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Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Titel: Der Ruf der Finsternis - Algarad 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Reichard
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einer aus dem Volk der Enim bist«, sagte er anerkennend. »Keinem anderen Schülerwäre der Übertritt in diese Sphäre beim ersten Mal so schnell gelungen.«
    »Die Kräfte eines Dai und eines Linethar«, witzelte Tenan, doch Dualar hob mahnend den Finger an den Mund und bedeutete ihm zu schweigen.
    »Sprich diese Worte niemals im Zwischenreich aus, sie könnten mehr Aufmerksamkeit erwecken, als uns momentan lieb ist.« Er wandte sich um wies auf eine Kette weit entfernter Hügel und Berge, die im grauen Dunst kaum zu erkennen waren. »Dort in der Ferne liegt die Stadt der Schatten. Dorthin werden wir uns begeben und einen längst vergessenen Tempel aufsuchen, in dem die Unai, die sich vom Bash-Arak losgesagt haben, ihre geheimen Versammlungen abhalten.«
    Er winkte Tenan, ihm zu folgen.
    Der Weg durch die Felsenebene war trostlos und bedrückend. Tenan spürte, wie eine abgrundtiefe Traurigkeit von ihm Besitz ergriff und schwer auf ihm lastete. Ihm graute bei der Vorstellung, dass die Schatten tausend Jahre in dieser Sphäre ausgeharrt hatten und verstand nur zu gut ihre Sehnsucht nach Erlösung und ihren Wunsch, von hier zu entkommen.
    Endlich erreichten sie die ersten Ausläufer der Hügel und Berge und begannen den beschwerlichen und gefahrvollen Aufstieg. Tenan fragte sich, wie weit es wohl noch bis zur Stadt der Schatten sein mochte, er hatte das Gefühl, als kletterten sie endlos und ohne Ziel zwischen den Felsen umher.
    Es mochten viele Stunden vergangen sein, und Tenan war vollkommen erschöpft, als Dualar sagte: »Es ist nicht mehr weit.« In der Tat erreichten sie wenig später den Grat eines Bergrückens, der auf der anderen Seite in eine steile Schlucht abfiel, an deren Grund sich ein Fluss aus schwarz lodernden Flammen zwischen den Felswänden hindurchwand.
    »Hier unten liegt sie, die Verlorene Stadt der Schatten«, sagte Dualar leise und wies nach unten. Tenan stockte der Atem.
    In einem breiten Tal zwischen den Berghängen erhoben sich hohe Mauern aus schwarzem, glänzendem Gestein aus dem grauen Sand nie gezählter Zeitalter, dahinter ragten schwarze, turmartige Gebäude auf, zwischen denen weite verlassene Flächen zu erkennen waren, die mit grauem Steinplatten gepflastert waren. Düstere Torbögen und lichtlose Fenster blickten hinaus in die graue Landschaft.
    Es war ein Ort, den jedermann sofort mied, sobald er in seine Nähe kam, doch Dualar bedeutete Tenan, ihm zu folgen. Sie stiegen einen schmalen Pfad hinunter, der von losem Geröll bedeckt war, und mussten ständig aufpassen, nicht auszurutschen. »Sei vorsichtig beim Abstieg«, mahnte Dualar. »Auch wenn du dich in einer anderen Sphäre befindest, kannst du dir dennoch Verletzungen zuziehen, im schlimmsten Fall sogar zu Tode kommen. Die Gesetze, die in Algarad gelten, sind auch hier wirksam.«
    Ein unheimliches Seufzen und Raunen drang zu den beiden Wanderern herauf; am Anfang hatte es Tenan für das Geräusch des heulenden Windes gehalten, der unablässig durch die Felsspalten wehte, doch als sie sich den Toren der Stadt näherten, entpuppte es sich als das auf- und abschwellende Gewirr von Stimmen, die ruhelos in den Gassen der Stadt umherzuwandern schienen.
    Am Fuße der Schlucht angekommen, führte sie ein von großen Menhiren und Steinskulpturen gesäumter Weg über einen schmalen Streifen verbrannten Brachlands auf das Ufer des brennenden Flusses zu, der an jener Stelle eine Biegung machte und direkt in Richtung der Stadtmauern floss, unter denen erverschwand. Eine aus massiven Steinquadern gefertigte Brücke schwang sich über die schwarze Flammenflut – sie war der einzige Zugang zur Stadt, den Tenan ausmachen konnte.
    »Fürchtet Ihr nicht, wir könnten entdeckt werden, wenn wir so offensichtlich auf die Stadt zumarschieren?«, fragte er.
    »Wenn mich nicht alles täuscht, halten die Schatten gerade eine Zeremonie zu Ehren ihres dunklen Gottes ab, den man Gogam nennt. Er ist das dunkle Wesen, das das Schwarze Feuer gebiert, welches die Schatten mit Lebenskraft versorgt. Alle Unai nehmen an dieser Zeremonie teil, um sich der Gunst Gogams zu versichern und ihn anzuflehen, den Fluss aus schwarzem Feuer nie versiegen zu lassen. Ich denke, wir haben nichts zu befürchten.«
    Tenan erinnerte sich daran, dass er die Kreatur namens Gogam schon einmal in seinem Fiebertraum erblickt hatte, als er, verwundet von der Klinge des Bash-Arak, im Tempel der Heiler in Meledin lag und ohne es zu wollen in die Grauen Sphären gezogen worden war.

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