Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
Schatten zu deinem persönlichen Vorteil auszunutzen? Die einmal entdeckten Kräfte könnten deinen Weg verdunkeln, sie sind flüchtig, nur schwer zu kontrollieren, und sie könnten sich dir jederzeit wieder entziehen ...«
Tenan fragte sich, wieso sich Dualar so viel Mühe machte, ihn vor dem Vorschlag zu warnen, für den er sich eben noch stark gemacht hatte.
»Ich will nur, dass du genau bedenkst, worauf du dich einlässt«, sagte Dualar, als habe er Tenans Gedanken gelesen.
»Ich folge Eurem Rat«, meinte Tenan nach einem Augenblick des Nachdenkens, »denn er erscheint auch mir in Anbetracht der Umstände weise.«
»Gut, dann sei es so. Allerdings darf niemand von alldem erfahren, auch nicht Lord Amberon, Eilenna oder dein Freund, der Waldgeist. Sie würden nicht verstehen, weshalb du dich inGefahr begibst, und der Erzmagier würde es missbilligen, da es sich nicht mit dem Gesetz der Dan vereinbaren lässt. Auch ich gehe damit ein großes Risiko ein, denn ich könnte aus dem Orden ausgeschlossen werden.«
Tenan versprach, Stillschweigen zu bewahren.
»Wenn du genau tust, was ich dir beibringe, wird nichts passieren, was nicht passieren soll«, beruhigte ihn der Hauptmann. »Komm nun, ich will dir den Weg in die Sphären zeigen.«
»Gleich jetzt? Bedarf es nicht einer guten Vorbereitung?« Tenan war überrascht über Dualars rasches Vorgehen.
»Die Zeit ist knapp«, entgegnete der Dan, »je eher du mit den Schatten in Kontakt trittst, desto besser. Sie werden dich als den Linethar, als ihren Erlöser, erkennen und Vertrauen zu dir fassen.«
Tenan war mulmig zumute, das alles ging ihm zu schnell, und er hatte das Gefühl, Dualar überstürze die Dinge. Aber er sagte nichts, in der Gewissheit, dass Dualar als sein Lehrer sicher wusste, was er tat.
Der Hauptmann rückte den Holzhocker heran und setzte sich Tenan gegenüber. Dann begann er, ihm die Einzelheiten zu erklären. »Ich habe mich schon früher ein paar Mal in den Grauen Sphären aufgehalten und werde dir nun beibringen, wie du aus eigener Kraft dorthin gelangst. Vor einigen Jahren – ich stand am Anfang meiner Ausbildung zum Dan-Ritter – entdeckte ich in der Bibliothek des Ordens eine uralte Schriftrolle, die den Wechsel zwischen den verschiedenen Sphären beschrieb. Man nennt diesen Zauber die ›Brücke zwischen den Welten‹. Dieses Schriftstück, das vermutlich eines der wenigen schriftlichen Zeugnisse der Kunst der Enim ist, wird streng gehütet, und nur Lord Amberon kennt es. Er weiß nicht, dassich es damals gelesen und auswendig gelernt habe und deshalb fähig bin, aus eigener Kraft in die Grauen Sphären einzutauchen.«
Tenan hörte Dualars Erklärung mit einem Gefühl des Unbehagens. »Wart Ihr schon oft dort?«
»Ein paar Mal«, antwortete Dualar vage. »Ich wollte herausfinden, was in den Grauen Sphären vor sich geht und welcher Art die Bedrohung ist, die von ihnen ausgeht. Dabei musste ich sehr vorsichtig sein, denn die Unai durften mich auf keinen Fall entdecken. Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, mich unbemerkt in den Grauen Sphären aufzuhalten, und konnte einige Geheimnisse der Schatten ergründen. Mittlerweile finde ich mich gut zurecht und kenne die Orte, an denen man sich gefahrlos aufhalten kann.«
Obwohl Dualars Ausführungen Tenan ein wenig beruhigten, blieb ein Rest von Beklommenheit in ihm zurück. Er schalt sich selbst einen Hasenfuß und versuchte, Dualar weiterhin zu folgen.
»Ich habe lange gebraucht, um mithilfe des Zaubers der Schriftrolle in die Grauen Sphären zu gelangen, dir jedoch dürfte es sehr viel schneller gelingen, da du einer der Enim bist und vermutlich auf natürlichem Wege von ihnen angezogen wirst. Trotzdem werde ich dir den Zauber beibringen, da dich ja niemand lehren konnte, wie du deine Fähigkeiten einsetzen musst. Bist du bereit?«
Tenan zögerte noch einen Moment. Was Dualar ihm vorschlug, barg mannigfaltige Gefahren in sich.
Doch schließlich nickte er, und Dualar lächelte ihm aufmunternd zu.
»So lass uns denn beginnen.«
27
Der magische Spiegel in der Kajüte Drynn Durs schimmerte in grauem Licht, als auf seiner Oberfläche das Abbild der Halle des Todesfürsten erschien. Der eiserne Thron war verwaist, aber Drynn Dur ahnte, dass sein Meister bereits in unsichtbarer Form anwesend war und ihn beobachtete. Der Admiral senkte in demutsvoller Haltung das Haupt, kniete vor dem Cerele nieder und wartete.
Diesmal verzichtete sein Meister auf die übliche Machtdemonstration und ließ
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