglied einer angesehenen Familie aus Shon war ihm in jungen Jahren ein ausgezeichneter Unterricht zuteil geworden, in dem er die Kunst des Schreibens erlernt hatte. Und obwohl er die Schriftzeichen der Nordmenschen nicht so gut wie die seines eigenen Landes beherrschte, würde sein Können ausreichen, um sein Anliegen verständlich zu machen. Es fehlte nur noch jemand, den er mit der Übergabe des Briefes betrauen konnte. Im Geiste ging er die Namen derjenigen durch, die er als Boten zu Amberon schicken konnte. Argo Vikos vielleicht? Sogleich verwarf der die Idee wieder. Der Kerl war doch recht in die Jahre gekommen, er galt als unzuverlässig und entnervte alle mit seinen eingebildeten Sprüchen. Der junge Arth? Ein etwas unbedachter Junge, manchmal zu draufgängerisch und stur. Oder Jorik Asplan? Ja, Jorik war eine gute Wahl. Ihm konnte er vertrauen, außerdem konnte der die Botschaft nicht entziffern, da
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