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Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Titel: Der Ruf der Finsternis - Algarad 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Reichard
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hatte er es nicht offen gezeigt.
    »Danke mir nicht voreilig«, meinte Amberon. »Der Weg eines Dan-Ritters ist nicht leicht. Er ist entbehrungsreich und verlangt absolute Hingabe, darum wird auch nicht jeder in den Orden aufgenommen. Neben Mut, Treue und Gehorsam zeichnen den Dan-Ritter auch Selbstbeherrschung und Mäßigung aus.« Er lächelte. »Bevor du offiziell ein Novize werden kannst,muss ich herausfinden, welche Kräfte bereits in dir vorhanden sind und vor allem, woher sie stammen. Dafür ist ein besonderes Ritual vonnöten, dem du dich nur freiwillig unterziehen solltest, da es sonst nicht wirksam wäre.«
    »Was muss ich tun?«, fragte Tenan vorsichtig.
    Der Erzmagier erhob sich und streifte seine weiße Robe ab, die er sorgsam auf einen Hocker legte. Darunter kam das in dunklem Violett gehaltene Gewand zum Vorschein, das ihn als Erzmagier zu erkennen gab. Auf seiner Brust glänzte eine handtellergroße goldene Scheibe.
    »Du musst dich dem Ritual des Kyn-Doron unterziehen, das es mir ermöglichen wird, in deinen Geist und deine Erinnerungen einzutauchen. Ich will herausfinden, welche Verbindung du mit dem Meledos oder den Schattenwesen hast, welche Wege des Schicksals dich hierhergeführt haben und aus welchem Grund.« Der Erzmagier nahm die goldene Scheibe von seiner Brust. »Dies hier ist der Kyn-Doron. Es ist ein uralter magischer Gegenstand, von dem nicht einmal die Weisen wissen, wer ihn geschaffen hat. Er besitzt unglaubliche Fähigkeiten, die auch die Erzmagier noch nicht vollständig ergründet haben. Ich benutze ihn hauptsächlich, um mit dem Geist anderer Wesen in Verbindung zu treten, eine Heilungszeremonie durchzuführen oder – wie in deinem Fall – ein tief verborgenes Geheimnis zu entdecken.«
    Tenan war nicht wohl bei dem Gedanken, jemandem Zugang in sein Innerstes zu gewähren; welche dunklen Geheimnisse aus seiner Vergangenheit mochten zum Vorschein kommen, die besser verborgen blieben? Da er Amberon aber vertraute, gab er ihm nach kurzem Zögern sein Einverständnis.
    Der Erzmagier fasste ihn an den Schultern und blickte ihm in die Augen. »Erst wenn du wirklich bereit bist, werde ich indeinen Geist eintauchen«, begann er. »Versuche an nichts zu denken und leiste keinen Widerstand, lass dich einfach treiben und vertraue dem, was geschieht.«
    »Was werde ich spüren?«, fragte Tenan.
    »Sei unbesorgt, wahrscheinlich wirst du anfangs nur meine Gegenwart in deinem Geist wahrnehmen. Es könnte sein, dass du dieselben Dinge siehst wie ich, wenn du während des Rituals wach bleibst, es ist aber auch möglich, dass du einschläfst. So oder so, es ist völlig ungefährlich. Können wir beginnen?«
    Tenan nahm sich fest vor, wach zu bleiben, um sich später an alles erinnern zu können, was ihm widerfahren würde. Außerdem wollte er sich die Gelegenheit, einen Dan-Ritter bei einem magischen Ritual zu beobachten, nicht entgehen lassen.
    Amberon griff nach Tenans rechter Hand und legte sie auf die Oberfläche des Kyn-Doron. Obwohl die goldene Scheibe aus Metall bestand, fühlte sie sich warm und samtig an. Amberon selbst hielt die Scheibe von unten in seiner flachen Hand.
    »Schließ die Augen.«
    Tenan tat, wie ihm geheißen.
    Augenblicklich erfasste ein sanftes Vibrieren seinen Körper, durchlief jede Faser seines Seins. Es fühlte sich angenehm an, entspannte ihn und durchflutete ihn mit Wärme. Vor seinem inneren Auge begannen sich Muster in verschiedenen Rottönen zu drehen.
    Amberons tiefe Stimme erklang scheinbar aus dem Nichts. »Tauch in das rote Licht ein. Lass dich von ihm in dein Innerstes führen, in dein dhorin.«
    Tenan bemerkte, dass sich die Abstufungen der verschiedenen Rottöne änderten und langsam von anderen Farben ergänzt wurden, bis ein bunter Strudel von Licht vor seinen Augen tanzte. Er hatte das Gefühl, als öffneten sich in seinemBewusstsein Türen, die bisher fest verschlossen gewesen waren, als treibe er schwerelos in den sich bewegenden Formen und Lichtern. Plötzlich, unerwartet, als würde ein Schleier der Täuschung entfernt, gab es nur noch Bewusstsein. Reines Bewusstsein. Er war Bewusstsein. Zeit und Raum verschmolzen zu einer einzigen Wirklichkeit. Es gab keine Trennung mehr zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, er hatte eine andere Ebene des Seins erreicht.
    Langsam gewann das Lichterspiel an Struktur und Form, Bilder aus der jüngsten Vergangenheit tauchten vor seinem inneren Auge auf; noch einmal zogen die einzelnen Stationen seiner Reise

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